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Review: Macbeth (Film)

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Und so schließe ich heute eine weitere von vielen Lücken in meinem filmischen Repertoire und auch wenn dieser Shakespeare-Adaption durchwachsene Kritiken beschert worden sind, wusste mich diese Interpretation doch ziemlich gut in ihren Bann zu ziehen. Aber was rede ich, lest doch einfach die nun folgende Rezension!

MacBeth

MacBeth, UK/FR/USA 2015, 153 Min.

MacBeth | © STUDIOCANAL
© STUDIOCANAL

Regisseur:
Justin Kurzel
Autoren:
Todd Louiso (Drehbuch)
Jacob Koskoff (Drehbuch)
Michael Lesslie (Drehbuch)
William Shakespeare (Stück)

Main-Cast:
Michael Fassbender (Macbeth)
Marion Cotillard (Lady Macbeth)
in weiteren Rollen:
Paddy Considine (Banquo)
Sean Harris (Macduff)
Jack Reynor (Malcolm)
Elizabeth Debicki (Lady Macduff)
David Thewlis (Duncan)

Genre:
Drama | Krieg | Historie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus MacBeth | © STUDIOCANAL
© STUDIOCANAL

Nachdem der Heerführer Macbeth im mittelalterlichen Schottland ein feindliches Heer in einer blutrünstigen Schlacht zu vernichten wusste, erscheinen ihm drei Frauen, die prophezeien, er würde alsbald zum Thane von Cawdor ernannt werden und während Macbeth noch an deren Worten zweifelt, ist es der König selbst, der ihm diese Ehre tatsächlich zuteilwerden lässt. Vom eigenen Machthunger und den Einflüsterungen der Lady Macbeth getrieben, hat Macbeth alsbald aber weit größere Ambitionen und schreckt nicht einmal vor Mord zurück, um selbst König zu werden. Doch je größer die Macht von Macbeth, umso größer auch seine Angst vor seinem Fall, weshalb er sich bald selbst gegen seine engsten Vertrauten wendet, derweil Lady Macbeth langsam zu begreifen beginnt, wohin ihr Machtstreben sie und ihren Mann geführt hat…

Rezension:

Lange Zeit schon wollte ich mich dieser neuesten, jüngsten, aktuellsten Interpretation des Shakespeare’schen Klassikers widmen und derweil der Stoff von Macbeth an sich hinlänglich bekannt ist, waren es zugegebenermaßen die Beteiligung von Michael Fassbender und Marion Cotillard, die mich hellhörig werden ließen, haben beide schließlich schon des Öfteren ihr wahnsinniges Talent unter Beweis gestellt und treten hier als Macbeth und Lady Macbeth in Erscheinung. Und ja, Justin Kurzel geht in seiner Interpretation des Stoffes einen eigenwilligen Weg, der es vielen Zuschauern schwer machen dürfte, sich in den Stoff hineinzuversetzen und der Geschichte zu folgen, sich von ihr einnehmen und faszinieren zu lassen, doch gerade diese ungewöhnlich offensive Unzugänglichkeit war es, die mir auch mit am meisten imponiert hat, denn Kurzel versucht nichts zu beschönigen und inszeniert die Tragödie bewusst rau und voller Fatalismus, derweil er sich beim gesprochenen Wort doch sehr an der Prosa Shakespeares orientiert, was allein schon eine ungewohnte Verquickung unterschiedlicher stilistischer Elemente ergibt, die mich mehr als einmal an Ralph Fiennes‘ Coriolanus hat denken lassen.

Szenenbild aus MacBeth | © STUDIOCANAL
© STUDIOCANAL

Während Fiennes aber das Geschehen der römischen Antike in die heutige Zeit verfrachtet, bleibt Macbeth voll und ganz im finsteren Mittelalter verhaftet und sucht die Schönheit in der kargen Faszination unwirtlicher Landschaften, was die vorherrschende Tristesse noch untermauert. So sind es anfänglich überwiegend nebelverhangene (Schlacht)Felder, trostlose wie endlose Landschaften und völlig verloren wirkende Ortschaften inmitten dieser Ödnis, die das Geschehen dominieren, doch am englischen Hof schließlich bleibt auch Platz für Prunk und Bombast, der im krassen Widerspruch zu Macbeth‘ zunehmend desolater werdendem Geisteszustand steht. So nimmt sich Kurzel einerseits gewisse dramaturgische Freiheiten, bleibt nach meinem Dafürhalten dem klassischen Stoff aber mehr als treu, wohingegen sich darüber streiten ließe, ob die vorgetragenen Verse mit einem Mehr an Pathos nicht eindrucksvoller hätten wirken können, als dergestalt dahin genuschelt, wie es hier häufig der Fall ist.

Nichtsdestotrotz ist es ein Aspekt speziell, der diese Fassung von Macbeth so lohnenswert macht und ihr die nötige Eigenständigkeit verleiht und das ist tatsächlich die Beteiligung von Michael Fassbender (12 Years a Slave), der eine ungemein rohe, maskuline Präsenz zu verströmen weiß und sich gerade im Wechselspiel mit der nicht minder packenden Darbietung von Marion Cotillard (Midnight in Paris) zu entfalten weiß, die auf den ersten Blick nicht unbedingt wie die erste Wahl für Lady Macbeth wirken mag, hier aber eine dermaßen packende Darbietung abliefert, dass ich mir lange Zeit niemand anderen mehr in der Rolle vorstellen könnte, denn die Gratwanderung in Bezug auf die einerseits manipulative Ader, andererseits auf die ihr innewohnende Zerbrechlichkeit und den tief in ihr verwurzelten Schmerz bezogen ist nur schwer zu meistern und hat mich mehr als einmal in Staunen versetzt.

Szenenbild aus MacBeth | © STUDIOCANAL
© STUDIOCANAL

Und derweil es wenig überraschend die Hauptfiguren sind, die das Geschehen nachhaltig dominieren, beweist Kurzel auch beim Rest des Casts ausgesprochenes Gespür für charismatische Charakterdarsteller, sodass sich weder Paddy Considine (Kind 44) als Macbeth‘ getreuer Weggefährte Banquo zu verstecken braucht, noch Sean Harris in der Rolle des Macduff, derweil einzig die nun vermehrt auf der Leinwand anzutreffende Elizabeth Debicki (Codename U.N.C.L.E.) hier quasi nichts zu tun bekommt. Nicht unerwähnt bleiben soll last but not least aber auch der wie immer großartige David Thewlis (Legend) als König Duncan, wenngleich man ihn – der Handlung des Stücks geschuldet – nur anfänglich zu Gesicht bekommt. Macbeth mag nicht frei von Mängeln sein, doch lohnt sich diese Neuinterpretation für all diejenigen, die einerseits nicht auf Shakespeare’sche Sprache verzichten möchten, andererseits ein auf Realismus setzendes Szenenbild nicht zu verachten wissen, zumal sich Kurzel zuweilen trotz des vorherrschenden Feelings von roher, wilder, ungezähmter Wildnis und der derben und blutigen Ausgestaltung seines Settings mehr als einmal darauf verlegt, geradezu poetische Bildeinstellungen und Szenen zu generieren, bei denen man selbst in den tragischsten und brutalsten Momenten einer merkwürdigen Schönheit gewahr wird, die dem Geschehen gemeinsam mit der formvollendeten Sprache eine einmalige Atmosphäre und Ausstrahlung angedeihen lassen, wenn man denn bereit ist, sich voll und ganz auf diese Interpretation der klassischen Tragödie einzulassen.

Fazit & Wertung:

Mit seiner Interpretation von Shakespeares Macbeth erfindet Regisseur Justin Kurzel das Rad sicherlich nicht neu, doch findet er wahrhaft eindrucksvolle, düstere und teils brachiale Bilder, die gerade in Kombination mit poetischen Sprache eine ungemeine Wirkung entfalten, die durch die exzellente Wahl der DarstellerInnen noch verstärkt wird, denn nicht nur Fassbender und Cotillard überzeugen in dieser Adaption auf ganzer Linie.

8 von 10 sich bewahrheitender Prophezeiungen

Macbeth

  • Sich bewahrheitende Prophezeiungen - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Mit seiner Interpretation von Shakespeares Macbeth erfindet Regisseur Justin Kurzel das Rad sicherlich nicht neu, doch findet er wahrhaft eindrucksvolle, düstere und teils brachiale Bilder, die gerade in Kombination mit poetischen Sprache eine ungemeine Wirkung entfalten, die durch die exzellente Wahl der DarstellerInnen noch verstärkt wird, denn nicht nur Fassbender und Cotillard überzeugen in dieser Adaption auf ganzer Linie.

8.0/10
Leser-Wertung 5/10 (1 Stimme)
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MacBeth ist am 07.04.16 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von STUDIOCANAL erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

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Review: Winterblut | Giles Kristian (Buch)

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Heute beehre ich euch dann auch mal wieder mit einem richtigen Buch und der passenden Review dazu, denn just heute Morgen konnte ich meine aktuelle Lektüre beenden, wenn das auch nun zur Folge hatte, dass ich auf dem Heimweg von der Arbeit nichts zu lesen im Gepäck hatte. Wird man aber verschmerzen können, ich will ja so kurz vor Weihnachten nicht noch kleinlich werden.

Winterblut
Die Sigurd-Saga 2

Rise of Sigurd: Winter’s Fire, UK 2016, 448 Seiten

Winterblut von Giles Kristian | © Heyne
© Heyne

Autor:
Giles Kristian
Übersetzer:
Wolfgang Thon

Verlag (D):
Heyne
ISBN:
978-3-453-43825-5

Genre:
Historie | Action | Abenteuer

 

Inhalt:

Sie hätten erst am nächsten Morgen aufbrechen können, aber Asgot hatte frischen Schnee in der Luft gerochen oder ihn vielleicht in seinen Runen gesehen. Sigurd wollte nicht riskieren, dass Neuschnee die Spuren verdeckte. Außerdem war ihm jeder Vorwand recht, aus Hakon Brenners Halle herauszukommen.

Norwegen, Anno Domini 785: Nachdem Sigurd Haraldarson den Verräter Jarl Randver bereits zur Strecke gebracht hat, um den Tod seines Vaters Harald und den Untergang von Skudeneshavn zu rächen, scheint für viele der Beteiligten außerfrage zu stehen, dass Sigurd in Odins Gunst stehen muss, doch dessen ungeachtet trachtet ihm König Gorm noch immer nach dem Leben, wobei dieses Verlangen auf Gegenseitigkeit beruht. Als Gorm einen Gesandten zu Hakon Brenners Halle schickt, in der Sigurd sich mit seinen getreuen Kriegern den Winter über verbarrikadiert hat, antwortet Sigurd ihm recht unmissverständlich, wobei ihm kurz darauf klar wird, dass er bedeutend mehr Krieger, Waffen und Silber benötigen wird, wenn er Gorm die Stirn bitten möchte, woraufhin die Reijnen sich in Richtung Schweden aufmacht, um dort Ruhm und Reichtum zu erstreiten…

Rezension:

Ziemlich genau ein Jahr nach der deutschen Veröffentlichung von Götter der Rache findet nun auch hierzulande die Sigurd-Saga mit Winterblut ihre Fortsetzung und die hat es in sich, zumindest, wenn man sich bereits für den ersten Teil der Reihe begeistern konnte, denn in Anbetracht dessen, dass es nun einmal eben um raue Wikinger geht, ist die Sprache doch oft sehr derb und das Kampfgeschehen recht blutig geschildert, wobei das meinem persönlichen Empfinden nach das Flair ungemein verstärkt, einhergehend damit, dass Autor Giles Kristian sich auch hier wieder zahlreicher Begriffe aus ebenjener Zeit bedient und der Glaube an die nordischen Götter – insbesondere der Umstand, dass Sigurd in der Gunst Odins selbst zu stehen scheint – eine nicht unbeträchtliche Rolle spielt, derweil es Kristian erneut gelingt, auf dem schmalen Grat zu wandern, einerseits ein Gefühl der Magie heraufzubeschwören und andererseits nicht ins Fantasy-Genre abzudriften.

»Wohin willst du?« Sigurd fühlte sich allmählich genauso unbehaglich wie ein Mann, dessen Hose von Flöhen wimmelte.
»Du weißt wohin, junger Sigurd.« Ihr Gesicht lag zwar immer noch im Schatten, aber die Augen darin schimmerten wie scharfes Eisen.
»Wir sind hergekommen, um zu jagen, Weib«, sagte Olaf. »Nicht um herumzustehen und uns die Eier abzufrieren, während wir mit irgendeiner Seiðrhexe Rätsel raten und allmählich bedauern, dass wir einem Wolf seine Mahlzeit gestohlen haben.«

Idealerweise – aber das sollte gar nicht gesondert erwähnt werden müssen – sollte man natürlich den ersten Band der Saga gelesen haben, um an Winterblut seine Freude zu haben, weshalb es mir auch unverständlich ist, wieso man nicht spätestens mit diesem Buch damit begonnen hat, bereits auf dem Cover darauf hinzuweisen, dass es sich um den Teil einer Reihe handelt. Immerhin bekommt man auf den ersten paar Dutzend Seiten eine zumindest rudimentäre Zusammenfassung der Ereignisse in Form von Erinnerungen geboten, was aber leider auch dazu führt, dass die Geschichte ein wenig benötigt, um wirklich in Fahrt zu kommen, denn während Sigurd und seine Männer zunächst ein wenig auf der Stelle zu treten scheinen, wechselt das Geschehen kurzzeitig auch zu König Gorms Halle, der Haraldarson aus nur zu verständlichen Gründen nach dem Leben trachtet, was einen interessanten Subplot um einen Auftrags-Attentäter eröffnet, wobei ich nicht ganz sicher bin, ob mir gefallen hat, wie dieser Handlungsfaden schlussendlich aufgelöst wird.

Dessen ungeachtet erweitert Giles Kristian seine "Welt" um einige interessante Figuren und Orte und selbst der etwas dürftig geratene Einstieg in die Geschichte offenbart gegen Ende noch weitere Bewandtnis, was das Werk in seiner Gesamtheit schlussendlich doch sehr stimmig und durchdacht wirken lässt. Nichtsdestotrotz kommt Winterblut qualitativ nicht ganz an seinen Vorgänger heran, doch ist es eben auch eine undankbare Aufgabe, zweiter Teil einer (bis dato) auf drei Bände angelegten Rehe zu sein, denn eine Katharsis oder eine Konklusion bleibt den Figuren natürlich verwehrt und einiges bleibt hier ganz allgemein in der Schwebe, während neue Gefahren bereits ihre Schatten zu werfen beginnen. In dem Zusammenhang wirkte tatsächlich Götter der Rache in sich weitaus (ab)geschlossener und hätte auch ohne Fortsetzung funktioniert, derweil man hier nun beinahe zwingend auf den dritten Teil angewiesen ist, da Sigurd seinem Streben, blutige Rache an dem Eidbrecher-König Gorm zu nehmen, kaum einen Schritt nähergekommen ist.

»Es ist keine Kleinigkeit, einen Mann zum Feind zu haben, der in Óðins Gunst steht«, erklärte König Gorm. Keiner seiner Männer mochte ihm da widersprechen. Er tippte mit dem Finger an seine Schläfe, wo eine dicke Ader sichtbar pochte. »Es nagt in meinem Hirnkasten wie Nidhøgg an den Wurzeln von Yggdrasil, dass das, was wir Jarl Harald angetan haben, die Herren von Asgard gegen uns eingenommen hat. Dass ich meinen eigenen Wyrd vergiftet habe, mit diesem …« Er biss sich lieber auf die Lippe, statt das Wort Verrat auszusprechen, obwohl jeder Mann hier in der Halle wusste, was er hatte sagen wollen.

Das aber wie gesagt sind Abstriche, die man bei einem zweiten Teil eben einfach machen muss und ich persönlich freue mich schon sehr auf ein Wiedersehen mit Sigurd, Runa, Valgerd, Olaf, Floki und den anderen Wikingern, die – so stereotyp viele von ihnen auch agieren mögen – einem doch spürbar ans Herz wachsen, während es Kristian meinem Empfinden nach vortrefflich gelingt, die damalige Zeit vor dem inneren Auge lebendig werden zu lassen und auch historischen Sachverstand beweist, was die Bewaffnung und Ausrüstung, vor allem aber die Schiffe der brandschatzenden Grobiane betrifft, ohne dabei in einen belehrenden oder dozierenden Ton zu verfallen, was Winterblut in seiner Gänze zu einem höchst kurzweiligen und temporeichen Vergnügen macht, wenn man einmal die ersten paar Dutzend Seiten hinter sich gebracht hat, die anscheinend gebraucht werden, um für die sich anschließenden Geschehnisse die Weichen zu stellen.

Fazit & Wertung:

Mit Winterblut schildert Giles Kristian ein weiteres, nicht minder überzeugendes Kapitel aus dem Rachefeldzug Sigurd Haraldarsons gegen König Gorm, wobei die Geschichte diesmal vergleichsweise offen endet und der Einstieg etwas temporeicher hätte ausfallen können, doch wem der erste Band der Sigurd-Saga bereits gefallen hat, dem sollten auch mit dieser Fortsetzung kurzweilige Stunden garantiert sein.

7,5 von 10 Anbetungen nordischer Gottheiten

Winterblut

  • Anbetungen nordischer Gottheiten - 7.5/10
    7.5/10

Fazit & Wertung:

Mit Winterblut schildert Giles Kristian ein weiteres, nicht minder überzeugendes Kapitel aus dem Rachefeldzug Sigurd Haraldarsons gegen König Gorm, wobei die Geschichte diesmal vergleichsweise offen endet und der Einstieg etwas temporeicher hätte ausfallen können, doch wem der erste Band der Sigurd-Saga bereits gefallen hat, dem sollten auch mit dieser Fortsetzung kurzweilige Stunden garantiert sein.

7.5/10
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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von Heyne. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.

– – –

Winterblut ist am 14.11.16 bei Heyne als Taschenbuch erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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Review: Sommer im Februar (Film)

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Jetzt wie versprochen wieder chronologisch, dafür mit umso kürzerem Vorwort, weil ich noch immer kränklich bin.

Sommer im Februar

Summer in February, UK 2013, 100 Min.

Sommer im Februar | © Universal Pictures
© Universal Pictures

Regisseur:
Christopher Menaul
Autor:
Jonathan Smith

Main-Cast:
Dominic Cooper (AJ Munnings)
Dan Stevens (Gilbert Evans)
Emily Browning (Florence Carter Wood)
in weiteren Rollen:
Hattie Morahan (Laura Knight)
Shaun Dingwall (Harold Knight)
Max Deacon (Joey Carter Wood)
Mia Austen (Dolly)
Nicholas Farrell (Mr. Carter Wood)
Michael Maloney (Colonel Paynter)

Genre:
Biografie | Drama | Romantik | Historie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Sommer im Februar | © Universal Pictures
© Universal Pictures

Im Cornwall des Jahres 1913 trifft die junge Florence Carter-Wood in der hiesigen Künstlerkolonie ein und schickt sich an, selbst eine erfolgreiche Künstlerin zu werden, doch gerät sie stattdessen einerseits an den englischen Maler Alfred Munnings und dessen besten Freund Gilbert Evans, die beide prompt ein Auge auf die Schönheit werfen, derweil es Frauenheld und Exzentriker Munnings ist, der ihr schlussendlich einen Antrag macht. Obschon Florence durchaus Augen für Gilbert hat, nimmt sie den Antrag an, doch erste Eheprobleme lassen nicht lange auf sich warten, denn nicht nur Munnings ist ein ziemlicher Herumtreiber, sondern auch Florence beginnt schließlich mit Gilbert eine heimliche Affäre. Spätestens als die frisch getraute Braut bereits in ihrer Hochzeitsnacht versucht, sich das Leben zu nehmen, wird klar, dass diese drei Personen dem scheinbar unweigerlichen Verderben entgegentrudeln…

Rezension:

Ich muss ja zugeben, dass ich historischen Filmen mit romantischem und/oder tragischen Einschlag oftmals im Vorfeld eher skeptisch gegenüberstehe, doch nachdem mich schon Werke wie In Secret oder auch die Brontë-Verfilmung Jane Eyre eines Besseren belehrt haben, habe ich mich nun endlich auch an Sommer im Februar herangewagt, der mich zugegebenermaßen vorrangig aufgrund der Beteiligung von Emily Browning (God Help the Girl) und Dominic Cooper (Abraham Lincoln Vampirjäger) gereizt hat. Hier nun handelt es sich um die Verfilmung von tendenziell wahren Begebenheiten, die auf den Tagebüchern von Gilbert Evans fußen, der wiederum im Film von Dan Stevens verkörpert wird und Teil des Liebesdreiecks um Brownings Figur der angehenden Künstlerin Florence Carter Wood und – auf der anderen Seite – dem Enfant terrible AJ Munnings wird. Leider aber weiß das Skript aus diesem generischen Ansatz doch verhältnismäßig wenig zu machen und so versandet die Geschichte vermehrt in pittoresker Bedeutungslosigkeit.

Szenenbild aus Sommer im Februar | © Universal Pictures
© Universal Pictures

Dabei beginnt Sommer im Februar durchaus vielversprechend und die ländliche Künstlerkommune, zu der nun eben frisch besagte Miss Wood stößt, wird interessant in Szene gesetzt, derweil sich Coopers Figur mit der ihr innewohnenden Exzentrik prompt von den weiteren Vertretern abhebt. Nach anfänglicher Exposition der Figuren und der herrschenden Umstände aber zerfasert der Film leider mehr und mehr und reiht alsbald nur noch belanglose Einzelszenen aneinander, was nun nicht eben dazu beiträgt, eine Art Spannung zu generieren oder zum Mitfiebern zu verleiten. Speziell das Verhalten von Florence Carter Wood – obwohl doch trefflich verkörpert von Emily Browning – gibt immer öfter Rätsel auf, was aber dem Skript geschuldet sein mag, denn während man wohl einerseits vom Zuschauer erwartet, tief in die Seele der Frau blicken zu können, gelingt es doch kaum, ihr wirklich näher zu kommen, wodurch ihr Verhalten zunehmend irrationaler wirkt. Ähnlich ergeht es übrigens aber auch den anderen beiden Hauptfiguren, wobei dies Coopers Interpretation seiner Figur des opportunistischen Künstlers durchaus zugutekommt, ist schließlich sein gesamter Charakter im Grunde auf irrationalem und oft nicht nachvollziehbaren Verhalten begründet, doch hilft das auch nicht, dem Film in seiner zweiten Hälfte eine Art Spannung zu bescheinigen.

In diesem Zusammenhang merkt man deutlich, wie emotional und packend Sommer im Februar gerne gewesen wäre, doch lässt einen das Geschehen merkwürdig kalt, je weiter die Geschichte voranschreitet. So trifft insbesondere Florence einige fragwürdige Entscheidungen, die dem Zuschauer aber in keiner Weise erklärt werden, weil das Drama, die Tragik, die Ausweglosigkeit im Grunde pure Behauptung bleiben, derweil Dan Stevens‘ Figur des Gilbert Evans weitestgehend passiv bleibt und folglich ebenso wenig als Sympathieträger und Identifikationsfigur taugt wie der zunehmend unsympathischer werdende Munnings. Im letzten Drittel zwar bemüht sich Drehbuchautor Jonathan Smith spürbar um einen größeren Kontext, doch hilft das auch nicht mehr, den von Christopher Menaul inszenierten Film aus der Belanglosigkeit zu hieven.

Szenenbild aus Sommer im Februar | © Universal Pictures
© Universal Pictures

Nichtsdestotrotz, es ist nicht alles schlecht an Sommer im Februar und während speziell Browning und Cooper im Rahmen ihrer Möglichkeiten das Beste aus den Rollen herauszuholen, wissen auch die Landschaftsaufnahmen und die zeitgenössische Illustration des Cornwall zu Zeiten des frühen 20. Jahrhunderts zu gefallen, doch machen schöne Bilder eben leider noch keinen guten Film und so sehr die Momenteindrücke des künstlerischen Schaffens und die an die Bohème gemahnende Parallelgesellschaft zu gefallen wissen, verliert der Reigen mehr und mehr den roten Faden aus den Augen und dümpelt mehr als einmal zu häufig vor sich hin und droht, sich im schwelgerischen Blick auf die sturmumtosten Küsten zu verlieren, was dann letztendlich einen Film ergibt, der mit seinen DarstellerInnen und schönen Bildern zu übertünchen versucht, dass nicht nur die Geschichte in ihrem Kern reichlich trivial ist, sondern vor allem im weiteren Verlauf zunehmend zerfasert, bis man den Charakteren so fern ist, dass ihr Schicksal kaum noch zu tangieren imstande ist.

Fazit & Wertung:

Christopher Menauls Sommer im Februar versucht mit pittoresken Landschaftsaufnahmen und einer Andeutung des künstlerischen Schaffens im Cornwall des frühen 20. Jahrhunderts für sich einzunehmen, täuscht damit aber nicht darüber hinweg, dass der Plot kaum imstande ist, echte Spannung oder Interesse zu erzeugen und gerade in der zweiten Hälfte regelrecht vor sich hindümpelt. Leider ein nur mäßig überzeugender Vertreter des Subgenres tragisch-romantischer Historienfilme.

4,5 von 10 porträtierten Frauen

Sommer im Februar

  • Porträtierte Frauen - 4.5/10
    4.5/10

Fazit & Wertung:

Christopher Menauls Sommer im Februar versucht mit pittoresken Landschaftsaufnahmen und einer Andeutung des künstlerischen Schaffens im Cornwall des frühen 20. Jahrhunderts für sich einzunehmen, täuscht damit aber nicht darüber hinweg, dass der Plot kaum imstande ist, echte Spannung oder Interesse zu erzeugen und gerade in der zweiten Hälfte regelrecht vor sich hindümpelt. Leider ein nur mäßig überzeugender Vertreter des Subgenres tragisch-romantischer Historienfilme.

4.5/10
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Sommer im Februar ist am 04.09.14 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Universal Pictures erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

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Review: In guten Händen (Film)

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Während ich heute auf der Arbeit mit einigen technischen Ausfällen zu kämpfen hatte, steht dafür schon die heutige Film-Kritik in der Pipeline, wäre dann hiermit somit online und freut sich darauf, von euch gelesen zu werden.

In guten Händen
oder die Geschichte der Erfindung des Vibrators

Hysteria, UK/FR/DE/CH/LU 2011, 100 Min.

In guten Händen | © Senator/Universum Film
© Senator/Universum Film

Regisseurin:
Tanya Wexler
Autoren:
Stephen Dyer
Jonah Lisa Dyer

Main-Cast:
Maggie Gyllenhaal (Charlotte Dalrymple)
Hugh Dancy (Mortimer Granville)
Jonathan Pryce (Dr. Robert Dalrymple)
Felicity Jones (Emily Dalrymple)
Rupert Everett (Edmund St. John-Smythe)

Genre:
Komödie | Romantik | Historie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus In guten Händen | © Senator/Universum Film
© Senator/Universum Film

Derweil sich im London der 1880er-Jahre die viktorianische Prüderie auf ihrem Höhepunkt befindet, sieht sich der junge wie gleichermaßen fähige Arzt Mortimer Granville gezwungen, in der Praxis von Dr. Dalrymple tätig zu werden, der sich auf die Behandlung der sogenannten "Hysterie" spezialisiert hat. Was anfänglich befremdlich wirkt, "behandeln" die Ärzte schließlich die intimsten Stellen der Frau, wird bald zum regelrechten Kassenschlager, denn die hiesigen Damen sind insbesondere von Granville mehr als angetan, derweil der mit der jüngeren Tochter von Dr. Dalrymple anbändelt und gleichermaßen mit dessen anderer Tochter aneinandergerät, die sich als weitaus resoluter und aufbrausender entpuppt, als es sich für eine Frau zur damaligen Zeit geziemt. Dumm nur, dass Granville zunehmend von Krämpfen und Verspannungen in den Händen geplagt wird ob der tagtäglichen Torturen bei der Behandlung, zumindest bis ihm eine zündende Idee kommt…

Rezension:

Dieser Film stand schon ungemein lange auf meiner ungemein langen To-Do-List und ich freue mich sehr, nun auch diese Lücke als geschlossen betrachten zu können, wenngleich die Geschichte der Erfindung des Vibrators nun sicherlich nicht zum unumgänglichen Pflichtprogramm gehört, doch hatte ich durchaus meine Freude mit der zuweilen frivolen Geschichte, die durch den ansonsten so biederen, zur damaligen Zeit eben vorherrschenden Habitus nur umso unterhaltsamer wird. Ohne Lehrstück oder Geschichtsunterricht sein zu wollen, widmet sich In guten Händen – im Original noch treffender mit Hysteria betitelt – aber nicht nur der Behandlung der als Hysterie bekannten Frauenkrankheit (die es natürlich so nie gegeben hat) und feiert sozusagen den Beginn der sexuellen Befreiung der Frau, sondern versucht gleich noch eine gute Handvoll weiterer Themen in den Film zu packen, ob es nun um Dr. Granvilles postulierte Grundlagen der Hygiene geht, die ärmlichen Verhältnisse im damaligen London, den Erfindungsreichtum der damaligen Zeit und das Aufkommen der Telefonie oder andere Themen, die wie nebenbei am Rande angerissen werden, was den Film leider zuweilen ein wenig überladen wirken lässt, denn hier hätte die Konzentration auf ein Thema durchaus gut getan.

Szenenbild aus In guten Händen | © Senator/Universum Film
© Senator/Universum Film

Nichtsdestotrotz punktet In guten Händen mit einer gehörigen Portion Kurzweil und Beschwingtheit, was vor allem an den sorgsam ausgewählten Darstellern liegen mag, denen aber jederzeit die großartige Maggie Gyllenhaal spielend den Rang abläuft, denn sie hat in Gestalt der Doktors-Tochter Charlotte Dalrymple die wohl differenzierteste Rolle inne, derweil Hauptdarsteller Hugh Dancy gemessen an seinen späteren und ungleich fordernderen Rollen wie etwa in Hannibal oder The Path überraschend blass bleibt, doch mag das dem Thema und der Ausgestaltung des Films geschuldet sein, denn was er zu leisten hat, liefert er auch ab, doch ist er im Grunde kaum mehr als die Triebfeder für die sich beinahe von selbst entfaltende Geschichte. Jonathan Pryce (The Salvation) wiederum tritt als Dr. Robert Dalrymple in Erscheinung und gibt einen erheiternd altmodischen Arzt und Vater zweier Töchter, der andererseits wenn auch unwissentlich einer ganzen Schar "hysterischer" Frauen tagtäglich Befriedigung verschafft, ohne dass ihm dies bewusst wäre. Allein aus diesem Grundgedanken zieht der Film im Übrigen einen Großteil seiner komischen Momente und die Behandlungsszenen sind wahrhaft denkwürdig und eine Klasse für sich, derweil der Rest des Films dagegen leider nicht so ganz ankommt.

So ist es mehr Zufall und allzu platt abgehandelt, wie der von Dancy gespielte Granville zur Praxis von Dalrymple gelangt und dessen Partner wird, derweil auch die sich zwischen ihm und Dalrymples anderer Tochter Emily – der auch hier schon bezaubernden Felicity Jones (Rogue One) – recht generisch daherkommt und echtes Gefühl vermissen lässt, wenn auch eine unterschwellige Art der zaghaften Zuneigung vorhanden sein mag. Bedeutend aufgeweckter und lebhafter kommt in dieser Hinsicht Gyllenhaals resolute und aufbrausende Figur daher und lässt insbesondere Vertreter der männlichen Gattung auch bei ihr auf das Krankheitsbild der Hysterie tippen, wobei es dem Zuschauer zum Glück erspart bleibt, den Vater die eigene Tochter behandeln zu sehen. Last but not least sollte in diesem Zusammenhang auch Rupert Everett in einer kleineren Rolle nicht unerwähnt bleiben, doch ist sein Part des spleenigen Exzentrikers sicherlich ein regelrechter Selbstläufer und spielt ihm mehr als nur ein wenig in die Karten, unterstreicht derweil aber gekonnt den komödiantischen Grundton des Films, der immer dann am besten funktioniert, wenn er sich und sein Geschehen nicht zu ernst nimmt, gleichsam abflacht, sobald es einmal ernster zu werden droht.

Szenenbild aus In guten Händen | © Senator/Universum Film
© Senator/Universum Film

Entsprechend gemischt ist das Endergebnis, denn In guten Händen hätte eine luftig-leichte Komödie sein können, bemüht sich aber zuweilen doch sehr um einen ernsten Touch und versucht wie gesagt nebenbei gleich noch mehrere Themen der damaligen Zeit mit abzuhandeln, was den eigentlichen Plot dann leider oftmals sehr zerfasert wirken lässt. So hätte es dem Film von Tanya Wexler ohne Frage gut getan, sich mehr auf sein eigentliches Thema zu konzentrieren, zumal anscheinend in einem dergestalt gelagerten Film romantische Verwicklungen nicht fehlen dürfen, die allerdings mehr wie an den Haaren herbeigezogen wirken und kaum eine Daseinsberechtigung haben, immerhin im munteren Reigen auch nie die Oberhand gewinnen. Nichtsdestotrotz wäre hier in der dramaturgischen Ausgestaltung noch spürbar Luft nach oben gewesen, wenn In guten Händen auch ohne Frage schlichtweg Spaß macht, so man denn nicht übertrieben verklemmt und folglich peinlich berührt ist von dem, was sich hier auf der Leinwand abspielt. Sicherlich ein Film für vergnügliche (anderthalb) Stunden, der aber leider nicht allzu lang im Gedächtnis bleibt, denn dafür sind viele der Ansätze zu oberflächlich und rudimentär herausgearbeitet, um wirklich überzeugen zu können.

Fazit & Wertung:

Tanya Wexlers Geschichte der sexuellen Befreiung der Frau mit dem zweideutigen Titel In guten Händen ist zuweilen frivol und in den besten Momenten herzerfrischend komisch, wirkt in Anbetracht des Themas aber zuweilen auch überraschend handzahm und leider vor allem überladen mit allerlei nichtigen Nebenhandlungen, derer es sicher nicht bedurft hätte, um einen rundherum kurzweiligen Film zu kreieren. Trotz seiner Schwächen mag die Sichtung aber lohnen, denn der Ansatz dieses im Kern als romantische Komödie zu verortenden Films ist immerhin erfrischend unverbraucht und kokettiert mit seiner thematischen Schlüpfrigkeit.

6,5 von 10 befriedigenden Behandlungs-Terminen

In guten Händen

  • Befriedigende Behandlungs-Termine - 6.5/10
    6.5/10

Fazit & Wertung:

Tanya Wexlers Geschichte der sexuellen Befreiung der Frau mit dem zweideutigen Titel In guten Händen ist zuweilen frivol und in den besten Momenten herzerfrischend komisch, wirkt in Anbetracht des Themas aber zuweilen auch überraschend handzahm und leider vor allem überladen mit allerlei nichtigen Nebenhandlungen, derer es sicher nicht bedurft hätte, um einen rundherum kurzweiligen Film zu kreieren. Trotz seiner Schwächen mag die Sichtung aber lohnen, denn der Ansatz dieses im Kern als romantische Komödie zu verortenden Films ist immerhin erfrischend unverbraucht und kokettiert mit seiner thematischen Schlüpfrigkeit.

6.5/10
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In guten Händen ist am 18.05.12 auf DVD und Blu-ray bei Senator im Vertrieb von Universum Film erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

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Review: Michael Kohlhaas (Film)

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Nun habe ich also auch die für mich recht unerwarteten Jubiläums-Festivitäten zu meinem 2000. Artikel längst hinter mich gebracht und wie wir ja alle wissen, ist nach dem Spiel prompt vor dem Spiel, weshalb es unermüdlich mit der nächsten Film-Kritik weitergeht.

Michael Kohlhaas

Age of Uprising: The Legend of Michael Kohlhaas, FR/DE 2013, 122 Min.

Michael Kohlhaas | © polyband
© polyband

Regisseur:
Arnaud des Pallières
Autoren:
Christelle Berthevas (Drehbuch)
Arnaud des Pallières (Drehbuch)
Heinrich von Kleist (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Mads Mikkelsen (Michael Kohlhaas)

in weiteren Rollen:
Bruno Ganz (The Governor)
Denis Lavant (The Theologist)
Mélusine Mayance (Lisbeth)
David Kross (The Preacher)
Delphine Chuillot (Judith)
Sergi López (The Armless)
Amira Casar (The Abbess)
David Bennent (César)
Paul Bartel (Jérémie)
Roxane Duran (The Princess)
Swann Arlaud (The Baron)
Jacques Nolot (The Lawyer)

Genre:
Drama | Historie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Michael Kohlhaas | © polyband
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Michael Kohlhaas führt als Pferdehändler mit seiner Frau Judith und seiner Tochter Lisbeth ein einfaches wie beschauliches Leben, bis zu dem Tag zumindest, als er unvermittelt auf dem Weg zum Markt an einer Zollschranke aufgehalten wird und einen bis dahin nicht benötigten Passierschein vorzeigen soll. In Ermangelung dieser Papiere lässt sich Kohlhaas widerwillig darauf ein, zwei gesunde Pferde als Pfand in die Obhut der Grenzhüter zu geben. Tage später, Michael Kohlhaas kehrt vom Markt zurück, befinden sich die Tiere in fürchterlichem, kränklichen Zustand und sein Knecht, der auf die Tiere achtgeben sollte, ist schwer verletzt. Kohlhaas verlangt es nach Wiedergutmachung, doch das Gericht sieht keine Erfordernis zu handeln. Als dann auch noch Kohlhaas‘ Frau bei einem Gerechtigkeitsgesuch bei der Prinzessin tödlich verletzt wird, schwört Kohlhaas blutige Rache und begibt sich auf einen erbarmungslosen Feldzug gegen seine Peiniger…

Rezension:

Lange habe ich mich auf eine Sichtung von Michael Kohlhaas gefreut und mindestens ebenso lange habe ich sie vor mir hergeschoben, auch wenn ich wie gesagt enorm neugierig auf die Verfilmung der klassischen Novelle von Heinrich von Kleist war, zumal niemand Geringeres als Mads Mikkelsen für den namensgebenden Kohlhaas eintritt und fernab seiner Serien-Kultrolle als Hannibal bereits in Dramen wie Die Jagd sein darstellerisches Können und dessen Intensität unter Beweis gestellt hat. Nun wird die Novelle, auch wenn sie dem altertümlichen Thema treu bleibt, spürbar modern inszeniert, doch wusste für mich lange Zeit der Funke leider nicht wie erhofft überzuspringen.

Szenenbild aus Michael Kohlhaas | © polyband
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Natürlich ist eine derartige Geschichte ihrem Ton nach mit einem gewissen Pathos beladen, doch was sich anfänglich spannend gibt, hat doch schon nach kurzer Zeit auch immer wieder mit einigen Längen zu kämpfen, die mich nicht unbedingt dazu verleitet haben, wie gebannt am Bildschirm zu kleben, was enorm schade ist, denn thematisch gibt Michael Kohlhaas natürlich einiges her und die Art und Weise, wie der Protagonist zu immer rabiateren Mitteln greift, um für sich Recht und Gerechtigkeit einzufordern, vor sich selbst durch den Zweck die Mittel heiligt und sich dabei moralisch doch immer weiter denen annähert, die er zu verurteilen und bestrafen trachtet, ist durchaus Stoff für einen packenden Streifen, doch übertreibt man es hier für meinen Geschmack mit den stummen Blicken, den Landschaftsaufnahmen, den bedeutungsschwangeren Einstellungen.

So erinnert Michael Kohlhaas – nicht zuletzt natürlich dank Mikkelsen – oftmals mehr an The Salvation und damit eine Variation des Western-Themas, als dem Duktus der Erzählung treu zu bleiben, was für mich über die Laufzeit von gut zwei Stunden eben nur bedingt funktioniert hat, möglicherweise aber natürlich auch daran liegen kann, dass mich der Film auf dem falschen Fuß erwischt hat, denn inszenatorisch hat er sich im Grunde nichts vorzuwerfen und auch der Hauptdarsteller überzeugt auf ganzer Linie, derweil man auch die musikalische Untermalung uneingeschränkt loben kann, was sich insbesondere auf den letzten Metern deutlich bemerkbar macht.

Szenenbild aus Michael Kohlhaas | © polyband
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Am Ende sind es nämlich die Auflösung des Geschehens, die sich für Kohlhaas ergebenden Konsequenzen, die im Nachhinein viele der Schwächen zumindest geringfügig negieren, denn diese letzte Viertelstunde, über deren Inhalt ich mich natürlich selbstredend ausschweige, ist so ungemein packend und stimmig geraten und gewinnt tatsächlich noch von der getragenen Erzählweise, dass ich mich doch wundern musste, warum der Mittelteil im direkten Vergleich an vielen Ecken nicht annähernd so überzeugend hat geraten können. Ich möchte Michael Kohlhaas nicht missen und fühlte mich durchaus von der Atmosphäre gefangen, doch entweder war er thematisch vielleicht doch nicht ganz mein Fall oder etwas anderes hat nicht gestimmt, aber in seiner Gänze war er mir in vielen Aspekten zu substanzlos, fokussiert zuweilen zu sehr auf seine Hauptfigur, als dass man in Gänze erfassen könnte, was da eigentlich passiert und während Mikkelsens Spiel zwar jederzeit überzeugt, kommt man der Figur selbst doch niemals richtig nahe, kann sie schließlich selbst schon kaum ihr Handeln in Worte fassen.

Fazit & Wertung:

Optisch und atmosphärisch macht Michael Kohlhaas als Verfilmung der Novelle Heinrich von Kleists eine durchaus gute Figur und speziell Hauptdarsteller Mads Mikkelsen weiß zu brillieren, doch stören die getragene Erzählweise und der sture Fokus auf das Handeln der Hauptfigur den Gesamteindruck teils erheblich, denn weder werden alle Zusammenhänge überzeugend deutlich, noch lassen sich einige Längen im Mittelteil vermeiden, wenn sich außer bedeutungsschwangeren, im Grunde aber nichtssagenden Blicken auf der Leinwand nichts abspielt. Immerhin die konsequente und inszenatorisch brillante Auflösung des Geschehens macht hierbei letztlich ein wenig Boden gut.

5,5 von 10 kargen Landschaften

Michael Kohlhaas

  • Karge Landschaften - 5.5/10
    5.5/10

Fazit & Wertung:

Optisch und atmosphärisch macht Michael Kohlhaas als Verfilmung der Novelle Heinrich von Kleists eine durchaus gute Figur und speziell Hauptdarsteller Mads Mikkelsen weiß zu brillieren, doch stören die getragene Erzählweise und der sture Fokus auf das Handeln der Hauptfigur den Gesamteindruck teils erheblich, denn weder werden alle Zusammenhänge überzeugend deutlich, noch lassen sich einige Längen im Mittelteil vermeiden, wenn sich außer bedeutungsschwangeren, im Grunde aber nichtssagenden Blicken auf der Leinwand nichts abspielt. Immerhin die konsequente und inszenatorisch brillante Auflösung des Geschehens macht hierbei letztlich ein wenig Boden gut.

5.5/10
Leser-Wertung 0/10 (0 Stimmen)
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Michael Kohlhaas ist am 28.03.14 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von polyband erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

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Review: Victoria | Staffel 1 (Serie)

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Und da wäre ich auch schon wieder und beehre euch heute mit einer ziemlich lohnenswerten Historien-Serie, auf die ich zum Glück gestoßen worden bin, denn beinahe wäre mir Jenna Coleman als junge Königin Victoria entgangen, was – wie ich jetzt weiß – sehr schade gewesen wäre, aber lest selbst!

Victoria
Staffel 1

Victoria, UK 2016-, , ca. 54 Min. je Folge

Victoria | © Edel Germany GmbH
© Edel Germany GmbH

Serienschöpfer:
Daisy Goodwin
Ausführende Produzenten:
Daisy Goodwin
Dan McCulloch
Damien Timmer

Main-Cast:
Jenna Coleman (Victoria)
Tom Hughes (Prince Albert)
Daniela Holtz (Baroness Lehzen)
Peter Firth (Duke of Cumberland)
Peter Bowles (Duke of Wellington)
Nigel Lindsay (Sir Robert Peel)
Rufus Sewell (Lord Melbourne)
Paul Rhys (Sir John Conroy)
in weiteren Rollen:
Catherine Flemming (Duchess of Kent)
David Oakes (Prince Ernest)
Alex Jennings (King Leopold)
Nell Hudson (Skerrett)
Adrian Schiller (Penge)
Tommy Knight (Brodie)
Ferdinand Kingsley (Francatelli)
Eve Myles (Mrs. Jenkins)

Genre:
Biografie | Historie | Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Victoria | © Edel Germany GmbH
© Edel Germany GmbH

England, 1837: Nachdem ihr Onkel Wilhelm IV. überraschend verstorben ist, wird die junge Victoria im zarten Alter von 18 Jahren die neue Monarchin des Vereinigten Königreiches. Von ihrer neuen Rolle als Königin zunächst überfordert, gelingt es der jungen Frau doch immerhin, ihrer Mutter und vor allem dem als Nachlassverwalter eingesetzten John Conroy, der ihr das Zugeständnis abringen will, ihn zum Privatsekretär zu ernennen, die Stirn zu bieten und alsbald findet sie in dem Premierminister Lord Melbourne einen ersten und engen Vertrauten, der sie bei den ihr neuen Staatsgeschäften im Buckingham Palace unterstützt, was allerdings bald zu Getuschel führt, wie viel Einfluss der Premier wirklich auf die junge Königin haben würde, die bereits kurz nach ihrem Amtsantritt sowohl mit der Flora-Hastings-Affäre als auch der Hofdamenaffäre nicht im besten Sinne von sich reden macht. Als die Rufe laut werden, die Königin möge sich vermählen, war es ihr Onkel Leopold, der arrangierte, dass Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha gemeinsam mit seinem Bruder Ernst der Königin – zunächst sehr zu ihrem Verdruss – alsbald seine Aufwartung machen sollte…

Rezension:

Ich bin ja sonst nicht unbedingt ausgewiesener Freund von Historien-Serien oder zumindest Kostüm-Dramen, doch bei Victoria musste ich ja im Grunde allein schon wegen Jenna Coleman einen Blick riskieren, die hier die Rolle der jungen Monarchin übernimmt, wobei oft verschwiegen wird, dass auch – zumindest in einem Großteil der Folgen – der nicht minder sehenswerte Rufus Sewell als Lord Melbourne mit von der Partie ist, was gleich zwei quasi zwingende Gründe darstellt, sich der Serie um die junge Königin zu widmen. Die erste Staffel umfasst dabei mit ihren gerade einmal acht Episoden grob die ersten drei ‚Regierungsjahre von Victoria und entsprechend beginnt die knapp 70 Minuten währende Pilotepisode Puppe Nummer 123 (1.01) mit der Nachricht, dass Victorias Onkel Wilhelm IV. in der Nacht verstorben und somit die Königswürde an sie gefallen sei. Gemessen daran, dass Victoria es als Königin des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Irland auf eine Regierungszeit von 63 Jahren (1837-1901) gebracht hat, könnte man meinen, ihr Leben liefere Stoff für eine schier endlos scheinende Serie, doch in Kombination mit der obligatorischen Verlängerung für eine zweite Season teilte ITV bereits mit, man könne sich eine Gesamtlänge von sechs Staffeln vorstellen, was natürlich darauf deutet, dass die unweigerlichen Zeitsprünge, die auch hier schon zuweilen irritieren, noch zunehmen werden, derweil unklar ist, ob und inwieweit Coleman weiterhin – beziehungsweise wie lange noch – die Rolle der Königin übernehmen wird.

Szenenbild aus Victoria | © Edel Germany GmbH
© Edel Germany GmbH

Nun soll es ja aber zunächst einmal um die erste Staffel Victoria gehen und die funktioniert für sich genommen schon ausnehmend gut und schlägt schnell in ihren Bann, auch wenn ausgerechnet der Theme-Song – eine Choral-Variante des Halleluja – zwischenzeitlich zu nerven beginnt, aber das mag daran liegen, dass auch die Menüs der Blu-ray davon unterlegt sind. Nun geht es ja aber um die zu ihrer Amtseinführung gerade einmal volljährig gewordene Königin und ihren Hofstaat und diesbezüglich hat man sich – gerade für britische Historienserien ja durchaus zu erwarten – in Sachen Ausstattung und Opulenz nicht lumpen lassen und die Kostüme, der Look des Buckingham Palace und selbst die klar als Computeranimationen erkennbaren Außenaufnahmen von London und Umland sprechen für sich und entführen prompt in die damalige Zeit. Mit gehörig Flair und einer außergewöhnlichen Leistung seitens Jenna Coleman, die gerade in späteren Folgen darstellerisch zu punkten versteht und der jungen Königin vermehrt diffizilere Facetten abringt, während sie anfänglich doch lediglich bockig und unbedarft wirken mag, gelingt es der Serienschöpferin Daisy Goodwin damit durchgehend, eine überzeugende Interpretation abzuliefern, wobei man sich natürlich über die historische Akkuratesse streiten darf, die ich mir auch gar nicht zu beurteilen anmaßen möchte.

Nichtsdestotrotz hangelt sich die Serie zumindest an historischen Eckdaten entlang und gibt damit teilweise doch ziemlich exakt das je Folge vorherrschende Thema vor, weshalb man sich – ein Schelm, wer sowas möchte – ganz wunderbar mit dem Wikipedia-Eintrag zu ihrer Person spoilern könnte, so dass in der Pilotepisode neben der Krönung gleich noch die Flora-Hastings-Affäre abgehandelt wird, während in Hofdamen (1.02) der Verlust der Whig-Mehrheit im Unterhaus dazu führt, dass Robert Peel von der unerfahrenen Königin fordert, sie möge ihren Hofstaat neutral besetzen und ihre Hofdamen aus Whig-Kreisen durch Tories ersetzen möge, was Victoria ihm verweigert und in der Geschichtsschreibung daher als Hofdamenaffäre bekannt geworden ist. Ähnlich ließe sich die Reihe fortführen, beispielsweise was die Apanage des späteren Prinzgemahls Albert von Sachsen-Coburg und Gotha angeht, der – von Tom Hughes nicht minder hervorragend verkörpert – in der vierten Episode Der Uhrwerk Prinz (1.04) in Erscheinung tritt und alsbald einen festen Platz an Victorias Seite einnimmt, wobei sich die beiden nicht von Beginn an richtig zugetan scheinen und auch später noch gehörig Konfliktpotential vorherrscht, was insbesondere auf Alberts unklarer Stellung am Hofe und der mangelnden Akzeptanz seiner Person am britischen Hof zurückzuführen ist.

Szenenbild aus Victoria | © Edel Germany GmbH
© Edel Germany GmbH

So gelingt dann auch der dramaturgische Wechsel von Rufus Sewells Figur des Lord Melbourne hin zum von Hughes verkörperten Albert, der ein Stück weit natürlich dessen Platz einnimmt als erste Bezugsperson Victorias, was auch leicht in die Hose hätte gehen können, gerade in Anbetracht des Charismas und der Präsenz von Sewell als Person. Irritierend allerdings – wenn nicht gar teilweise störend – sind die meisten Handlungsstränge um die Bediensteten des Buckingham Palace geraten, denn nicht nur könnte man meinen, Daisy Goodwin – die auch die Drehbücher für sieben der achte Episoden beigesteuert hat – hätte zu viel Downton Abbey gesehen (die ohnehin schon gefühlt Dutzende Nachahmer gefunden hat), tragen die Geschichten weder Essentielles zur Lebensgeschichte von Victoria bei, um die es ja vorrangig gehen sollte, wenn man dem Titel der Serie Glauben schenken darf, noch werden einzelne Handlungsstränge weiter verfolgt, was das Ganze in letzter Konsequenz ziemlich halbgar wirken lässt, zumal ich mich vermehrt gefragt habe, ob man die zur Verfügung stehende Zeit nicht sinnvoller hätte nutzen können, werden hier immerhin gute drei Jahre in acht Folgen zu je vierzig – beziehungsweise einmal siebzig – Minuten zu pressen versucht, was ohnehin schon einen stetig im Fluss befindlichen Zeitablauf erfordert, derweil einzelne Themen nur kurz angerissen werden. Immerhin kann man Victoria aber anrechnen, das Wesen der damaligen Zeit und auch die politischen Zusammenhänge recht treffend erfahrbar zu machen, ohne in den Erklärbär-Modus zu verfallen und hier machen dann auch die Parts der Bediensteten ein Stück weit Sinn, erlauben sie doch einen gänzlich anderen Blick auf die "einfache" Bevölkerung, als es bei einem strikten Fokus auf Victoria möglich gewesen wäre.

Trotz kleiner Schelte macht Goodwins Serie also verdammt viel richtig und dürfte auch Leuten gefallen, die dem Thema an sich vielleicht grundsätzlich nicht so zugetan sind, um mal nur mich als Beispiel zu nennen, zumal die zunehmend forscher werdende Königin oftmals um manch schnippischen Spruch nicht verlegen ist und so der Reigen zuweilen gar von einem leisen Humor durchzogen ist, den ich mir so nicht erwartet hätte. Ansonsten vermengt Victoria natürlich die üblichen Zutaten Herzschmerz und Drama, tut dies aber auf sehr elegante Art und Weise, so dass ich nun sehr gespannt bin auf die sich anschließende(n) Staffel(n), vor allem aber darauf, ob und inwieweit Jenna Coleman dort wieder mit von der Partie sein wird, denn zumindest zum jetzigen Zeitpunkt schon die Darstellerin zu wechseln stelle ich mir doch grenzwertig irritierend vor.

Fazit & Wertung:

Mit Victoria legt ITV eine nicht nur opulent ausgestattete, sondern auch hervorragend wie prominent besetzte Historien-Serie um die junge Königin Mitte des 18. Jahrhunderts vor, die auf gleichbleibend hohem Niveau zu überzeugen versteht und die ersten drei Jahre der Regentschaft abdeckt. In Anbetracht dessen, dass die eigentlich als Mini-Serie konzipierte Produktion nun eine Fortsetzung spendiert bekommt, bleibt zwar noch offen, inwieweit man die Qualität wird beibehalten können, doch für sich genommen lohnt dieser Ausflug ins viktorianische Zeitalter (richtig, daher der Name) allemal.

8,5 von 10 Konflikten am englischen Hof

Victoria | Staffel 1

  • Konflikte am englischen Hof - 8.5/10
    8.5/10

Fazit & Wertung:

Mit Victoria legt ITV eine nicht nur opulent ausgestattete, sondern auch hervorragend wie prominent besetzte Historien-Serie um die junge Königin Mitte des 18. Jahrhunderts vor, die auf gleichbleibend hohem Niveau zu überzeugen versteht und die ersten drei Jahre der Regentschaft abdeckt. In Anbetracht dessen, dass die eigentlich als Mini-Serie konzipierte Produktion nun eine Fortsetzung spendiert bekommt, bleibt zwar noch offen, inwieweit man die Qualität wird beibehalten können, doch für sich genommen lohnt dieser Ausflug ins viktorianische Zeitalter (richtig, daher der Name) allemal.

8.5/10
Leser-Wertung 7.5/10 (2 Stimmen)
Sende

Episodenübersicht: Staffel 1

01. Puppe Nummer 123 (8/10)
02. Hofdamen (8/10)
03. Brocket Hall (8,5/10)
04. Der Uhrwerk Prinz (8/10)
05. Eine normale Frau (8,5/10)
06. Der Gemahl der Königin (8/10)
07. Die Maschine des Wandels (8,5/10)
08. Young England (8,5/10)

 

– – –

Victoria | Staffel 1 ist am 31.03.17 auf DVD sowie als Deluxe Edition auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Edel Germany erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

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Review: Taboo | Staffel 1 (Serie)

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Für meinen persönlichen Anspruch zwar immer noch wenigstens eine Woche zu spät dran, kommt hier jetzt endlich – und dafür umso ausführlicher und reich bebildert – mein Artikel zu der frisch veröffentlichten Ausnahmeserie Taboo – von und mit Tom Hardy, der selten besser war als hier, aber lest selbst.

Taboo
Staffel 1

Taboo, UK 2017-, ca. 55 Min. je Folge

Taboo | © Concorde
© Concorde

Serienschöpfer:
Steven Knight
Tom Hardy
Chips Hardy
Ausführende Produzenten:
Tom Hardy
Ridley Scott
Liza Marshall
Kate Crowe
Dean Baker
Steven Knight
Tom Lesinski

Main-Cast:
Tom Hardy (James Keziah Delaney)
Leo Bill (Benjamin Wilton)
Jessie Buckley (Lorna Bow)
Oona Chaplin (Zilpha Geary)
Mark Gatiss (Prince Regent)
Stephen Graham (Atticus)
Jefferson Hall (Thorne Geary)
David Hayman (Brace)
Edward Hogg (Godfrey)
Michael Kelly (Dumbarton)
Jonathan Pryce (Sir Stuart Strange)
Jason Watkins (Solomon Coop)
Nicholas Woodeson (Robert Thoyt)
in weiteren Rollen:
Edward Fox (Horace Delaney)
Franka Potente (Helga)
Ruby-May Martinwood (Winter)
Scroobius Pip (French Bill)
Fiona Skinner (Brighton)
Christopher Fairbank (Ibbotson)
Richard Dixon (John Pettifer)
Roger Ashton-Griffiths (Abraham Appleby)
Tom Hollander (Cholmondeley)
Marina Hands (Countess Musgrove)
Danny Ligairi (Martinez)
Lucian Msamati (George Chichester)
Louis Ashbourne Serkis (Robert)

Genre:
Drama | Historie | Mystery

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Taboo | © Concorde
© Concorde

London 1814: Zehn Jahre nach seinem Verschwinden kehrt der totgeglaubte James Keziah Delaney pünktlich zum Dahinscheiden seines Vaters in die Heimat zurück und meldet prompt seine Ansprüche am Erbe des Verstorbenen an, was Delaneys Halbschwester Zilpha nicht halb so sehr stört wie der ambitionierten Ehemann Thorne Geary. Dieser Widerstände ungeachtet macht es sich Delaney zunächst in dem Anwesen seines Vaters bequem und schickt sich an, die alte Schifffahrtsgesellschaft der Familie wieder in Betrieb zu nehmen. Doch Delaney wird London noch einiges an Ungemach bereiten, denn zu der Erbmasse zählt auch ein von seinem Vater den Indianern abgekauftes Landstück mit Namen Nootka Sound, das seiner strategischen Lage nach sowohl das Interesse der East India Company als auch der britischen Krone weckt. Den großzügigen Angeboten zum Trotz will Delaney aber mitnichten verkaufen und weiß sehr wohl um die Bedeutung des Landes, womit er sich prompt zwei mächtige Gegner schafft, während alsbald auch die Amerikaner an ihn herantreten, ist Nootka Sound für sie schließlich von nicht minder großer Bedeutung. Delaney allerdings versteht sich vorzüglich darauf, die Parteien nicht nur gegeneinander auszuspielen und seine eigenen Ziele zu verfolgen, sondern auch, sich mit einem mystifizierenden Ruf zu umgeben, denn bald machen Gerüchte die Runde, er stünde mit der Geisterwelt in Kontakt, könne in die Köpfe der Menschen sehen und gemessen an seiner Weitsicht und seinem Scharfsinn scheint es tatsächlich oft so, als wisse Delaney mehr, als ihm möglich sein dürfte. So viel verborgenes Wissen er aber auch erworben haben mag, ist es doch zuvorderst seine eigene Vergangenheit, um die sich mehr als nur ein paar Geheimnisse ranken…

Rezension:

Nachdem nun die BBC One Serie Taboo seit Ende März Amazon Prime zum Dank bereits über die Bildschirme flimmert und nun seit dem vorgestrigen Tag auch auf DVD und Blu-ray den Einzug im Heimkino halten kann, wird es Zeit, mich dieser un- wie außergewöhnlichen Historienserie einmal ausgiebiger zu widmen, deren größtes Rätsel es mitunter sein dürfte, welchem Genre man sie denn überhaupt zurechnen sollte, denn auch wenn es sich vordergründig um ein historisches Drama handeln mag, wirken hier doch viele Aspekte von Geister- und Mystery-Geschichten mit hinein, ohne dass man tatsächlich die Anwesenheit einer übersinnlichen Macht postulieren könnte, denn in der Beziehung bleibt die Serie erfreulich vage und lässt selbst die handelnden Figuren Fragen aufwerfen, die genau auf die Diskrepanz dessen abzielen, was Hauptfigur James Delaney zu verkörpern vorgibt, denn man weiß nie genau, ob es Hirngespinste und drogeninduzierte wie gleichsam aus traumatischen Ereignissen erwachsene Alpträume sind, die ihn umtreiben, oder ob er wirklich in Kontakt mit einer Art Geisterwelt steht. Dergestalt allein schon beschreitet Taboo entsprechend einen ungewohnten Weg und kommt ungleich düsterer und fatalistischer daher als vergleichbare Historienserien wie man sie insbesondere von der BBC gewohnt sein dürfte.

Szenenbild aus Taboo | © Concorde
© Concorde

Ausgehend von der Hauptfigur ist auch das ihn umgebende London des Jahres 1814 ungemein trist und dreckig, bedrohlich, heruntergekommen und düster gehalten, wohingegen im krassen Gegensatz dazu natürlich die Räumlichkeiten der East India Company wie auch des Prinz-Regenten an Pomp und Opulenz kaum zu überbieten sind, was allein schon optisch eine immense Kluft suggeriert, wenn man sich dabei vor Augen führt, dass die gesamte Handlung in ein und derselben Stadt zu verorten ist. Klipp und klar auf den Punkt gebracht, sieht man der Staffel schlichtweg an, dass sie die immense Summe von 10 Millionen Pfund verschlungen hat, denn Ausstattung, Kostüme, Set-Design und Effekte rangieren auf höchstem Niveau und auch hier ist das Prädikat einer filmreifen Inszenierung nicht von der Hand zu weisen, wobei zugegebenermaßen Freunde "klassischer" Kostüm-Dramen wie jüngst Victoria – "nur" 23 Jahre später angesiedelt, aber die Kluft ist immens – hier eher nicht auf ihre Kosten kommen, denn auch wenn Taboo sicherlich vorrangig als Drama daherkommt, geht es hier doch auch schon mehrfach heftiger zur Sache und prunkvoll wird es eigentlich nur bei den "Bösen", wenn man sich darauf einlassen kann, den bewusst ambivalent wie undurchsichtig-skrupellos als Antiheld inszenierten Delaney als "Guten" zu akzeptieren, was mehr als schwer fallen dürfte bei so einigen Aktionen seiner Figur.

So lebt diese Serie von ihren Grauschattierungen und im Grunde ist niemand frei von Schuld, wie auch Delaney selbst postuliert, denn der scharrt schon nur bewusst Leute um sich, die seiner Ansicht nach die Verdammnis verdient hätten. Nun ist der Name Delaney ja schon mehrfach gefallen und folglich wird es allerhöchste Zeit, einmal Serienschöpfer und Hauptdarsteller Tom Hardy zu loben, denn mit welch immenser, nicht nur physischer Präsenz er hier den düster dräuenden Delaney gibt ist einfach ganz großes Kino und vom ersten Moment an schlägt diese ungemein vielschichtige und doch so undurchschaubar bleibende Figur in ihren Bann, irritiert und erschreckt, fasziniert in jedem Moment, völlig gleich, ob er den nächsten Coup seines scheinbar bis in die kleinsten Details geplanten Rachefeldzugs gegen die East India Company plant, von der Heimsuchung von Geistern und speziell seiner Mutter fabuliert oder in fremden Zungen redet und dem Gefühl nach schamanistische Rituale praktiziert (derweil es sich bei den "fremden Zungen" eigentlich um Twi handelt, einen aus Westafrika stammenden Dialekt der Akan, wie die IMDb verrät). Entsprechend meiner Begeisterung für seine Rolle ist auch schon klar, wie mir die Serie grundsätzlich gefallen hat, denn obgleich es noch viele weitere handelnde Figuren gibt, auf die ich auch gerne noch zu sprechen kommen möchte, steht und fällt Taboo im Grunde mit der Akzeptanz und der eigenen Meinung zu Hauptfigur Delaney, auf deren Schultern des gesamte, nicht gerade überschaubare Story-Konstrukt ruht. Entsprechend der verschachtelten und vielschichtigen Ausgestaltung der Geschichte muss man sich aber auch darüber im Klaren sein, dass die erste Folge Episode 1 (1.01) im Grunde kaum mehr als einen mehr als fünfzigminütigen Teaser darstellt, denn so richtig begreifen kann man hier noch nicht so viel und bleibt im Grunde selbst bezüglich der eigentlichen Handlung der Geschichte, geschweige denn der Beweg- und Hintergründe zu Delaney Rückkehr im Dunkeln, wobei sich dieser Nebel auch erst im Verlauf der insgesamt achtteiligen Staffel langsam auflösen wird.

Szenenbild aus Taboo | © Concorde
© Concorde

Diesbezüglich allerdings hat mir auch sehr gut gefallen, dass man hier als Zuschauer weder bevormundet noch für dumm gehalten wird, so dass viele Zusammenhänge nicht bis ins letzte Detail erklärt werden oder auch nur müssten und sich aus dem Gezeigten wie nebenbei erschließen, was die Annahme einer gewissen Mündigkeit suggeriert, die mir doch in vielen Serien oft zu kurz kommt, wenn dann noch das letzte Quäntchen Überraschungsmoment bis zum Erbrechen zerredet wird, damit es auch der letzte Idiot versteht. So braucht man sich angesichts der beinahe Horrorfilm-artigen Traum-Einsprengsel gar keine allumfassende Auflösung erwarten, weiß zum Ende der Staffel aber trotzdem explizit, welche Geister im wortwörtlichen wie übertragenen Sinne Delaney umtreiben. Doch auch ansonsten bleibt einiges im Verborgenen, wie allein schon Delaneys fragwürdige "Kräfte", was natürlich der bereits angekündigten zweiten Staffel sehr zugute kommt, bei der ich zugegebenermaßen ein wenig skeptisch bin, denn die Geschichte wird hier zu einem doch überraschend runden und in vielen Belangen endgültigen Abschluss gebracht, weshalb auch diesmal erst die Zeit wird zeigen können, ob man Taboo nicht besser als in sich geschlossene Miniserie hätte belassen sollen. In dieser Hinsicht allerdings lässt Serienschöpfer und Drehbuchautor Steven Knight hoffen, der angedeutet hat, einen großen Plan zu verfolgen und entsprechend wissen dürfte, wohin die Reise geht, so dass die sich derzeit in Produktion befindliche zweite Staffel eben nicht wie künstlich drangezimmert wirkt, sondern ein hoffentlich homogenes Bild zeichnet.

Szenenbild aus Taboo | © Concorde
© Concorde

Apropos Steven Knight, hat er zwar die Serie mit konzipiert, doch die Idee zu Taboo stammt von Tom Hardy sowie dessen Vater Edward "Chips" Hardy (der sich bei Episode 6 (1.06) ebenfalls am Drehbuch beteiligt hat) und die Geschichte geht, dass Knight eingewilligt habe, die Drehbücher zu verfassen, wenn Hardy Jr. Im Gegenzug die Rolle in No Turning Back übernimmt, was er – wie wir ja alle wissen – auch getan hat. Von dem Traum-Trio Hardy, Hardy, Knight aber einmal abgesehen, wusste man sich für die Serie auch einiger hochkarätiger Darstellerinnen und Darsteller zu versichern und während die aus Game of Thrones bekannte Oona Chaplin als Delaneys Halbschwester Zilpha zu überzeugen versteht und im Laufe der Staffel eine mehr als interessante Wandlung durchläuft, derweil auch für einige der verstörendsten Szenen verantwortlich zeichnet, haben es mir speziell David Hayman als Delaneys Hausdiener Brace sowie Jessie Buckley als Lorna Bow schnell angetan gehabt, zumal ich bei Buckleys Part schon das Schlimmste befürchtete, tritt selbige schließlich überraschend als Frau von Delaneys Vater in Erscheinung und meldet unerwartete Erbansprüche an, was in der Grundtonalität einem doch ziemlich ausgelutschten Klischee entspricht, doch sie mausert sich tatsächlich zu einer sehr sympathischen und überzeugenden Figur.

Szenenbild aus Taboo | © Concorde
© Concorde

Davon abgesehen sind es aber speziell die vornehmlich Bösen, allen voran Jonathan Pryce (In guten Händen) als Stuart Strange sowie Jason Watkins als Solomon Coop, die mit ihren charismatisch-durchtrieben ausgestalteten Figuren eine Abart von Sympathie erzeugen, während ich persönlich mich auch sehr über die Beteiligung von Steven Graham gefreut habe, den ich schon als Al Capone in Boardwalk Empire sehr gemocht habe. Eine letzte große, regelrechte Überraschung aber ist der weithin nicht nur als Mycroft Holmes bekannte Mark Gatiss (Sherlock) in der Rolle des Prince Regent, denn der ist tatsächlich kaum bis gar nicht wiederzuerkennen und gibt eine regelrecht verstörende Erscheinung ab. Dergestalt könnte ich noch lange weiter machen, würde mich an dieser Stelle aber damit begnügen, zumindest noch Franka Potente erwähnt zu haben, die hier als gebürtig aus Deutschland stammende Helga in reichlich desolatem Zustand in Erscheinung tritt und überraschend gut in der ungewohnten Rolle funktioniert, wenn diese auch letztlich weit weniger Bewandtnis hat, als man das vielleicht zunächst meinen würde. Nicht zuletzt der Besetzung wegen ist Taboo in der Summe meines Erachtens nach eine überaus lohnenswerte und überzeugend produzierte Serie, die zwar mit allerhand Genre-Versatzstücken kokettiert, dabei aber auch jederzeit den vielschichtig-durchdachten Plot vorantreibt und eine in meinen Augen ziemlich einzigartige Mischung offeriert, die zwar insbesondere aufgrund des düsteren Looks, der zuweilen eher behäbigen Erzählweise und dem fordernden Geschichtskonstrukt nicht überall auf Gegenliebe stoßen wird, dem einen zu sehr Drama, dem anderen zu sehr Horror, wieder anderen schlichtweg zu undurchsichtig ist, doch wer solch ungewöhnlichen Projekten etwas abgewinnen kann und bereit ist, sich auf diese Mär von Historiendrama zu begeben, der sollte mit bester Meinung aus der Sache herausgehen, nicht zuletzt deshalb, weil man nicht nur Hardy zu jedem Moment das Herzblut anmerkt, das er in diese Geschichte hat fließen lassen.

Fazit & Wertung:

Die von Tom und Chips Hardy gemeinsam mit Steven Knight konzipierte und produzierte erste Serienstaffel von Taboo kommt zunächst wie ein reichlich düsteres Historiendrama daher, doch die zunehmenden Horror-Elemente und der Hauch des Übersinnlichen, ebenso wie der sich gemächlich entfaltende Rache-Plot um den mysteriösen, von Tom Hardy verkörperten James Delaney machen aus der BBC-Produktion ein ganz und gar einzigartiges, ungemein atmosphärisches Projekt, das mit kaum etwas zu vergleichen sein mag, in Anbetracht der inszenatorischen Qualität aber auch keinerlei Vergleich scheuen bräuchte.

9 von 10 alptraumhaften Visionen und Erinnerungsfetzen

Taboo | Staffel 1

  • Alptraumhafte Visionen und Erinnerungsfetzen - 9/10
    9/10

Fazit & Wertung:

Die von Tom und Chips Hardy gemeinsam mit Steven Knight konzipierte und produzierte erste Serienstaffel von Taboo kommt zunächst wie ein reichlich düsteres Historiendrama daher, doch die zunehmenden Horror-Elemente und der Hauch des Übersinnlichen, ebenso wie der sich gemächlich entfaltende Rache-Plot um den mysteriösen, von Tom Hardy verkörperten James Delaney machen aus der BBC-Produktion ein ganz und gar einzigartiges, ungemein atmosphärisches Projekt, das mit kaum etwas zu vergleichen sein mag, in Anbetracht der inszenatorischen Qualität aber auch keinerlei Vergleich scheuen bräuchte.

9.0/10
Leser-Wertung 9/10 (1 Stimme)
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Meinungen aus der Blogosphäre:
Singende Lehrerin: "Unbedingt sehenswert"

Episodenübersicht: Staffel 1

01. Episode 1 (8,5/10)
02. Episode 2 (8,5/10)
03. Episode 3 (8,5/10)
04. Episode 4 (9/10)
05. Episode 5 (9/10)
06. Episode 6 (9/10)
07. Episode 7 (9,5/10)
08. Episode 8 (9,5/10)

 

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Taboo | Staffel 1 ist am 13.04.17 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Concorde erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

The post Review: Taboo | Staffel 1 (Serie) appeared first on Medienjournal.

Review: Anna Karenina (Film)

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Da könnt ihr heute mal sehen, mit welchem Vorlauf ich zumindest bei den Film-Kritiken agiere, denn im vorletzten Monatsrückblick – also dem für April – hatte ich angedeutet, diesen Film nun endlich auch gesehen zu haben und – zack – da kommt nun auch schon prompt die Review, kaum fünf Wochen später.

Anna Karenina

Anna Karenina, UK 2012, 129 Min.

Anna Karenina | © Universal Pictures
© Universal Pictures

Regisseur:
Joe Wright
Autoren:
Tom Stoppard (Drehbuch)
Leo Tolstoi (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Keira Knightley (Anna Karenina)
Jude Law (Karenin)
in weiteren Rollen:
Aaron Taylor-Johnson (Vronsky)
Kelly Macdonald (Dolly)
Matthew Macfadyen (Oblonsky)
Domhnall Gleeson (Levin)
Ruth Wilson (Princess Betsy Tverskoy)
Alicia Vikander (Kitty)
Olivia Williams (Countess Vronsky)
Emily Watson (Countess Lydia Ivanova)

Genre:
Drama | Historie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Anna Karenina | © Universal Pictures
© Universal Pictures

Russland in den 1870er Jahren, St. Petersburg: Als Anna, Gemahlin des Regierungsbeamten Alexei Karenin, von ihrem Bruder Oblonsky nach Moskau gerufen wird, um die von seiner untreue verursachten Wogen in seiner Ehe zu Dolly zu glätten, lässt sie erstmalig ihren über alles geliebten Sohn Serhoza daheim zurück. Unterdessen befindet sich auch Oblonskys Freund Levin in der Stadt und nimmt allen Mut zusammen, die von ihm angebetete Kitty zu umwerben – ihrerseits jüngere Schwester von Dolly – doch die ist wiederum mit dem Offizier Vronsky verbandelt und lehnt Levins Heiratsantrag ab. Als Anna allerdings Vronsky kennenlernt, fliegen prompt die Funken und Kitty muss erkennen, dass es der Offizier mit ihr nicht längst so ernst gemeint hat wie andersherum. Die Verbindung zwischen Anna und Vrosnky bleibt allerdings nicht lange unbemerkt und kommt alsbald auch Alexei zu Ohren, der seine Frau eindringlich davor warnt, Ehebruch zu begehen und damit ihre gesellschaftliche Stellung, ihre Ehe, vor allem aber die Verbindung zu ihrem Sohn zu gefährden…

Rezension:

Gute drei Jahre harrte die Blu-ray von Anna Karenina in der Schublade ihrer Sichtung und stellenweise glaubte ich, womöglich niemals Zeit und Muße zu finden, dieser dritten Literaturverfilmung von Joe Wright unter Mitwirkung von Keira Knightley (nach Stolz und Vorurteil und Abbitte) meine Aufmerksamkeit zu schenken und entsprechend froh bin ich nun, dem im selben Maße eigenwillig wie auch einzigartig inszenierten Film eine Chance gegeben zu haben, denn Wright geht hier nicht den einfachen Weg, ein historisches Drama vor opulenter Kulisse zu inszenieren, sondern nimmt stattdessen das Wort "Kulisse" wörtlich und siedelt seine Variation des Tolstoi‘schen Klassikers gleich auf einer Theaterbühne an, wobei er ebenso den vorgelagerten Saal wie auch die Hinterzimmer zu nutzen versteht und seine Akteure bei sich verschiebenden Kulissen von einem Ort zum anderen schickt und manch großartige Plansequenz kreiert, auch wenn hier die Schnitte nicht unbedingt so geschickt verborgen werden wie beispielsweise bei Birdman, doch tut das dem ungewöhnlichen Flair keinen Abbruch und mit entsprechend viel Verve und Faszination startet der Reigen um Liebe, Leid und Lust.

Szenenbild aus Anna Karenina | © Universal Pictures
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Theoretisch hätte sich Anna Karenina für mich zu schnell zu einem Lieblingsfilm entwickeln können, zumal ich ja bekanntermaßen ein großer Fan von Keira Knightley (Can A Song Save Your Life?) bin und sie sich in ihrer Darstellung der namensgebenden Hauptfigur nicht vor anderen Akteurinnen verstecken braucht, welche die Rolle bereits innehatten, doch während auch Jude Law (Side Effects) einen unerwartet sympathischen Karenin gibt und in seiner vergleichsweise spärlichen Leinwandzeit vollends überzeugt, ist es ausgerechnet der von Aaron Taylor-Johnson (Godzilla) verkörperte Vronsky, dessen Figur in meinen Augen nicht immer funktioniert und in seiner Art einerseits schmierig, andererseits berechnend wirkt, was nicht gerade eben die Faszination greifbar macht, die Anna vom ersten Moment an für ihn empfindet und dieser Umstand, gepaart mit seiner oft offensiven Wortlosigkeit, lassen die Figur ein wenig unnahbar wirken und entsprechend funktioniert auch die doch so leidenschaftliche Beziehung der beiden nur mäßig gut, wobei sich Kameramann Seamus McGarvey nach Kräften müht, mit einfallsreichen Einstellungen über mangelnde Chemie zwischen den beiden Hauptfiguren hinwegzutäuschen, der hier sowieso teils Fabulöses abliefert und seinerzeit die Oscar-Nominierung völlig zurecht bekommen hat.

Wo aber die zentrale Liebesgeschichte nicht immer so funktioniert, wie man sich das hätte wünschen können, macht Anna Karenina auf den Nebenschauplätzen einiges wett und nicht zuletzt Matthew Macfayden (Ripper Street) als Oblonsky wusste mich wieder einmal schwer zu begeistern, während natürlich auch Kelly Macdonald (Boardwalk Empire) als dessen Frau Kelly überzeugt. Weitaus spannender aber noch ist die sich parallel entwickelnde Liebesgeschichte zwischen Levin und Kitty, die hier nicht nur ungewöhnlich viel Platz eingeräumt bekommt, sondern mit Domhnall Gleeson und Alicia Vikander (die zwei Jahre später in Ex Machina erneut aufeinandertreffen sollten) auch noch ganz wunderbar besetzt ist und mit den zaghaften Annäherungsversuchen gleich mehrere intime Szenen kreiert, die einen sehr schön austarierten optimistischen Gegenpol zu der zunehmend tragischer werdenden "Hauptgeschichte" bilden. Einhergehend mit dem sich zuspitzenden Drama allerdings scheint Wright zuweilen auch die virtuose Inszenierung zu vergessen und der gesamte Aspekt der künstlichen Kulissen und der unterschwellig durchscheinenden Theaterbühne gerät vermehrt in den Hintergrund, was das Setting ein wenig inkonsistent erscheinen lässt.

Szenenbild aus Anna Karenina | © Universal Pictures
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Das fällt nun nicht wahnsinnig störend ins Gewicht und überhaupt ist es die zunehmend wankelmütigere, aufgebrachte Anna, die hier einen Großteil der Szenen dominiert und den echauffierten Gegenpol zu ihren bewusst zurückhaltend gezeichneten männlichen Konterparts gibt, doch scheinen eben zu diesem Zeitpunkt des Films so Spielereien, wie eine lange Zugfahrt mithilfe einer sich durch verschneite Landschaften schiebenden Spielzeug-Eisenbahn zu visualisieren, hier längst in Vergessenheit geraten zu sein, während natürlich gerade im letzten Drittel die Chemie Vronsky und Anna zwingend hätte funktionieren müssen, um restlos zu überzeugen und da muss man leider kleine Abstriche in Kauf nehmen. Dessen ungeachtet handelt es sich aber sicherlich um eine der besseren Verfilmungen und eine insbesondere optisch eigenständige Version des Klassikers, die man als Fan der Werke von Wright oder auch der Filme mit Knightley gesehen haben sollte, zumal sich der Film in seiner eigenwilligen Inszenierung auch noch gekonnt von einschlägigen Historien-Dramen emanzipiert und einen frischen Ansatz für das teils schwere Thema findet.

Fazit & Wertung:

Mit Anna Karenina gelingt Joe Wright eine überzeugende Adaption des Klassikers von Leo Tolstoi, die sich vor allem durch den Aspekt von anderen Verfilmungen abhebt, dass er die Geschichte gleich auf einer Theaterbühne ansiedelt und damit eine unterschwellige Meta-Ebene bedient, ohne dass das sich entspinnende Drama auf emotionaler Ebene darunter zu leiden hätte. Während man aber sagen kann, dass der Film bis in die kleinsten Rollen formidabel besetzt worden ist, entpuppt sich ausgerechnet Aaron Taylor-Johnson als Vronsky als Schwachstück in dem Ensemble, weshalb Wright gut dran getan hat, sich nicht lediglich auf die Romanze zwischen ihm und Anna zu konzentrieren.

8 von 10 heimlichen Treffen

Anna Karenina

  • Heimliche Treffen - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Mit Anna Karenina gelingt Joe Wright eine überzeugende Adaption des Klassikers von Leo Tolstoi, die sich vor allem durch den Aspekt von anderen Verfilmungen abhebt, dass er die Geschichte gleich auf einer Theaterbühne ansiedelt und damit eine unterschwellige Meta-Ebene bedient, ohne dass das sich entspinnende Drama auf emotionaler Ebene darunter zu leiden hätte. Während man aber sagen kann, dass der Film bis in die kleinsten Rollen formidabel besetzt worden ist, entpuppt sich ausgerechnet Aaron Taylor-Johnson als Vronsky als Schwachstück in dem Ensemble, weshalb Wright gut dran getan hat, sich nicht lediglich auf die Romanze zwischen ihm und Anna zu konzentrieren.

8.0/10
Leser-Wertung 3/10 (1 Stimme)
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Anna Karenina ist am 11.04.13 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Universal Pictures erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

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Blu-ray:

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Review: Hacksaw Ridge – Die Entscheidung (Film)

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Reden wir heute mal wieder über einen ziemlich großartigen und vergleichsweise aktuellen Film, der jüngst auch für das Heimkino erhältlich ist und mich in seiner Inszenierung ganz schön beeindruckt hat.

Hacksaw Ridge
Die Entscheidung

Hacksaw Ridge, AU/USA 2016, 139 Min.

Hacksaw Ridge - Die Entscheidung | © Universum Film
© Universum Film

Regisseur:
Mel Gibson
Autoren:
Robert Schenkkan
Andrew Knight

Main-Cast:
Andrew Garfield (Desmond Doss)

in weiteren Rollen:
Sam Worthington (Captain Glover)
Luke Bracey (Smitty Ryker)
Teresa Palmer (Dorothy Schutte)
Hugo Weaving (Tom Doss)
Rachel Griffiths (Bertha Doss)
Vince Vaughn (Sgt Howell)

Genre:
Biografie | Drama | Krieg | Historie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Hacksaw Ridge - Die Entscheidung | © Universum Film
© Universum Film

Desmond Doss hat nicht gerade das, was man eine unbeschwerte Kindheit nennt und leidet mit seinem Bruder Hal gemeinsam unter den Wutausbrüchen ihres Vaters Tom, einem Kriegsveteranen und Alkoholiker. Ungeachtet dessen, was der Krieg mit seinem Vater aber angestellt hat, ist Desmond überzeugter Patriot und sieht sich in der Pflicht, seinem Land zu dienen, obwohl sein Glaube es ihm verbietet, eine Waffe auch nur in die Hand zu nehmen, zumal er speziell das Gebot "Du sollst nicht töten" unter keinen Umständen zu brechen bereit ist. Entsprechend stößt der junge Mann allerdings beim Militär prompt auf Unglaube und Abneigung, ist der Dienst an der Waffe schließlich bereits Teil der Grundausbildung und es schert seine Vorgesetzten wie etwa Captain Glover oder Sergeant Howell herzlich wenig, dass er als Feld-Sanitäter seinem Land dienen möchte und dafür nach eigener Auffassung keine Waffe benötigt, was schließlich so weit führt, dass Doss vor dem Kriegsgericht landet. Ungeachtet aller Widrigkeiten erkämpft sich der junge Mann schlussendlich aber seinen Platz bei den Streitkräften und wird im Frühling 1945 an die Front geschickt, um sich auf der japanischen Insel Okinawa an der Steilwand von Maeda beweisen zu können…

Rezension:

Normalerweise liegen (Anti-)Kriegsfilme nun nicht eben im Fokus meiner Aufmerksamkeit, doch nach den Vorschusslorbeeren und Begeisterungsstürmen für Mel Gibsons Hacksaw Ridge – Die Entscheidung war mein Interesse geweckt und spätestens zum kürzlich erfolgten Heimkinostart war es Zeit, ihm meine Aufmerksamkeit zu widmen. Und Gibson liefert, nachdem er lange Jahre von Hollywood geächtet wurde, ein beeindruckendes Comeback ab und schafft es dank der wahren Geschichte um den überzeugten Pazifisten Desmond Doss, der sich wie kein anderer auf dem Schlachtfeld am namensgebenden Hacksaw Ridge verdient gemacht hat, einerseits ein faszinierendes Biopic zu skizzieren, andererseits die Schrecken des Krieges erfahrbar zu machen wie lange nicht mehr, wobei gerade dieser Widerspruch aus den Gräueln des Krieges und Doss‘ unbedingter Weigerung, eine Waffe auch nur in die Hand zu nehmen, eine Faszination für den Stoff sondergleichen entfaltet, zumal es tatsächlich gelingt, diese unglaubliche Geschichte ohne überzogenes Pathos oder triefenden Patriotismus über die Bühne zu bringen.

Szenenbild aus Hacksaw Ridge - Die Entscheidung | © Universum Film
© Universum Film

Dabei liegt der Fokus natürlich immer auf dem von Andrew Garfield (The Amazing Spinder-Man) verkörperten Desmond Doss und Garfield liefert mit seiner gleichermaßen stoischen wie sympathisch-optimistischen Darstellung wohl eine seiner besten Leistungen bisher ab und weiß in der ersten Hälfte des Films den Charakter und die Einstellung seiner Figur trefflich herauszuarbeiten, derweil es der ihm zur Seite gestellten Teresa Palmer (The Choice) lediglich obliegt, Doss‘ Freundin und spätere Frau zu spielen, die natürlich mit Beginn der Grundausbildung beim Militär noch weiter in den Hintergrund rückt als ohnehin schon, so dass dieser Part des Films noch am generischsten geraten ist und nicht eben mit Überraschungen punktet, wobei das aber natürlich auch nicht Anspruch von Hacksaw Ridge gewesen sein dürfte, immerhin aber die Vita der Figur weiter abrundet. Ähnlich verhält es sich mit den Szenen um und mit Desmonds Vater Tom, einem Kriegsveteranen, dem Hugo Weaving hier Gestalt verleiht und mit seiner Darstellung durchaus im Gedächtnis bleibt, den Vater als zornigen, cholerischen, in sich gekehrten, desillusionierten, aber auch verletzlichen, bereuenden Mann darstellt und damit aus den vergleichsweise wenigen Minuten Screentime ein Höchstmaß an emotionaler Wucht generiert.

Besonders erwähnenswert aber ist auch, dass sich Hacksaw Ridge mit seinen über zwei Stunden Laufzeit in zwei große Teile gliedern lässt, denn bis es in Richtung Schlachtfeld geht, gilt es natürlich erst einmal, die Figur Desmond Doss und dessen Grundausbildung beim Militär zu etablieren, wobei die Anfeindungen, denen sich der Siebente-Tags-Adventist ausgesetzt fühlt, schon für sich genommen emotional zu überzeugen wissen und sehr schön herausgearbeitet wird, auf wie viel Unverständnis und Unglaube der junge Mann trifft, von einem System, das sich in dessen Kern im Grunde rein aufs Töten fokussiert, womit niemand so recht verstehen kann, was Doss dazu bewegt hat, sich freiwillig zu verpflichten, obwohl er sich doch weigert, eine Waffe in die Hand zu nehmen, was so weit geht, dass ihm eine Anklage vor dem Kriegsgericht droht, legt man ihm diese Einstellung schließlich als Befehlsverweigerung aus. Hier wissen ebenso sehr Sam Worthington (Kampf und Zorn der Titanen) als Captain Glover sowie speziell Vince Vaughn als Sergeant Howell zu überzeugen und zeichnen ein ebenso differenziertes Bild der widerstreitenden Gefühle zwischen unverhohlener Abneigung und Missbilligung sowie meistenteils unterdrücktem Mitgefühl und Verständnis, wissen sie schließlich ebenso wenig, was sie von Doss‘ Einstellung zu halten haben und wie sie damit umgehen sollen.

Szenenbild aus Hacksaw Ridge - Die Entscheidung | © Universum Film
© Universum Film

Ist Hacksaw Ridge aber schon in dieser ersten Hälfte ein packender und spannender Film, entfaltet sich seine volle Wucht natürlich erst in der zweiten Hälfte, die sich dem eigentlichen Kriegsgeschehen am Hacksaw Ridge widmet und hier ist Gibson ein inszenatorischer Coup sondergleichen geglückt, denn selbst als Zuschauer hat man hier das Gefühl, plötzlich würden sich alle Gräuel und Leiden der Hölle über das Schlachtfeld ergießen, was mit Wucht und Verve auf die Leinwand gebracht wird. Ganz Gibsons‘ Ruf folgend sind die Szenen unverhohlen brutal und schockierend, Zartbesaitete dürften sich mehr als einmal abwenden müssen, doch ist Krieg eben auch genauso roh, brutal und unerbittlich wie dargestellt, zumal zu keinem Zeitpunkt das Gefühl aufkommt, die Gewalt würde zelebriert oder zu reinem Selbstzweck in dieser drastischen Machart bebildert. Und inmitten dieser Schrecken wirkt Doss in seiner manischen Art, mehr und mehr Menschen vom Schlachtfeld zu schaffen, wie ein Mensch gewordener Fanal der Hoffnung, wobei es für mich persönlich mitunter am erstaunlichsten war, dass sich das in dieser zweiten Hälfte dem Grunde nach simple Konzept nicht totzulaufen droht und man sich selbst bei anhaltenden Kriegshandlungen wie gebannt in den Sessel gedrückt fühlt.

Fazit & Wertung:

Mit Hacksaw Ridge – Die Entscheidung liefert Mel Gibson ein beeindruckendes Portrait des überzeugten Pazifisten Desmond Doss ab, der am Hacksaw Ridge die unglaubliche Summe von 75 Soldaten vor dem Tod auf dem Schlachtfeld gerettet hat und vermag tatsächlich, pathetische Darstellungen weitestgehend zu vermeiden. Einzig, dass es sich zuweilen um wirklich starken Tobak handelt, sollte man bei einer etwaigen Sichtung berücksichtigen, zeigt Gibson den Krieg schließlich in all seiner rohen Brutalität.

8,5 von 10 todesmutigen Rettungseinsätzen

Hacksaw Ridge – Die Entscheidung

  • Todesmutige Rettungseinsätze - 8.5/10
    8.5/10

Fazit & Wertung:

Mit Hacksaw Ridge – Die Entscheidung liefert Mel Gibson ein beeindruckendes Portrait des überzeugten Pazifisten Desmond Doss ab, der am Hacksaw Ridge die unglaubliche Summe von 75 Soldaten vor dem Tod auf dem Schlachtfeld gerettet hat und vermag tatsächlich, pathetische Darstellungen weitestgehend zu vermeiden. Einzig, dass es sich zuweilen um wirklich starken Tobak handelt, sollte man bei einer etwaigen Sichtung berücksichtigen, zeigt Gibson den Krieg schließlich in all seiner rohen Brutalität.

8.5/10
Leser-Wertung 9/10 (2 Stimmen)
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Hacksaw Ridge – Die Entscheidung ist am 09.06.17 auf DVD und Blu-ray bei Universum Film erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

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Blu-ray:

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Review: Exodus: Götter und Könige (Film)

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Und der nächste Blockbuster, den es nachzuholen galt und ich bin beinahe genauso enttäuscht wie vom ersten DC-Film letzte Woche Freitag, aber es geht auch bald wieder aufwärts. Bis dahin könnt ihr hier nachlesen, warum mich Ridley Scotts Bibel-Epos nur leidlich zu überzeugen wusste.

Exodus
Götter und Könige

Exodus: Gods and Kings, UK/USA/ES 2014, 150 Min.

Exodus: Götter und Könige | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Regisseur:
Ridley Scott
Autoren:
Adam Cooper
Bill Collage
Jeffrey Caine
Steven Zaillian

Main-Cast:
Christian Bale (Moses)
Joel Edgerton (Ramses)
John Turturro (Seti)
Aaron Paul (Joshua)
Ben Mendelsohn (Viceroy Hegep)
Sigourney Weaver (Tuya)
Ben Kingsley (Nun)

Genre:
Action | Historie | Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Exodus: Götter und Könige | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Rund 1.300 Jahre vor unserer Zeitrechnung regiert Pharao Seti über ganz Ägypten, derweil sich sein Sohn Ramses wie auch Moses, der eine Art Ziehsohn der Familie geworden ist, als dessen Generäle verdingen und Seite an Seite stehen. Eines Tages allerdings wird Moses auf eine Mission geschickt, um immer wieder aufkeimende Sklavenaufstände zu ersticken und im Zuge dessen erzählt ihm Nun, einer der Ältesten, eine schockierende Geschichte, in der er behauptet, Moses sei selbst ein Israelit, der als Neugeborenes vor dem Pharao versteckt worden sei, als der die Tötung aller Erstgeborenen befahl, aus Furcht vor einer Prophezeiung. Moses schenkt dem Gerede kein Gehör, doch nachdem Seti verstorben und Ramses dessen Nachfolger als Pharao geworden ist, erfährt auch dieser von der Geschichte und verbannt Moses. Der überlebt wie durch ein Wunder den Gewaltmarsch durch die Wüste und baut sich alsbald ein bescheidenes, aber glückliches Leben auf, bis zu dem Tag zumindest, als ihm wahrhaftig Gott erscheint und ihm aufträgt, die Israeliten von dem Joch Ramses‘ zu erlösen und in die Freiheit zu führen…

Rezension:

Ridley Scott ist ja nicht erst seit Königreich der Himmel unter anderem bekannt für epische Historien-Geschichten und ganz allgemein bombastische Blockbuster, derweil ich um Exodus: Götter und Könige lange Zeit einen großen Bogen gemacht habe, zumal mir das biblische Thema nicht so zu liegen schien, während allein schon Christian Bale (Auge um Auge) für mich Grund genug war, den Film nie so richtig aus den Augen zu verlieren. Mit entsprechend gemischten Gefühlen ging es schlussendlich doch an die Sichtung, doch sollte sich schnell herausstellen, dass meine anfängliche Skepsis sich doch als begründet erweisen sollte, denn so episch und bombastisch das Geschehen auch sein mag, verlässt sich Scott doch viel zu sehr auf das Ausmaß seiner Materialschlacht, als dass er seinen Figuren wirkliche Bedeutung beimessen würde. Das findet seinen Anfang mit den zwei Hauptfiguren und späteren Rivalen Moses und Ramses, denn so charismatisch sowohl Christian Bale als auch Joel Edgerton (Midnight Special) sein mögen, gibt man ihnen abgesehen von recht rudimentärer Charakterisierung nicht viel an die Hand, womit sie arbeiten könnten, weshalb sie sich oftmals einzig auf ihre durchaus beeindruckende Präsenz verlassen müssen.

Szenenbild aus Exodus: Götter und Könige | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Ansonsten kommt auch der eigentliche Plot, der zur Entzweiung der zwei Brüder im Geiste führt, nur ziemlich holprig in Fahrt, zumal hier ohne tieferen Sinn die Figuren Nun und Joshua eingeführt werden, deren Darsteller Ben Kingsley (Collide) und mehr noch Aaron Paul (The Path) nicht nur unterfordert, sondern regelrecht verschenkt sind, denn beide dieser vermeintlich wichtigen Figuren bekommen auch im weiteren Verlauf nur eine Handvoll Leinwandminuten spendiert, die kaum tiefere Bewandtnis für den Fortgang der Geschichte haben, wenn etwa Pauls Joshua Moses bei seiner Zwiesprache mit Gott beobachtet, ohne dass dies je Konsequenzen hätte. Immerhin, die Art und Weise, wie hier Gott selbst Teil der Handlung wird hat mir durchaus gefallen und punktet mit einem frischen wie treffenden Ansatz, während der hieraus resultierende Ausbruch der einzelnen Plagen nicht nur optisch phänomenal geraten ist und mitunter das Highlight des Films darstellen dürfte.

Dennoch krankt Exodus in vielen Punkten – wie auch bei den Plagen – daran, dass im Grunde jederzeit offenbar ist, wie die Geschichte ihren Fortgang findet, so dass sich Überraschungen weitestgehend erfolglos suchen lassen, was man aber mit einer vielschichtigen, differenzierteren Figurenzeichnung sicherlich hätte übertünchen können. Immerhin Ben Mendelsohn (Slow West) weiß aus seiner vergleichsweise kleinen Rolle als Emporkömmling Hegep erstaunlich viel zu machen und überzeugt wie eh und je, während Edgertons Ramses zumindest in der zweiten Hälfte noch eine Handvoll denkwürdiger Momente spendiert bekommt. Doch demgegenüber wird ausgerechnet Moses und seine Motivation, sein Volk aus Ägypten zu führen, nur mehr unzureichend herausgearbeitet, während sein Leben im Exil in nur wenigen Minuten abgehandelt wird und er dann prompt beschließt, seine Familie zurückzulassen und sich zum Retter des Volkes aufzuschwingen, was schon sehr platt inszeniert worden ist. Überhaupt reiht Scott hier gerne weithin bekannte Versatzstücke aneinander und kupfert teils gar von seinen eigenen Filmen wie etwa Gladiator ab, was nicht gerade dabei hilft, seinem Bibel-Epos die dringend benötigte Eigenständigkeit zu verleihen.

Szenenbild aus Exodus: Götter und Könige | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

So wirkt vieles an Exodus überaus generisch, so fulminant das Setting und speziell die Plagen auch inszeniert worden sein mögen, während auch die Teilung des Meeres allen Regeln des Blockbuster-Kinos folgt und sich rein optisch keine Blöße gibt, doch wird Moses eben auch spürbar zum kampfesmutigen Helden hochstilisiert, werden manche Szenen üppig ausgewalzt, um bloß auf die opulenten Schauwerte verweisen zu können, während sich geschichtlich nicht allzu viel tut. Von der auch bei diesem Film wieder recht laut gewordenen Whitewashing-Debatte ganz zu schweigen, wobei ich Scott schon durchaus glaube, dass sich ein derartiger Monumentalfilm mit unbekannteren Darstellern kaum hätte realisieren lassen, weil bekannte Namen schon ausgeprägte Zugpferde im Film-Business sein können, doch zeigt Exodus auf der anderen Seite eben auch, dass bekannte Namen noch längst kein Garant für einen guten Film sind, ebenso wenig wie ein sicherlich mehr als üppiges Budget, denn Scott versäumt es bei all dem Budenzauber, der Geschichte um Moses einen spürbaren eigenen Stempel aufzudrücken (wie es hingegen Aronofsky mit seiner fantastisch angehauchten Noah-Interpretation getan hat) und verschenkt viele der sich bietenden Chancen, derweil der Film schon während des letzten Drittels Ermüdungserscheinungen zu zeigen beginnt, denn Spannung mag nicht so recht aufkommen, wenn der Ausgang doch längst feststeht. Entsprechend überraschungsarm hangelt sich der Film also von Station zu Station und wird mit kaum etwas längerfristig in Erinnerung bleiben, obschon die Bilder für sich genommen wieder ausnehmend beeindruckend geraten sind.

Fazit & Wertung:

Im Grunde ist Ridley Scotts Exodus: Götter und Könige ein Monumental-Epos wie es im Buche steht und befolgt alle Lehren des auf Opulenz und Bombast gepolten Kinos, vergisst darüber aber beinahe gänzlich, einen eigenen Ansatz für die Geschichte zu finden oder auch nur, sich den prominent besetzten Figuren zu widmen, die beinahe gänzlich zu kaum mehr als puren Stichwortgebern und Klischees verkommen, was der ohnehin schon vergleichsweise überraschungsarmen Geschichte noch zusätzlich Wasser abgräbt.

5,5 von 10 göttlichen Erscheinungen

Exodus: Götter und Könige

  • Göttliche Erscheinungen - 5.5/10
    5.5/10

Fazit & Wertung:

Im Grunde ist Ridley Scotts Exodus: Götter und Könige ein Monumental-Epos wie es im Buche steht und befolgt alle Lehren des auf Opulenz und Bombast gepolten Kinos, vergisst darüber aber beinahe gänzlich, einen eigenen Ansatz für die Geschichte zu finden oder auch nur, sich den prominent besetzten Figuren zu widmen, die beinahe gänzlich zu kaum mehr als puren Stichwortgebern und Klischees verkommen, was der ohnehin schon vergleichsweise überraschungsarmen Geschichte noch zusätzlich Wasser abgräbt.

5.5/10
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Exodus: Götter und Könige ist am 07.05.15 auf DVD, Blu-ray und 3D Blu-ray bei Twentieth Century Fox erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

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Review: Carol (Film)

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Und wir beschließen die Film-Rezensionen diese Woche nach zwei mäßigen bis mittelmäßigen Vertretern mit einem echten Kleinod, das ich nun auch endlich kenne und über das ich euch sehr gerne nun mehr erzählen möchte. Kommt mir gut ins Wochenende, es wird ja schließlich doch wieder viel zu kurz sein.

Carol

Carol, UK/USA 2015, 118 Min.

Carol | © Universum Film
© Universum Film

Regisseur:
Todd Haynes
Autoren:
Phyllis Nagy (Drehbuch)
Patricia Highsmith (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Cate Blanchett (Carol Aird)
Rooney Mara (Therese Belivet)
in weiteren Rollen:
Sarah Paulson (Abby Gerhard)
Jake Lacy (Richard Semco)
Kyle Chandler (Harge Aird)

Genre:
Drama | Romantik | Historie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Carol | © Universum Film
© Universum Film

Im weihnachtlichen New York des Jahres 1952 begegnet Carol Aird der schüchternen wie attraktiven Verkäuferin Therese Belivet und lässt absichtlich ihre Handschuhe im Kaufhaus zurück, um einen Kontakt zu Therese zu fingieren. Der Plan geht auf und Carol und Therese lernen sich kennen, freunden sich an, kommen sich näher, sehr natürlich zum Leidwesen von Carols Ehemann Harge, der ihre frühere Affäre zu ihrer nun besten Freundin Abby noch längst nicht verwunden hat und – anders als Carol – noch nicht einsehen will oder kann, dass ihr ehe am Ende ist. Während Carol mit Therese aus der Stadt verschwindet, beginnt Harge Schritte einzuleiten, um Carol empfindlich zu treffen und vor allem ihre Affäre gegen sie zu verwenden…

Rezension:

Bereits nach wenigen Minuten war mir klar, dass Carol ein besonderer Film werden würde, so einnehmend war die exquisit auf die Leinwand gebrachte Atmosphäre der 50er, so elegisch und elegant die Inszenierung, so intim und bedeutungsvoll jeder Blick und jede Geste. Todd Haynes liefert damit einen auf beste Weise entschleunigten Film ab, der weit mehr mit der goldenen Ära des Films gemein zu haben scheint als die spürbar temporeicheren Werke jüngerer Jahre, was ihn aber auch gegenüber vergleichbaren Werken nachhaltig emanzipiert, fernab des Umstandes, dass hier eine gleichgeschlechtliche Liebe im Mittelpunkt steht, denn ungeachtet dessen, dass die Zustände früher tatsächlich noch weitaus schlimmer waren und ein derartiges "Verhalten" als skandalös, wenn nicht gar verbrecherisch abgestempelt wurde, nutzt Haynes diesen Umstand lediglich als dramaturgische Triebfeder für seinen Reigen, arbeitet ansonsten aber sehr schön heraus, wie normal und natürlich die beiden Damen miteinander agieren und zwar dergestalt, dass er eben nicht explizit die "Normalität" unterstreicht, sondern selbst kein Aufhebens um die Sache macht, was man eleganter kaum hätte lösen können.

Szenenbild aus Carol | © Universum Film
© Universum Film

Entsprechend verzichtet der Regisseur darauf, Carol als Skandalfilm zu inszenieren – eine Versuchung, der weniger fähige Regisseure womöglich eher erlegen wären – und konzentriert sich ganz auf die wechselseitige Beziehung der beiden Frauen zueinander, denn während die namensgebende Carol gewohnt zu sein scheint, zu bekommen was sie will, gibt Therese den deutlich zurückhaltenderen Part und wirkt zunächst scheu, beinahe verschreckt, derweil sie im Verlauf des rund zweistündigen Films eine spürbare Wandlung durchmacht und sich nachhaltig emanzipiert, wenn es darum geht, ihren eigenen Wünschen und Vorstellungen zu folgen und sich nicht länger zugunsten von außen kommender Erwartungen und Ansprüche zu verbiegen gedenkt. Dementsprechend handelt es sich neben der im Vordergrund stehenden, zunehmend dramatischer werdenden Liebesgeschichte im gleichen Maße auch um eine Charakter-Drama sowie nicht zuletzt im Falle von Therese um eine beinahe typische Coming-of-Age-Story vor ungewöhnlichem Hintergrund.

Überhaupt spielt hier das Setting eine nicht gerade unerhebliche Rolle und trägt zu der schwelgerischen, nostalgischen, mancherorts melancholischen Atmosphäre bei, so dass fernab der unaufgeregten Inszenierung durchaus durchscheint, welch ein Skandal das seinerzeit im Jahr 1952 von Patricia Highsmith in wohlweislicher Voraussicht unter dem Pseudonym Claire Morgan veröffentlichte Buch Salz und sein Preis gewesen sein muss, das als Vorlage für den sechsfach Oscar-nominierten Film gedient hat. Bei all den elegischen Bildern, den intimen Miniaturen, den mit viel Feingespür inszenierten Blicken und Begegnungen zwischen Therese und Carol fallen dafür aber auch die emotionalen Ausbrüche weitaus mehr ins Gewicht, wobei es Carol-Darstellerin Cate Blanchett (Knight of Cups) obliegt, in diesen wenigen Momenten gänzlich aus sich herauszukommen und die Fassade der sinnlich-selbstsicheren Femme Fatale abzustreifen, derweil Rooney Mara (The Discovery) die selten Gabe besitzt, ganz ohne Worte eine ganze Bandbreite an Gedanken und Gefühlen zu vermitteln, so dass sich beide Frauen nicht nur hinsichtlich der im Film abgebildeten Romanze vortrefflich ergänzen.

Szenenbild aus Carol | © Universum Film
© Universum Film

Fernab der beiden alles dominierenden Hauptdarstellerinnen weiß zumindest Kyle Chandler (Broken City) sich als Carols Ehemann ein wenig zu profilieren und liefert ein facettenreiches Bild aus Wut, Frustration, (Selbst-)Zweifel und Machtlosigkeit, das ziemlich trefflich die widerstreitenden Gefühlszustände eines dergestalt zurückgewiesenen Mannes einfangen dürfte, wohingegen Sarah Paulson (American Horror Story) eine zwar gewohnt routinierte Leistung abliefert, im Kontext des Films aber keine vergleichbar denkwürdigen oder fordernden Szenen spendiert bekommt. Nur lobende Worte also für Carol, könnte man meinen, doch bei all der inszenatorischen Finesse ist mir das Geschehen in dramaturgischer Hinsicht ein wenig zu zerfasert, zu episodisch gehalten, um restlos begeistern zu können, denn nachdem Carol beschließt, ihrem Heim den Rücken zu kehren und gemeinsam mit Therese eine Art Road-Trip zu starten, ergeht sich der Film ein wenig zu lange in den kleinen Szenen einer nur bruchstückhaft abgebildeten Reise, derweil der ungemein ruhige Erzählton bei aller knisternden Spannung und einer intensiven Atmosphäre leider auch manche kleine Länge mit sich bringt, die den Gesamteindruck zwar nicht merklich trübt, im Rahmen der Besprechung aber nicht unerwähnt bleiben soll.

Fazit & Wertung:

Mit Carol liefert Todd Haynes ein ungemein sensibel und intim gefilmtes Drama ab, das sich bewusst verweigert, als Skandalfilm betrachtet zu werden, so dass die gleichgeschlechtliche Liebe zwischen Carol und Theres nur dahingehend eine Rolle spielt, dass sie den bornierten Figuren der in den amerikanischen 50ern angesiedelten Geschichte ein Dorn im Auge ist. Gemessen an den Ausnahmeleistungen von sowohl Cate Blanchett als auch Rooney Mara hätte sich aus diesem Ansatz ein unumwunden großartiger film zaubern lassen, was auch in Teilen gelingt, doch durch die elegische Erzählweise schleichen sich leider auch leichte, vermeidbare Längen in den dennoch ausgezeichneten Film.

8,5 von 10 heimlichen Treffen

Carol

  • Heimliche Treffen - 8.5/10
    8.5/10

Fazit & Wertung:

Mit Carol liefert Todd Haynes ein ungemein sensibel und intim gefilmtes Drama ab, das sich bewusst verweigert, als Skandalfilm betrachtet zu werden, so dass die gleichgeschlechtliche Liebe zwischen Carol und Theres nur dahingehend eine Rolle spielt, dass sie den bornierten Figuren der in den amerikanischen 50ern angesiedelten Geschichte ein Dorn im Auge ist. Gemessen an den Ausnahmeleistungen von sowohl Cate Blanchett als auch Rooney Mara hätte sich aus diesem Ansatz ein unumwunden großartiger film zaubern lassen, was auch in Teilen gelingt, doch durch die elegische Erzählweise schleichen sich leider auch leichte, vermeidbare Längen in den dennoch ausgezeichneten Film.

8.5/10
Leser-Wertung 0/10 (0 Stimmen)
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Carol ist am 22.04.16 auf DVD und Blu-ray bei DCM im Vertrieb von Universum Film erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

The post Review: Carol (Film) appeared first on Medienjournal.

Review: Sturm des Todes | Giles Kristian (Buch)

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Klasse, den ersten Tag die Woche arbeiten und schon ist Mittwoch, Bergfest quasi – so lob ich mir das und gehe deshalb auch besonders beschwingt an die heutige Buch-Kritik, obwohl ich es gestern nicht mehr geschafft habe, einen Film zu rezensieren.

Sturm des Todes
Die Sigurd-Saga 3

Rise of Sigurd: Wings of the Storm, UK 2016, 432 Seiten

Sturm des Todes von Giles Kristian | © Heyne
© Heyne

Autor:
Giles Kristian
Übersetzer:
Wolfgang Thon

Verlag (D):
Heyne
ISBN:
978-3-453-43826-2

Genre:
Historie | Action | Abenteuer

 

Inhalt:

Norwegen, Anno Domini 785: Noch immer befindet sich Sigurd Haraldarson in fremden Gestaden und verdingt sich unter dem Banner Alriks, um dessen frisch eroberte Burg gegen Jarl Guthrum zu halten, doch verliert Sigurd darüber zu keinem Zeitpunkt sein eigentliches Ziel – die Rache an König Gorm – aus den Augen, weshalb er schlussendlich ein todesmutiges Manöver wagt, um Guthrum auszuschalten, doch auch wenn Sigurd der Meinung ist, er stünde in der Gunst des Allvaters selbst, scheint mittlerweile auch der listenreiche Loki seinen Einfluss auf die Geschicke des jungen Wikingers zu nehmen, was ihn und seine Kampfgefährten Floki und Valgerd in arge Bedrängnis bringt. Unterdessen müssen die Freyja-Maiden, bei denen sich auch Sigurds Schwester Runa befindet, erkennen, dass es womöglich Zeit wird, in die Welt zu ziehen und ihre Bestimmung zu erfüllen…

Rezension:

Mit dem jüngst erschienenen Sturm des Todes hat Autor Giles Kristian seine Sigurd-Saga im dritten Band zu einem würdigen Abschluss gebracht und weiß sich erneut gekonnt in bekannten Fahrwassern zu bewegen, so dass ich einerseits nichts dagegen gehabt hätte, wenn die Geschichte um Sigurd Haraldarson noch länger gedauert hätte, andererseits froh bin, dass es hier zu einem stimmigen Ende kommt, ohne dass der Reihe vorher die Puste auszugehen droht, was bei noch weiteren Bänden die beinahe sichere Folge gewesen wäre. Dem ist ja aber zum Glück nicht so und entsprechend punktet der dritte und finale Band noch einmal mit gehörig Spannung und Flair, kommt vor allem aber deutlich zügiger in Fahrt als sein direkter Vorgänger Winterblut, was zum Teil auch daran liegen mag, dass ich dort das vergleichsweise offene Ende bemängelt habe, was hier nun aber in die Lage versetzt, quasi direkt dort anzuknüpfen, wo wir unsere tapferen Recken verlassen haben, in diesem Fall inmitten der Fehde zwischen Alrik und Jarl Guthrum, die zunächst einmal das Geschehen des Bandes dominieren wird.

»Du bist jetzt reich, Sigurd«, fuhr Olaf fort. »Du hast genug Silber, um eine ordentliche Mannschaft zusammenzustellen.«
»Aber nicht genug, um es mit dem Eidbrecher aufzunehmen«, gab Solmund zu bedenken. Und das stimmte, auch wenn es niemandem gefiel, dies zu hören.
»Ich finde, wir können auch hier auf diesem Hügel bleiben und noch mehr Silber verdienen, indem wir für Alrik kämpfen.« Bjarni hob eine Braue. »Es gibt schlimmere Orte zum Wohnen.«

So mag es zwar ein wenig konstruiert erscheinen, wenn Sigurd in der ersten Hälfte des Bandes gleich mehrfach Spielball fremder Mächte wird und schon glaubt, der Segen des Allvaters Odin habe ihn verlassen, ebenso wie sein schier kometenhafter Aufstieg – der natürlich unabdingbare Voraussetzung für ein erwartungsgemäß fulminantes wie episches Finale ist – teilweise doch sehr gehetzt scheint, doch lässt sich durch das vielzitierte Seiðr – Pendant unserer Vorstellung von Magie – eben vieles erklären, ohne dass Kristian auch hier je ins echte Fantasy-Genre abdriftet und man sich ebenso gut auf die Lesart pures Aberglaubens stützen kann. Davon aber einmal abgesehen, lässt sich der Autor auch für seinen finalen Sturm des Todes genügend Dinge einfallen, die das Lesevergnügen gewohnt kurzweilig und stimmig ausfallen lassen, zumal sich auch hier wieder die Geschichte auf zwei, allerhöchstens drei parallel verlaufende Erzählstränge verlässt und dadurch erstaunlich übersichtlich bleibt.

Je näher man dem Ende kommt, umso häufiger darf man aber auch einen Blick auf König Gorm werfen, der bislang ja eher ein gesichtsloses Schreckgespenst in der Reihe war und das, obwohl er derjenige ist, der für den Tod von Sigurds Familie verantwortlich zeichnet und folglich ausgewiesenes Ziel des rachsüchtigen Wikingers ist. Ansonsten findet Kristian durchaus Gefallen daran, Sigurd nebst Valgerd und Floki als schlagkräftiges Dreiergespann auftreten zu lassen, was ich nur begrüßen kann, handelt es sich schließlich schon seit längerer Zeit um die mitunter spannendsten Figuren der Wikinger-Reihe, wohingegen Olaf und Konsorten diesmal ein wenig kurz kommen, was aber eher mit Aufbau und Struktur der Geschichte zu tun hat und durchaus zu verschmerzen ist. Einzig nicht ganz glücklich war ich mit dem Nebenkriegsschauplatz um Sigurds Schwester Runa, die im Vorgängerband bei den Freyja-Maiden auf einer abgelegenen Insel untergebracht worden ist, denn während die Geschichte eine zwar unerwartete Wendung nimmt, wird sie infolgedessen zugunsten eines halbgaren und wenig vom Hocker hauenden Überraschungseffekts über lange Zeit ausgespart, was sich sicherlich auch eleganter hätte lösen lassen.

Es war ein grauer, regnerischer Tag, als Jarl Guthrum seine Krieger zum ersten Mal gegen die Festung schickte. Fünfzig Männer griffen den östlichen Teil der Palisade an, weitere fünfzig den westlichen Abschnitt, und einhundert Krieger rannten gegen den südlichen Teil. Die meisten von ihnen drängten sich vor dem Tor. Sie kamen mit Leitern und Seilen, hatten jedoch offensichtlich nicht die Absicht, auf die Palisaden zu klettern. Stattdessen kamen sie so nahe, dass Alriks Männer keine Wahl hatten, als ihre Speere zu schleudern und Steine zu werfen. Die meisten spalteten ein paar Schilde oder versetzten Guthrums Männern Schnitte und Platzwunden.

Davon aber einmal abgesehen, bedient sich Giles Kristian in Sturm des Todes auch weiterhin einer lebendigen, bildhaften und für sich einnehmenden Sprache – wofür im Fall der deutschen Übersetzung Wolfgang Thon ebenso viel Lob verdient – und bringt die in Götter der Rache begonnene Geschichte zielstrebig und befriedigend zu Ende, auch wenn das eigentliche Finale abgesehen von einigen unerwarteten Zweckbündnissen und einem Verrat, auf den ich selbstredend nicht näher eingehen möchte, kaum größere Überraschungen bereithält, für alle Beteiligten aber dennoch nicht ohne Opfer vonstattengeht und trotz der aufeinandertreffenden Haarscharen eine gewisse Übersichtlichkeit wahrt, die auch hier dem Lesegenuss zum Vorteil gereicht. Mit einer Fortsetzung des Ganzen derweil ist trotz der offenkundigen Möglichkeit hierzu wohl vorerst nicht zu rechnen, doch bleibt abzuwarten, ob sich der Heyne Verlag nun eventuell anschickt, auch Kristians Raven-Saga ins Deutsche zu übersetzen, handelt es sich schließlich bei der Sigurd-Saga wohl um so etwas wie die Vorgeschichte zu den drei Raven-Bänden, was also hinsichtlich neuer Wikinger-Lektüre durchaus hoffen lässt, spielt Sigurd dort schließlich ebenfalls eine nicht unwichtige Rolle wie mir scheint.

Fazit & Wertung:

Mit Sturm des Todes beschließt Giles Kristian seine Sigurd-Saga mit einem Paukenschlag und offeriert im letzten Drittel genau die finale Auseinandersetzung, auf die das Geschehen seit dem ersten Band zugesteuert hat. Dabei begeistert er auf dem Weg dorthin mit gehörig Flair und abenteuerlichen Wendungen, die zwar zuweilen ein wenig konstruiert wirken, dennoch aber reichlich Unterhaltung versprechen, ganz davon abgesehen, dass Sigurd und seine Wikinger-Schar hier einem mehr denn je ans Herz wachsen.

8 von 10 Anbetungen nordischer Gottheiten

Sturm des Todes

  • Anbetungen nordischer Gottheiten - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Mit Sturm des Todes beschließt Giles Kristian seine Sigurd-Saga mit einem Paukenschlag und offeriert im letzten Drittel genau die finale Auseinandersetzung, auf die das Geschehen seit dem ersten Band zugesteuert hat. Dabei begeistert er auf dem Weg dorthin mit gehörig Flair und abenteuerlichen Wendungen, die zwar zuweilen ein wenig konstruiert wirken, dennoch aber reichlich Unterhaltung versprechen, ganz davon abgesehen, dass Sigurd und seine Wikinger-Schar hier einem mehr denn je ans Herz wachsen.

8.0/10
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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von Heyne. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.

– – –

Sturm des Todes ist am 14.08.17 bei Heyne als Taschenbuch erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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Review: Alias Grace (Serie)

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Kommen wir heute nun also zu der Serie, über die ich eigentlich schon letzte Woche habe sprechen wollen, worauf ich aber zugunsten des "chronologischen Abarbeitens" verzichtet habe, zumal es auf die eine Woche ja nun auch nicht mehr wirklich angekommen ist, hinke ich ohnehin gnadenlos hinterher, insbesondere was die Netflix-Produktionen betrifft, denen ich mich gerne widmen würde. Aber so ist das eben mit dem Überangebot und immerhin ist ja nun jetzt Wochenende und vielleicht schaffe ich es zumindest morgen, in einige Sachen mal wieder reinzuschauen, denn der heutige Tag ist mal wieder für Familie und Geburtstagsfestivitäten reserviert, wie beinahe jedes Wochenende im November/Dezember eines jeden Jahres.

Alias Grace

Alias Grace, CA 2017, ca. 45 Min. je Folge

Alias Grace | © Netflix
© Netflix

Regisseurin:
Mary Harron
Autorinnen:
Sarah Polley
Margaret Atwood (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Sarah Gadon (Grace Marks)
Edward Holcroft (Dr. Simon Jordan)
Rebecca Liddiard (Mary Whitney)
Zachary Levi (Jeremiah Pontelli)
Kerr Logan (James McDermott)
David Cronenberg (Reverend)
Paul Gross (Thomas Kinnear)
Anna Paquin (Nancy Montgomery)
in weiteren Rollen:
Sarah Manninen (Mrs. Humphrey)
Stephen Joffe (Jamie Walsh)
Martha Burns (Mrs. Parkinson)
Will Bowes (George Parkinson)
Michael Therriault (Mr. McDonald)

Genre:
Historie | Drama | Krimi

Trailer:

 

Inhalt:

Im Jahre 1843 wird die damals fünfzehnjährige Grace Marks beschuldigt, gemeinsam mit dem Stallburschen James McDermott den Hausherren Thomas Kinnear und dessen Haushälterin Nancy Montgomery ermordet zu haben. Während McDermott am Galgen endet – nicht ohne noch die alleinige Schuld auf Grace schieben zu wollen – wird Grace zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt. Fünfzehn Jahre später wird der Psychologe Dr. Simon Jordan hinzugezogen, um Grace zu den damaligen Ereignissen zu befragen, da es noch immer einen eingeschworenen Kreis derer gibt, die an Grace‘ Unschuld glauben und auf Begnadigung für die Verurteilte hoffen. Obschon Grace sich nicht an die Ereignisse erinnern kann, lässt sie sich auf die Sitzungen mit Dr. Jordan ein und setzt mit ihrer Kindheit im fernen Irland sowie der Überfahrt nach Kanada ein, um sich allmählich den schicksalsträchtigen Ereignissen auf dem Hof von Thomas Kinnear anzunähern…

Szenenbild aus Alias Grace | © Netflix
© Netflix

Rezension:

Nach The Handmaid’s Tale und Wandering Amanda hat Netflix nun mit Alias Grace auch seine erste Adaption eines Margaret Atwood-Romans im Repertoire, wenngleich es sich originär um eine Serie des kanadischen Senders CBC handelt, die aus der Feder von niemand Anderem und Geringerem als Sarah Polley stammt, die sich zwar schon vor Jahren aus dem Schauspiel-Business zurückgezogen hat, dafür allerdings als Autorin und Regisseurin von beispielsweise Take This Waltz ein Begriff sein könnte. Wie dem aber auch sei, ist es ein Segen, dass die versierte und kluge Polley hier für sämtliche Drehbücher zu den insgesamt Episoden verantwortlich gezeichnet hat, denn so wirkt natürlich auch stilistisch das Geschehen, vor allem aber Sprache, Gedanken und die durchaus von zahlreichen Metaphern versetzte Erzählung wie aus einem Guss. Entsprechend könnte sich Alias Grace durchaus anschicken, in einigen Jahren als Paradebeispiel für eine adäquate und gelungene Buch-Adaption zu gelten, denn auch wenn ich die literarische Vorlage in diesem Fall nicht kenne, wage ich doch zumindest zu beurteilen, dass die zu erzählende Geschichte in den rund viereinhalb Stunden Gesamtlaufzeit weder gehetzt, noch langatmig wirkt und in dramaturgischer Hinsicht durchaus formidabel funktioniert.

Szenenbild aus Alias Grace | © Netflix
© Netflix

Im Kern der Erzählung – der Name verrät es ja bereits – steht in diesem Historien-Drama die junge Grace Marks, die des Mordes an ihrem Hausherrn verurteilt worden ist und nun – Jahre später – von Dr. Simon Jordan aufgesucht wird, der sie zu den vergangenen Ereignissen und ihrer Erinnerung befragt. Während die Geschichte um Grace Marks derweil zwar der Realität entstammt, hat es Dr. Jordan in Wirklichkeit nie gegeben (wohl aber im Buch), doch es wird schnell offensichtlich, weshalb er bereits seitens Atwood "hinzugedichtet" worden ist, denn dergestalt fungiert er nicht nur als Stichwortgeber und Konterpart für Marks‘ Monologe, sondern darf zuweilen auch kritisch nachfragen, gleichermaßen aber auch ein wenig leisen Humor in die Handlung bringen, wenn Grace ihn für seine verschrobene Art oder sein Schamgefühl belächelt. Dabei ist dennoch zu jedem Zeitpunkt deutlich, wer in diesen Gesprächen – besser Befragungen – die Zügel in der Hand hält, was noch verdeutlicht wird dadurch, dass Jordan auf Gedeih und Verderb den Schilderungen seiner Probandin ausgeliefert ist, die mit an ihr inneres Selbst gerichteten Monologen bereits früh deutlich macht, gegenüber dem Arzt nicht die ganze Wahrheit zu erzählen.

Szenenbild aus Alias Grace | © Netflix
© Netflix

So mischen sich gleich zu Beginn des Dramas auch Aspekte und Fragmente eines Mystery-Thrillers in die Erzählung, wird die Geschichte durch Traumsequenzen und teils nur Bruchteile von Sekunden dauernde Einschübe immer wieder aufgebrochen und macht sich das beklemmende Gefühl zunutze, dass sich alsbald einstellt, womit Alias Grace zwar auf den ersten Blick wie ein "typisches" Kostüm-Drama wirkt, es sich in diesem Sujet aber nie so gemütlich macht, dass man sich in eine klischeebehaftete Schmonzette verirrt zu haben glaubt. Dafür sprechen auch das übergeordnete Thema der Serie an sich, aber auch manch überraschend brutale Szene, die allerdings niemals selbstzweckhaft oder effekthascherisch wirkt, sondern eben schlicht und ergreifend die rohe Gewalt der Grace zu Last gelegten Tat unterstreicht, wobei im Grunde lange Zeit wirklich unklar bleibt, ob sie die Tat tatsächlich begangen hat und ob ihre Schilderungen oder die gegen sie gerichteten Anschuldigungen als Lüge enttarnt werden. Die schlussendliche Auflösung des Ganzen wiederum lässt sich schon beinahe ärgerlich früh erahnen, doch wenn dann schließlich die konkrete Offenbarung in der finalen Episode erfolgt, wird zumindest angenehm wenig Aufhebens darum gemacht.

Zu meiner eigenen Betrübnis muss ich aber auch sagen, dass ausgerechnet der letzte Teil der Serie im direkten Vergleich zum Vorangegangenen mehr als deutlich abfällt und mich leider nicht annähernd so zu überzeugen wusste wie das bis dahin ungemein effektiv inszenierte, jederzeit gleichermaßen beklemmende und bedrückende, zu Teilen auch verstörende Schauspiel, dem man hier beizuwohnen das "Vergnügen" hat. Dabei ist es natürlich zuvorderst der vielschichtig und ungemein ernsthaft und gleichermaßen wandlungsfähig agierenden Sarah Gadon (Eine dunkle Begierde) zu verdanken, dass Alias Grace eine derartige Sogwirkung zu entfalten versteht, doch bleiben auch die weiteren Figuren und deren DarstellerInnen in bester Erinnerung, allen voran Kerr Logan als James McDermott und Anna Paquin (True Blood) in einer ganz und gar ungewohnten Rolle als aufstrebende Haushälterin Nancy Montgomery, derweil es Zachary Levi (Chuck) war, der mich in der Rolle des ungemein nuanciert und ungewohnt ernst aufspielenden Hausierers Jeremiah Pontelli am meisten überrascht hat. Nicht unerwähnt bleiben in dem Zusammenhang soll allerdings auch die mir bislang unbekannte Rebecca Liddiard als Grace‘ beste Freundin Mary, die insbesondere die zweite Folge der Serie merklich dominiert.

Szenenbild aus Alias Grace | © Netflix
© Netflix

Fernab der in meinen Augen nur mäßig funktionierenden Final-Episode aber hat Alias Grace leider noch mit einer weiteren Schwäche zu kämpfen, erstreckt sich schließlich die Geschichte von Grace über den Zeitraum von fünfzehn Jahren, beziehungsweise behandelt ihre Jugend bis hin zur Inhaftierung, allerdings als Rückblick aus der fünfzehn Jahre später gelagerten "Gegenwart" der Erzählung. So sehr man sich nämlich bemüht haben mag, Sarah Gadon entsprechend zurecht zu machen, will einen der angebliche Altersunterschied nicht so recht überzeugen. Immerhin ist dieses Vorgehen aber doch allemal besser, als hätte man Grace Marks mit zwei verschiedenen Darstellerinnen besetzt, denn das wäre der Intensität der Erzählung, der Glaubhaftigkeit der Figur, der dem zwielichtigem Treiben innewohnenden Kohärenz doch mehr als abträglich gewesen, sind es schließlich oftmals unscheinbarste Gesten und lediglich verstohlene Blicke, die weit tiefer in das Innenleben der Protagonistin und Erzählerin blicken lassen als das gesprochene Wort, denn so eloquent sie sich auch auszudrücken vermag, so intelligent ihre Beobachtungen sein mögen, wird die Sprache an sich hier mehr denn je im gleichen Maße als Schutzschild wie auch als Machtinstrument gebraucht. Dementsprechend bin ich auch gern bereit, über einen nicht ganz runden Abschluss der Erzählung und die irritierende Alterslosigkeit der Hauptfigur hinwegzusehen, denn von diesen Mängeln einmal abgesehen handelt es sich um hochkarätigstes Fernsehen, das zudem noch den Mut besitzt, die Serie auch wirklich mit der letzten Folge enden zu lassen, ohne sich die Option einer an den Haaren herbeigezogenen Fortsetzung offen zu halten.

Fazit & Wertung:

Auf Basis des gleichnamigen Romans von Margaret Atwood schaffen Drehbuchautorin Sarah Polley und Regisseurin Mary Harron mit Alias Grace eine ungemein stimmige Mini-Serie, deren größter Gewinn allerdings ohne Zweifel Sarah Gadon als Protagonistin Grace Marks ist, welche die ambivalent-undurchsichtige Figur facettenhaft und eindringlich verkörpert. Dramaturgie und Ausstattung tun hierbei ihr Übriges, um das psychologische Historien-Drama zu einem Erlebnis werden zu lassen, auch wenn der straffen Erzählung ausgerechnet im Finale ein Stück weit die Puste auszugehen droht.

8 von 10 fragmentarischen Erinnerungen

Alias Grace

  • Fragmentarische Erinnerungen - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Auf Basis des gleichnamigen Romans von Margaret Atwood schaffen Drehbuchautorin Sarah Polley und Regisseurin Mary Harron mit Alias Grace eine ungemein stimmige Mini-Serie, deren größter Gewinn allerdings ohne Zweifel Sarah Gadon als Protagonistin Grace Marks ist, welche die ambivalent-undurchsichtige Figur facettenhaft und eindringlich verkörpert. Dramaturgie und Ausstattung tun hierbei ihr Übriges, um das psychologische Historien-Drama zu einem Erlebnis werden zu lassen, auch wenn der straffen Erzählung ausgerechnet im Finale ein Stück weit die Puste auszugehen droht.

8.0/10
Leser-Wertung 0/10 (0 Stimmen)
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Episodenübersicht:

Teil 1 (8,5/10)
Teil 2 (8/10)
Teil 3 (8/10)
Teil 4 (8,5/10)
Teil 5 (8,5/10)
Teil 6 (7/10)

 
– – –

Alias Grace ist seit dem 03.11.17 exklusiv bei Netflix verfügbar.

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Review: Brüderschlacht: Die Rosenkriege 4 | Conn Iggulden (Buch)

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Nachdem ich in den vergangenen zwei Wochen der Aktualität geschuldet gleich zwei Mal Star Wars den Vorzug gegeben habe, widme ich mich diesmal nun endlich dem Abschlussband eines mitreißenden Historien-Epos, das zu lesen ich sehr genossen habe.

Brüderschlacht
Die Rosenkriege 4

Wars of the Roses – Ravenspur, UK 2016, 560 Seiten

Brüderschlacht: Die Rosenkriege 4 von Conn Iggulden | © Heyne
© Heyne

Autor:
Conn Iggulden
Übersetzerin:
Christine Naegele

Verlag (D):
Heyne Verlag
ISBN:
978-3-453-42210-0

Genre:
Historie | Drama

 

Inhalt:

Anno Domini, 1470: Nachdem Earl Warwick sich auf die Seite der nach Frankreich vertriebenen Margaret von Anjou geschlagen hat, kehrt er mit einem Heer nach England heim, um Edward IV. zu stürzen und das Haus Lancaster wieder einzusetzen. Edward wiederum unterschätzt die ihm drohende Gefahr und ist sich der Unterstützung des Volkes sicher, während sein Bruder Richard, der Duke von Gloucester mit Schrecken erkennen muss, dass der einst so stolze Recke und tapfere Krieger sich spürbar hat gehen lassen. Schlussendlich sieht sich Edward zur Flucht gezwungen und sucht in Burgund Zuflucht, während der umnachtete Henry VI. von Warwick wieder auf den Thron gesetzt wird. In Frankreich wähnt sich Margaret schon dem Siege nah, doch auch Edward plant seinerseits eine Rückkehr, um erneut mit Waffengewalt seinen Thronanspruch zu untermauern, derweil andernorts unlängst Henry Tudor, der letzte lebende Thronprätendent des Hauses Lancaster, von seinem Onkel gerettet und in Sicherheit gebracht worden ist…

Rezension:

Mit Brüderschlacht: Die Rosenkriege 4 neigt sich wieder eine Ära dem Ende, denn genauso zuverlässig, wie Conn Iggulden alljährlich einen neuen Band seines nun schlussendlich also auf vier Bände angelegten Epos veröffentlicht hat, habe ich mir alljährlich – diesmal allerdings ausgemacht spät – den jeweils neuesten Teil zu Gemüte geführt und mit nicht nachlassender Begeisterung darüber berichtet. Gemessen daran, dass Iggulden mit Darien den Grundstein für ein nicht minder begeisterungswürdiges Fantasy-Epos gelegt hat, fällt der Abschiedsschmerz immerhin nicht so gravierend aus wie befürchtet, zumal man ehrlicherweise sagen muss, dass ein weiterer Band der Reihe auch nicht gutgetan hätte. So fällt doch öfter deutlich auf, dass der Autor zuweilen regelrecht durch die Geschichte hetzt, was damit zusammenhängt, dass dem ersten großen Teil des Buches, der auf das Jahr 1470 datiert, ein zweiter, weitaus straffer und kürzer ausfallender Teil folgt, der einen letzten Zeitsprung ins Jahr 1483 macht und die eigentlichen Rosenkriege zu ihrem schlussendlichen Ende führt.

»Dies wäre eine Gelegenheit, ein wenig guten Willen zu zeigen, Mylord«, rief er hinauf. »Lasst die Vergangenheit ruhen, unsere Väter sind beide begraben. Ihr steht jetzt da, wo ich einst als Earl stand, und Pembroke gehört Euch. Die Jahre gehen dahin, Mylord, und wir können nicht einen Tag oder auch nur eine Stunde zurückholen, um eine bessere Entscheidung zu treffen.« Das Schweigen des Earls machte ihm Mut, zumindest überhäufte der junge Mann ihn nicht mehr mit Flüchen und Drohungen.

Ohne dahingehend spoilern zu wollen, verrät natürlich allein schon der Wikipedia-Artikel zum Thema, welche Ereignisse sich nach einer langen Periode des trügerischen Friedens noch anschließen, doch punktet Iggulden auch hier schlicht und ergreifend wieder mit einer enorm zugänglichen, mitreißenden Schreibe, die die Schwere des Themas leicht vergessen lässt und selten Konfusion aufkommen lässt, was umso erstaunlicher ist, wenn man bedenkt, dass seinerzeit gefühlt jede zweite Person den Namen Edward oder Richard trug. Speziell aus dem zweiten Teil des Buches hätte man derweil sicherlich auch noch einen eigenständigen Band machen können, doch hätte sich dieser Nachfolger zu Brüderschlacht zugegebenermaßen aller Wahrscheinlichkeit nach künstlich gestreckt und aufgebläht angefühlt, so dass ich es persönlich doch sehr begrüße, dass der Autor zugunsten einer stringenten Erzählung manches Ereignis abgekürzt und gestrafft hat, auch wenn die sich innerhalb der Kapitel vollziehenden Zeitsprünge von oft mehreren Monaten manchmal ein wenig irritieren.

Schade ist es natürlich bei Brüderschlacht auch, dass man von nicht wenigen liebgewonnenen Figuren wird Abschied nehmen müssen, doch ist es in den meisten Fällen hier natürlich die Geschichte, die das teils sehr abrupte und oft wenig ruhmreiche Ableben manches Akteurs diktiert, wobei es auch hier wieder eine der Stärken des Buches darstellt, einerseits dem historischen Kontext gerecht zu werden und andererseits glaubhafte Schilderungen oft unglaublicher Wagnisse zu generieren, die speziell im Fall von Edward (IV.) aufzeigen, dass er eben oft mehr Glück als Verstand gehabt hat, während man bei Unkenntnis der zugrundeliegenden Geschichte sehr schön mit einzelnen Parteien und Interessengemeinschaften mitzufiebern vermag, auch wenn sich deren Handlungsstränge mehr als einmal unerwartet in Wohlgefallen auflösen.

Derry Brewer stand neben Warwick und dem König und sah hinab auf die wogende Menge. Auch der Meisterspion war nicht mehr der Mann, der er einst gewesen war. Er ging am Stock und betrachtete die Welt nur noch mit einem Auge. Die Narben an der Stelle des zweiten Auges waren unter einer weichen Lederbinde verborgen. Diese wiederum hatte dort, wo sie am Kopf anlag, die Haare abgerieben, sodass sie an der nackten Haut scheuerte. Warwick überlief es kalt, als er die beiden betrachtete, was Brewer nicht entging. Er wandte den Kopf und spürte den Abscheu des Jüngeren.

In meinen Augen also ein mehr als würdiger, vor allem unbeirrbar konsequenter Abschluss einer ungemein stimmigen Reihe, die zu lesen mir viele Stunden der Spannung und Freude bereitet hat und die ich gerne jedem ans Herz zu legen bereit bin. Fans der ersten Stunde (wie ich) kommen daher meines Erachtens auch bei Brüderschlacht voll auf ihre Kosten, auch wenn es der Geschichte nicht immer zum Vorteil gereicht, dass nach zwei Dritteln eine anderthalb Dekaden spannende Lücke klafft, doch kann man das wohl kaum Iggulden zum Vorwurf machen. Für Quereinsteiger indes ist der Band ohne Zweifel gänzlich ungeeignet, denn so umfassend und weitgreifend die Schilderungen des Autors mancherorts auch sein mögen, baut er charakterlich doch sehr auf den bereits etablierten Figuren der vorangegangenen Bände auf und ist auch um zahllose Querverweise nicht verlegen, die das Ganze als ungemein homogenes, in sich stimmiges und schlüssiges Gesamtwerk erscheinen lassen, das nunmehr immerhin vierzig Jahre englischer Geschichte umreißt, weshalb zu Brüderschlacht aber auch nur der greifen sollte, der sich bereits die drei Vorgänger zu Gemüte geführt hat.

Fazit & Wertung:

Conn Iggulden liefert mit Brüderschlacht: Die Rosenkriege 4 den fulminanten Abschluss seines Historien-Epos und umreißt in gewohnt eloquenter wie kurzweiliger Manier weitere anderthalb Dekaden in den Kriegswirren der Rosenkriege. Hierbei beweist er ausgeprägtes Gespür für Timing und die Bedeutsamkeit einzelner Ereignisse, so dass die Lektüre des immerhin rund 560 Seiten umfassenden Romans wie im Fluge vergeht.

9 von 10 Intrigen gegen die englische Krone

Brüderschlacht: Die Rosenkriege 4

  • Intrigen gegen die englische Krone - 9/10
    9/10

Fazit & Wertung:

Conn Iggulden liefert mit Brüderschlacht: Die Rosenkriege 4 den fulminanten Abschluss seines Historien-Epos und umreißt in gewohnt eloquenter wie kurzweiliger Manier weitere anderthalb Dekaden in den Kriegswirren der Rosenkriege. Hierbei beweist er ausgeprägtes Gespür für Timing und die Bedeutsamkeit einzelner Ereignisse, so dass die Lektüre des immerhin rund 560 Seiten umfassenden Romans wie im Fluge vergeht.

9.0/10
Leser-Wertung 0/10 (0 Stimmen)
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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite des Heyne Verlag. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.

– – –

Brüderschlacht: Die Rosenkriege 4 ist am 11.09.17 als Taschenbuch bei Heyne erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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Review: Elvis & Nixon (Film)

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Den Film, um den es heute gehen soll, hatte ich mir tatsächlich einige Tage, bevor die ersten Vorwürfe in Richtung Kevin Spacey laut wurden, zugelegt und habe nach den vielen und immer neuen Anschuldigungen, dem daraus erwachsenden Skandal, dem fadenscheinigen Statement seitens Spacey und seinem mittlerweile quasi überall geltenden Status als "Persona non grata" lange mit mir gehadert, ob und wie ich mir nun einen Film mit Kevin Spacey überhaupt ansehen, geschweige denn ihn besprechen kann. Letztlich ist es für mich aber die einzig sinnvolle Entscheidung, die jeweiligen Rollen und den Mensch dahinter losgelöst voneinander zu betrachten, aber ich wollte es dann doch einmal kurz thematisiert haben, dass ich mitnichten mit Scheuklappen durchs Leben gehe oder die erhobenen Vorwürfe weniger abscheulich und verurteilenswert finde als irgendjemand sonst, aber es kann – für mich – eben auch kein Weg sein, nun sämtliche Werke zu meiden, an denen eine dergestalt in Verruf geratene Person in irgendeiner Form beteiligt gewesen ist.

Elvis & Nixon

Elvis & Nixon, USA 2016, 86 Min.

Elvis & Nixon | © Universum Film
© Universum Film

Regisseurin:
Liza Johnson
Autoren:
Joey Sagal
Hanala Sagal
Cary Elwes

Main-Cast:
Michael Shannon (Elvis)
Kevin Spacey (Nixon)
in weiteren Rollen:
Alex Pettyfer (Jerry)
Johnny Knoxville (Sonny)
Colin Hanks (Krogh)
Evan Peters (Chapin)
Ashley Benson (Margaret)

Genre:
Komödie | Historie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Elvis & Nixon | © Universum Film
© Universum Film

Um Weihnachten 1970 setzt sich Elvis Presley in den Kopf, als Bundesagent für seine Regierung tätig werden zu wollen und reist zu diesem Zweck nach Washington, um dem Präsidenten persönlich sein Anliegen zu unterbreiten. Kurzerhand findet sich Elvis gemeinsam mit seinem besten Freund Jerry am Tor des Weißen Hauses ein und überreicht einen handgeschriebenen Brief, in dem er wortreich darlegt, weshalb er sich so gut zum verdeckt ermittelnden Bundesagenten eignen würde. Während Elvis‘ Erscheinen beim Personal des Weißen Hauses prompt für reichlich Aufsehen sorgt, hält Präsident Nixon zunächst nicht viel davon, sich mit dem Entertainer und Schauspieler zu treffen und lässt dankend ablehnen. Sowohl aber Elvis‘ Begleiter als auch die PR-Verantwortlichen des Weißen Hauses sind noch nicht bereit, den Plan des Aufeinandertreffens dieser beiden Größen ihrer Zeit bereits aufzugeben…

Rezension:

Ich muss zugeben, dass ich eventuell mit einer etwas falschen Erwartungshaltung an Elvis & Nixon herangegangen bin, denn was mir im Vorfeld vorschwebte, war wohl eher eine Art Kammerspiel, das zu großen Teilen auf das gleichermaßen denkwürdige wie bizarre Zusammentreffen des Politikers und der Pop-Ikone abstellt. Eine Annahme, die durch die vergleichsweise knapp bemessene Laufzeit von nicht einmal 90 Minuten begünstigt wurde, doch handelt es sich bei dem eigentlichen Treffen tatsächlich sozusagen um das "Finale" des Films, den großen Showdown sozusagen, wobei es sich tatsächlich um das humoristische wie darstellerische Highlight der Chose handelt, die sich anschickt, aus einer geschichtlichen Randnotiz einen Spielfilm zu generieren, was ihr leider in der Summe der Teile nur mäßig überzeugend gelingt.

Szenenbild aus Elvis & Nixon | © Universum Film
© Universum Film

Bis es aber zum eigentlichen Aufeinandertreffen kommt, ist es in Elvis & Nixon ein weiter Weg und der King muss regelrecht um seine Audienz beim Präsidenten betteln, der anfänglich so überhaupt nicht angetan ist, dem Musiker seine Zeit zu widmen. Derweil gestaltet es sich allein schon dahingehend nur leidlich spannend, dass man ja im Vorfeld weiß, dass besagtes Treffen zustande kommen wird, doch immerhin begeistert hier Michael Shannon (Nocturnal Animals) einmal mehr mit seiner Interpretation von Elvis, die einerseits irritierend zurückgenommen wirkt, andererseits aber eine gewisse Spleenigkeit, gepaart mit beinahe schon kindlicher Naivität auszeichnet, an welcher der Darsteller sichtlich Freude hat und die im speziell beim Schlagabtausch mit Nixon noch zugutekommen wird.

Kevin Spacey (Der große Crash) hingegen scheint schon optisch nicht die naheliegendste Wahl für Nixon zu sein und ergeht sich auch ansonsten eher darin, Manierismen zum Leben zu erwecken und eine allgemeine Griesgrämigkeit an den Tag zu legen, als der Figur wirklich Charakter und Profil zu verleihen, so dass er die meiste Zeit wie ein satirisch angehauchtes Abziehbild der historischen Figur wirkt. Dadurch ist seine Darstellung aber tatsächlich auch exemplarisch dafür, dass Regisseurin Liza Johnson die meiste Zeit nicht recht zu wissen scheint, ob sie eine beschwingte Komödie, eine handzahme Satire oder eine Art Drama inszenieren möchte, denn während viele Szenen mit leisem Witz zu punkten verstehen, irritieren die Einsprengsel ernsterer Momente mehr, als dass sie dem Geschehen nützen. So entpuppen sich dann auch Colin Hanks (Dexter) und Evan Peters (American Horror Story) in ihrer Funktion der Berater des Präsidenten als enormer Zugewinn für den komödiantischen Aspekt des Film-Projekts und dienen gleichermaßen als erzählerischer Kitt, um die zunächst parallel verlaufenden Handlungsstränge um Elvis und Nixon zusammenzuhalten.

Szenenbild aus Elvis & Nixon | © Universum Film
© Universum Film

Derweil sorgt Alex Pettyfer (Ich bin Nummer Vier) als Elvis‘ Freund Jerry für eine gewisse Erdung, aber auch Ernsthaftigkeit, die nicht so recht zu dem ansonsten so augenzwinkernd dargebrachten Geschehen passen will, wodurch Elvis & Nixon auf narrativer Ebene eben oft ein wenig ziellos, manchmal geradezu beliebig wirkt, während einzelne Episoden wie Elvis‘ Abstecher in ein nahegelegenes Diner nur dazu zu dienen scheinen, die amüsante Episode auf annähernde Spielfilmlänge auszuwalzen. Immerhin kommt dem Werk aber die grundsätzlich vorhandene Spielfreude seines Ensembles sehr zupass und auch die unangepasste Inszenierung ist nicht immer ohne Reiz, derweil man für vieles entschädigt wird, wenn es dann letztlich zum Aufeinandertreffen der namensgebenden Protagonisten kommt, denn sowohl Shannon als auch Spacey laufen hier noch einmal zu Höchstform auf, aber die Frage bleibt trotzdem, ob man aus dieser historischen Anekdote wirklich einen Film hat machen müssen.

Fazit & Wertung:

Liza Johnsons Elvis & Nixon schickt sich an, aus einer historischen Kuriosität einen Spielfilm zu spinnen, der allerdings in letzter Konsequenz trotz seiner kaum 90 Minuten Länge erschreckend wenig Substanz besitzt und einzig und allein auf das Aufeinandertreffen zwischen dem King und dem Präsidenten abzielt, das allerdings nicht annähernd so viel Raum einnimmt, wie man das meinen würde. So ist die Geschichte zwar grundsätzlich charmant und leichtfüßig inszeniert, lässt aber die Frage offen, was genau jetzt eigentlich erzählt werden sollte.

6 von 10 Spleens des King

Elvis & Nixon

  • Spleens des King - 6/10
    6/10

Fazit & Wertung:

Liza Johnsons Elvis & Nixon schickt sich an, aus einer historischen Kuriosität einen Spielfilm zu spinnen, der allerdings in letzter Konsequenz trotz seiner kaum 90 Minuten Länge erschreckend wenig Substanz besitzt und einzig und allein auf das Aufeinandertreffen zwischen dem King und dem Präsidenten abzielt, das allerdings nicht annähernd so viel Raum einnimmt, wie man das meinen würde. So ist die Geschichte zwar grundsätzlich charmant und leichtfüßig inszeniert, lässt aber die Frage offen, was genau jetzt eigentlich erzählt werden sollte.

6.0/10
Leser-Wertung 0/10 (0 Stimmen)
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Elvis & Nixon ist am 21.04.17 auf DVD und Blu-ray bei Universum Film erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

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Review: Free State of Jones (Film)

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Kommen wir heute zu einer Direct-to-DVD-Veröffentlichung jüngeren Datums, die es mir durchaus angetan hat, auch wenn ich zugeben muss, dass sich hier auch einige vermeidbare Schwächen im Skript finden. Immerhin, enttäuscht worden bin ich nicht und in vielerlei Belang gar positiv überrascht. Jetzt kommt mir aber erst einmal gut ins Wochenende, bevor ich mich natürlich auch morgen selbstredend wieder melde.

Free State of Jones

Free State of Jones, USA 2016, 139 Min.

Free State of Jones | © EuroVideo
© EuroVideo

Regisseur:
Gary Ross
Autor:
Gary Ross

Main-Cast:
Matthew McConaughey (Newton Knight)
Gugu Mbatha-Raw (Rachel)
Mahershala Ali (Moses)
Keri Russell (Serena)

Genre:
Biografie | Drama | Historie | Krieg

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Free State of Jones | © EuroVideo
© EuroVideo

Newton Knight, eigentlich ein wenig wohlhabender, dafür umso integrerer Farmer, wird 1862 an der Bürgerkriegsfront als Sanitäter eingesetzt und bekommt tagein, tagaus die Schrecken des Krieges zu spüren. Zunehmend desillusioniert entschließt sich Knight schlussendlich zu desertieren und kehrt zu seiner Frau Serena zurück. Daheim erkennt er, dass auch die einfache Bevölkerung unter der Kriegstreiberei zu leiden hat, dann Südstaaten-Solden ziehen brandschatzend durchs Land und konfiszieren aufs Geratewohl das wenige Hab und Gut der Bauern und Farmer. Er als Deserteur muss letztlich die Flucht antreten und erfährt hierbei Hilfe von der Sklavin Rachel, die ihn unter anderem mit dem entflohenen Sklaven Moses Washington bekannt macht. Wild entschlossen, dem um sich greifenden Unrecht Einhalt zu gebieten, greift Newton schließlich zur Waffe und beginnt gleichsam, die Bevölkerung zu solidarisieren, was schlussendlich so weit führt, dass er und seine Anhänger den "Free State of Jones" ausrufen…

Rezension:

Ein Film wie Free State of Jones, welcher dermaßen auf seine Hauptfigur fokussiert, steht und fällt natürlich mit dessen Darsteller und in dieser Beziehung hat mich Regisseur und Co-Drehbuchautor Gary Ross – der mich vor Jahren mit Die Tribute von Panem – The Hunger Games ja doch ziemlich enttäuscht hat – ein wirklich glückliches Händchen, denn nachdem sich Matthew McConaughey (Interstellar) in den vergangenen Jahren als ernstzunehmender Schauspieler und Charakterdarsteller zu positionieren wusste, liefert er auch mit der Darstellung des Freiheitskämpfers Newton Knight eine absolut bravouröse Vorstellung ab, wohingegen der Film an sich in manchem Aspekt nicht ganz so sehr zu überzeugen versteht, wie es McConaugheys Schauspiel hoffen lassen würde, doch möchte ich diesen Punkt gern später noch vertiefen. Ansonsten handelt es sich natürlich um ein noch immer brandaktuelles Thema, dem sich Ross hier widmet, zumal die Geschehnisse in seinem nicht ganz zweieinhalbstündigen Historien-Epos auf wahren Begebenheiten fußen und sich – soweit ich das habe recherchieren können – auch nicht allzu weit von den realen Ereignissen entfernen, derweil ich persönlich beispielsweise noch nie vom namensgebenden "Free State of Jones" gehört habe, den die Deserteure rund um Knight 1863 ausgerufen haben, wenngleich über Art und Umfang dieses "Staates" wohl noch immer Uneinigkeit bei den Historikern herrscht.

Szenenbild aus Free State of Jones | © EuroVideo
© EuroVideo

Nichtsdestotrotz ist es allein aus diesem Umstand der völligen Unkenntnis – das mag sich freilich in Amerika anders verhalten – gut und richtig, den Begebenheiten einen Film zu widmen, auch wenn der sich zweifelsohne mehr als Drama denn als Geschichtsstunde begreift, und umso trauriger ist es, wie sehr Free State of Jones in den Staaten gefloppt ist, so dass er hierzulande lediglich einen Heimkino-Release spendiert bekommen hat. Zugegeben, Ross‘ Film überzeugt nicht in allen Belangen, doch so schlecht, wie er mancherorts gemacht wird, ist der Film bei weitem nicht, sondern kommt in seinen besten Momenten emotional und dramaturgisch gar an den – thematisch durchaus artverwandten – 12 Years a Slave heran. So eröffnet Ross mit einem grandiosen Auftakt zu Zeiten des Bürgerkrieges zwischen Nord- und Südstaaten und zeigt in eindringlichen Bildern die Schrecken und Ungerechtigkeiten des Krieges, denen sich Farmer und Sanitäter Knight gegenübersieht und die ihn letztlich dazu veranlassen, zu desertieren und seinen eigenen Weg zu gehen. Was die Drangsalierungen der zivilen Bevölkerung durch die Soldaten angeht, mag der Film dabei zuweilen ein wenig plakativ erscheinen, macht aber auch in dieser Art der Inszenierung eine durchaus gute Figur.

Schwieriger verhält es sich da schon im Mittelteil des Films, denn hier gelingt es Ross nicht immer, das richtige Tempo und Maß an historischer Akkuratesse zu finden, so dass sich manche Passagen durchaus ärgerlich ziehen, wohingegen manch vermeintlich einschneidende Wende in Knights Bestrebungen nur allzu schnell abgehandelt wird. Hier macht sich dann teils auch der starke Fokus auf die historische Figur des Newton Knight negativ bemerkbar, denn so überzeugend, grimmig und gleichermaßen charismatisch McConaughey diesen verkörpert, verkommen doch viele der weiteren Figuren zu bloßen Stichwortgebern und sind quasi immer nur dann zu sehen, wenn sie für eine Interaktion mit Knight benötigt werden, wobei auch hier wie sonst auch Ausnahmen die Regel bestätigen. Grundsätzlich gefiel mir allerdings Art und Inszenierung von Free State of Jones durchaus gut und insbesondere die immer wieder eingeblendeten Jahreszahlen und die bei geringfügigen Zeitsprüngen zwischen die Handlung gestreuten Bilder der damaligen Zeit verleihen dem Geschehen einen bedeutungsschwangeren Unterbau, der nur erahnen lässt, wie es damals wirklich gewesen sein muss. Ansonsten wird Knight hier als eine Art amerikanischer Robin Hood inszeniert und auch wenn es wieder einmal typisch sein mag, dass ein integrer Weißer sich für entrechteten Schwarzen einsetzt, ist es ja nun einmal damals nicht anders gewesen und entsprechend kann man es dem Film nicht ankreiden, dass es McConaugheys Figur obliegt, sich für die Rechte der Afroamerikaner einzusetzen, zumal die anti-rassistische Botschaft des Films als solches schön herausgearbeitet wird.

Szenenbild aus Free State of Jones | © EuroVideo
© EuroVideo

Im Kontext der sich entwickelnden Handlung mausert sich derweil der von Mahershala Ali (Luke Cage) verkörperte Moses zu einem von Knights engsten Vertrauten, derweil Knight – ungeachtet seiner Ehe mit der von Keri Russell (Planet der Affen: Revolution) gespielten Serena – sich in Rachel (Gugu Mbatha-Raw) verliebt, was wiederum einen spannenden, aber letztlich nicht konsequent verfolgten Subplot mit sich bringt, denn ebenfalls in die Handlung gewoben werden alsbald Einsprengsel eines sich im Jahr 1948 abspielenden Gerichtsprozesses, welcher der Frage nachgeht, ob es sich bei Knights Sohn um das Kind von Rachel oder Serena handele. Hätte Newton nämlich mit Rachel ein Kind gezeugt, würde dies bedeuten, dass der vor Gericht stehende Urenkel Davis Knight zu einem Achtel schwarzer Herkunft wäre, was ihm wiederum verbieten würde, nach den Rassentrennungsgesetzen von Mississippi eine Weiße zu heiraten. Wie gesagt, eine interessante weitere Ebene des Films, da aber nicht konsequent und ausführlich genug dargelegt worden ist, so dass sie in letzter Konsequenz dazu beiträgt, die Handlung zusätzlich zu verlangsamen. So spürt man manches Mal deutlich das dem Stoff innewohnende, aber nicht genutzt Potential, womit Free State of Jones ohne Frage hinter seinen Möglichkeiten zurückbleibt, doch nicht nur als historischer Exkurs ist dieses Film gewordene Kapitel der amerikanischen Geschichte trotz Abstrichen eine Empfehlung wert.

Fazit & Wertung:

Gary Ross widmet sich in Free State of Jones einem weniger bekannten Kapitel der amerikanischen Geschichte und lässt insbesondere Matthew McConaughey in der Darstellung des Deserteurs und Freiheitskämpfers Newton Knight hervorstechen, wohingegen die Dramaturgie des Gezeigten leider zuweilen ein wenig schleppend gerät und der historische Exkurs damit hinter seinen Möglichkeiten bleibt, doch Grundaussage, Thematik und Setting wissen zu überzeugen, weshalb man sich nicht unbedingt davon schrecken lassen sollte, dass der Film an den US-Kinokassen gnadenlos gefloppt ist.

7 von 10 aufbegehrenden Deserteuren und Sklaven

Free State of Jones

  • Aufbegehrende Deserteure und Sklaven - 7/10
    7/10

Fazit & Wertung:

Gary Ross widmet sich in Free State of Jones einem weniger bekannten Kapitel der amerikanischen Geschichte und lässt insbesondere Matthew McConaughey in der Darstellung des Deserteurs und Freiheitskämpfers Newton Knight hervorstechen, wohingegen die Dramaturgie des Gezeigten leider zuweilen ein wenig schleppend gerät und der historische Exkurs damit hinter seinen Möglichkeiten bleibt, doch Grundaussage, Thematik und Setting wissen zu überzeugen, weshalb man sich nicht unbedingt davon schrecken lassen sollte, dass der Film an den US-Kinokassen gnadenlos gefloppt ist.

7.0/10
Leser-Wertung 0/10 (0 Stimmen)
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Free State of Jones ist am 10.11.16 auf DVD und Blu-ray bei EuroVideo erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

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Review: Boston (Film)

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Wie sich das so für einen Freitag eingebürgert hat, gibt es heute wieder eine etwas aktuellere Film-Kritik, die sich kurioserweise ebenfalls einem Werk widmet, das ebenfalls nach einer Stadt benannt worden ist, ansonsten aber in eine gänzlich andere Richtung geht und auch in einer völlig anderen Dekade verortet werden kann, denn Regisseur Berg widmet sich hier dem Anschlag beim Boston Marathon 2013 und schafft ein überraschend ausgewogenes, überzeugendes Gesamtwerk, wie ich nachfolgend gerne vertiefen möchte.

Boston

Patriots Day, USA/HK 2016, 133 Min.

Boston | © STUDIOCANAL
© STUDIOCANAL

Regisseur:
Peter Berg
Autoren:
Peter Berg
Matt Cook
Joshua Zetumer

Main-Cast:
Mark Wahlberg (Tommy Saunders)
Kevin Bacon (Special Agent Richard DesLauriers)
John Goodman (Commissioner Ed Davis)
J.K. Simmons (Sergeant Jeffrey Pugliese)
Michelle Monaghan (Carol Saunders)

Genre:
Krimi | Drama | Historie | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Boston | © STUDIOCANAL
© STUDIOCANAL

Sergeant Tommy Saunders – zeitweise zum Streifenpolizisten degradiert – wird trotz seiner chronischen Knieschmerzen eingeteilt, als Sicherheitskraft beim Boston Marathon zu fungieren. Immerhin verspricht der Einsatz – abgesehen von der Tatsache, über Stunden auf den Beinen sein zu müssen – eine lockere Schicht zu werden, doch um 14:50 Uhr Ortszeit explodiert ein Sprengsatz inmitten der Menge und beinahe unmittelbar darauf ein weiterer. Die bis dahin ausgelassene Stimmung kippt unmittelbar und der Bereich nahe der Ziellinie verwandelt sich binnen Sekunden in ein regelrechtes Kriegsgebiet, während Saunders und seine Kollegen verzweifelt versuchen, die Verletzten zu bergen. Neben drei Todesopfern werden Hunderte in die umliegenden Krankenhäuser gebracht, während FBI Agent Richard DesLauries am Ort des Geschehens eintrifft. Schnell ist klar, dass es sich um einen geplanten Anschlag gehandelt haben muss und DesLauriers übernimmt die Ermittlungen. Alsbald wird auch Saunders aufgrund seiner umfassenden Ortskenntnisse hinzugezogen und tatsächlich finden sich auf den Überwachungskameras der umliegenden Geschäfte erste Hinweise auf die Täter…

Rezension:

Was die Verfilmung von Tatsachen, insbesondere Katastrophen oder Terroranschlägen wie hier bei Boston angeht, bin ich ja grundsätzlich eher immer skeptisch eingestellt, würde eine bewusste Dramatisierung der Ereignisse den "echten" Opfern wie auch Hilfskräften und Ermittlern nicht gerecht werden, während ein solches Szenario natürlich auch schnell den Boden bereitet für unreflektierten Hurra-Patriotismus, was nicht minder verwerflich wäre, doch geht Regisseur Peter Berg hier tatsächlich den goldenen Mittelweg und schafft ein eindrücklich verknapptes, hochspannendes, aber gleichermaßen hochemotionales Szenario, das von der ersten bis zur letzten Minute zu fesseln versteht und sich als hochkarätig besetztes Ensemble-Stück präsentiert, in dessen Zentrum zwar zweifelsohne der von Mark Wahlberg (The Gambler) gespielte Polizist Tommy Saunders steht, der aber mehr als alles andere als Ankerpunkt und Bindeglied innerhalb der Geschichte fungiert, derweil es Berg geschickt versteht, gerade zu Beginn auf elegante Art und Weise eine ganze Schar Figuren einzuführen, deren Bedeutung innerhalb der Geschichte sich erst später erschließen wird, die aber dadurch zu weit mehr werden als Teil einer gesichtslosen Masse, womit die sich ereignenden Anschläge, die immerhin 3 Todesopfer und 264 Verletzte nach sich zogen, eine ungeahnte Intensität erreichen, ohne dass man auf müde Taschenspielertricks zurückgreifen müsste.

Szenenbild aus Boston | © STUDIOCANAL
© STUDIOCANAL

Fernab des eigentlichen Darsteller-Ensembles rückt aber auch die Stadt Boston immer wieder ins Zentrum der Erzählung und offenbart sich als gar nicht mal so heimliche Hauptfigur, weshalb ausnahmsweise auch der "deutsche" Titel Boston – im Original hört das Werk auf den Namen Patriots Day – gar nicht mal schlecht gewählt ist, denn an mehr als einer Stelle wird betont und hervorgehoben, inwieweit die Bevölkerung von Boston nach diesen dramatischen Ereignissen zusammengerückt ist, füreinander eingestanden ist, sich in ihrer Tätersuche mehr durch Zusammenhalt und Mitgefühl, denn durch blinde Wut und Rachsucht hervorgetan hat. Und ja, natürlich bekommt man auch hier mancherorts überbordenden Patriotismus zu spüren, doch wirkt der nicht annähernd so verklärt und effekthascherisch, wie es sonst oft der Fall ist, während Berg auch die eigentlichen Anschläge zwar durchaus drastisch und explizit in Szene setzt, dabei aber kein Gefühl des Voyeurismus oder reinen Selbstzwecks hervorruft, sondern lediglich schockierende Bilder für nicht minder schockierende Ereignisse findet, an denen schlichtweg nichts zu beschönigen ist.

Zwar lässt er in seinem mehr als zweistündigen Reigen auch die Seite der Täter nicht außeracht und verschafft ihnen damit ein gewisses Profil, doch bleiben ihre ureigenen Beweggründe und Motivationen dennoch merkwürdig diffus und schwammig, was aber eine von nur wenigen Schwächen in einem ansonsten sehr respektvoll und behutsam mit dem Thema umgehenden Film darstellt, der natürlich auch mit gehörig Nervenkitzel und actionreicheren Passagen aufwartet, die trotz bekanntem Ausgang gehörig in den Sessel pressen. Hilfreich hierbei ist sicherlich auch die gefühlt minutiöse Aufarbeitung der Geschehnisse, so dass immer mal wieder Einblendungen bezüglich Tag und Uhrzeit erfolgen inklusive Verweis darauf, wann der Bombenanschlag – sozusagen als erzählerischer Null-Meridian in Boston stattgefunden hat. Und mag Wahlberg auch im Gesamtkontext als Bindeglied dienen, wird doch auch beispielsweise Michelle Monaghan (Playing It Cool) als dessen Frau Carol Raum zugestanden, auch wenn sie im Zuge der sich anbahnenden Ermittlungen ab dem zweiten Drittel verständlicherweise vermehrt ins Hintertreffen gerät, derweil wiederum beispielsweise die Rolle des von J.K. Simmons‘ (The Runaround) verkörperten Jeffrey Pugliese gar bis zum letzten Drittel des Films unklar bleibt, was wiederum aber ein weiteres schönes Beispiel dafür ist, wie hier Figuren gleich zu Beginn eingeführt und ab und an gezeigt werden, um ihnen wenn auch rudimentäre Tiefe angedeihen zu lassen, statt sie einfach in den benötigten Momenten aus dem Hut zu zaubern.

Szenenbild aus Boston | © STUDIOCANAL
© STUDIOCANAL

Darstellerisch gefordert wird hier aber die namhafte Besetzung zugegebenermaßen kaum, was insbesondere für John Goodman (Atomic Blonde) und Kevin Bacon (Black Mass) zutreffen mag, die lediglich routiniert ihre Rollen runterspielen, doch benötigt Boston derlei auch gar nicht und funktioniert sozusagen aus sich selbst heraus, zumal die Art und Weise, wie sich Berg des Stoffes annimmt und diesen adaptiert, nicht nur handwerklich zu loben ist, sondern sich dem Thema auch sehr respektvoll nähert, ohne dabei die Gesetzmäßigkeiten eines Spielfilms zu vernachlässigen. So mag man hinterher sicherlich nicht einen von Objektivität und Tatsachen geprägten Überblick der tragischen Ereignisse des 15. April 2013 vorweisen können, aber doch einen guten Überblick der Geschehnisse haben, vor allem aber ein Gespür für die Befindlichkeit der Stadt als solchen und ihrer Bewohner, die spürbar bis ins Mark erschüttert worden sind und die sich dennoch aufgerafft haben, dem Terror die Stirn zu bieten. Und vor dem Hintergrund dieser Gratwanderung aus Anschlags-Drama, Polizisten-Thriller und emotionaler Aufarbeitung war Bergs Boston für mich nun tatsächlich eine überaus positive Überraschung, die zu sichten ich durchaus nur empfehlen kann.

Fazit & Wertung:

Regisseur Peter Berg begibt sich in Boston an die Aufarbeitung der Geschehnisse des 15. April 2013 während des Boston Marathons und punktet mit einem feinsinnigen Gespür bei der Inszenierung der Tragödie, da er sich weit weniger dem sonst üblichen Hurra-Patriotismus verpflichtet fühlt, sondern sich neben der nervenaufreibenden Täterjagd dem Gefühl von Zusammenhalt und Hoffnung verschreibt, ohne dabei in Klischees und Plattitüden abzudriften. Vor dem Hintergrund einer schockierenden Tragödie gelingt ihm dadurch eine gleichermaßen hochemotionale wie hochspannende Aufarbeitung der Geschehnisse.

8 von 10 gesichteten und ausgewerteten Videoaufnahmen

Boston

  • Gesichtete und ausgewertete Videoaufnahmen - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Regisseur Peter Berg begibt sich in Boston an die Aufarbeitung der Geschehnisse des 15. April 2013 während des Boston Marathons und punktet mit einem feinsinnigen Gespür bei der Inszenierung der Tragödie, da er sich weit weniger dem sonst üblichen Hurra-Patriotismus verpflichtet fühlt, sondern sich neben der nervenaufreibenden Täterjagd dem Gefühl von Zusammenhalt und Hoffnung verschreibt, ohne dabei in Klischees und Plattitüden abzudriften. Vor dem Hintergrund einer schockierenden Tragödie gelingt ihm dadurch eine gleichermaßen hochemotionale wie hochspannende Aufarbeitung der Geschehnisse.

8.0/10
Leser-Wertung 0/10 (0 Stimmen)
Sende

Boston ist am 07.09.17 auf DVD, Blu-ray und 4K UHD Blu-ray im Vertrieb von STUDIOCANAL erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

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Review: The Marvelous Mrs. Maisel | Staffel 1 (Serie)

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Was freue ich mich, euch heute von dieser tollen neuen Serie erzählen zu können, gerade nachdem ich vorsorglich eigentlich schon eine andere Serien-Kritik vorbereitet hatte, die ich ja nun zum Glück noch einmal nach hinten schieben kann. Eigentlich wollte ich mich ja wieder den Themen Netflix und Science-Fiction widmen – ihr ahnt schon, von welcher Serie ich spreche – doch ist mir diese Amazon Prime-Serie gänzlich nonchalant dazwischen gegrätscht.

The Marvelous Mrs. Maisel
Staffel 1

The Marvelous Mrs. Maisel, USA 2017-, ca 54 Min. je Folge

The Marvelous Mrs. Maisel | © Amazon Studios
© Amazon Studios

Serienschöpferin:
Amy Sherman-Palladino
Ausführende Produzenten:
Amy Sherman-Palladino
Daniel Palladino

Main-Cast:
Rachel Brosnahan (Miriam ‚Midge‘ Maisel)
Alex Borstein (Susie Meyerson)
Michael Zegen (Joel Maisel)
Marin Hinkle (Rose Weissman)
Tony Shalhoub (Abe Weissman)
in weiteren Rollen:
Luke Kirby (Lenny Bruce)
Kevin Pollak (Moishe Maisel)
Caroline Aaron (Shirley Maisel)
Bailey De Young (Imogene Cleary)
Joel Johnstone (Archie Cleary)
Brian Tarantina (Jackie)

Genre:
Komödie | Drama | Historie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus The Marvelous Mrs. Maisel | © Amazon Studios
© Amazon Studios

Miriam "Midge" Maisel lebt gemeinsam mit ihrem Ehemann Joel und den gemeinsamen Kindern im New York der späten 1950er-Jahre und während sie sich als Hausfrau betätigt, sorgt Joel in einem Unternehmen für Plastikprodukte für das Auskommen der Familie, träumt jedoch von einer Karriere als Komiker. Midge, die seine Ambitionen mehr für ein spleeniges Hobby hält, unterstützt ihren Mann hierbei nach Kräften (auch wenn beiden nicht klar zu sein scheint, dass sie die witzige und schlagfertige Person in der Beziehung ist). Nach einem gnadenlos gefloppten Auftritt von Joel auf der Bühne des The Gaslight Cafe – und im Beisein der gemeinsamen Freunde Imogene und Archie – verlässt er schlussendlich Midge aus heiterem Himmel, nicht ohne ihr noch seine Affäre mit seiner Sekretärin Penny zu gestehen. Midges Eltern sind außer sich, als sie von der Trennung erfahren, doch statt Mitgefühl und Anteilnahme zu bekommen, muss sich Midge Vorwürfe gefallen lassen, wie sie es so weit hatte kommen lassen können und was sie zu tun gedenke, um Joel zurückzuholen. Entsprechend gekränkt und wütend betrinkt sich Midge und landet wie durch Zufall erneut im Gaslight, wo sie auf der Bühne vor begeistertem Publikum ihrem Ärger Luft macht, nur um prompt wegen unsittlichen Verhaltens von der Polizei abgeführt zu werden. Bei dem ungeplanten Auftritt allerdings erkennt die Angestellte Susie Meyerson das Talent von Midge und setzt es sich prompt zum Ziel, sie als Stand-up-Comedian groß rauszubringen, auch wenn die frisch verlassene Ehefrau davon zunächst nichts wissen will…

Rezension:

Bei einer Serie der Gilmore Girls-Schöpferin Amy Sherman-Palladino konnte ich als großer Fan natürlich nicht lange wiederstehen und warum sollte ich auch, versprach das Konzept der Show doch unbestreitbar gute Unterhaltung, zumal sich bereits beim vorab veröffentlichten Serienpiloten zu The Marvelous Mrs. Maisel abzeichnete, dass insbesondere Hauptdarstellerin Rachel Brosnahan eine echte Offenbarung ist und die Rolle der Mrs. Maisel sich in allen Aspekten und scheinbar spielerisch zu eigen macht, mit pointiertem Witz und frecher Zunge begeistert, auch wenn man sich darüber streiten können mag, ob es wirklich so glaubhaft und naheliegend ist, dass eine dergestalt gutsituierte Hausfrau, wie Miriam – "Midge" genannt – zu Beginn der Serie ist, wirklich zu fluchen wie ein alter Bierkutscher imstande ist, aber es ist eben eine Serie und zu deren Reiz gehört es eben auch, dass ihre Hauptfigur so unkonventionell und vorlaut daherkommt, dass es die Gesellschaft in ihrer vorherrschenden Prüderie nur vor den Kopf stoßen kann. So vielversprechend die Geschichte aber auch beginnt, hätte sie für mein Dafürhalten gerade zu Beginn durchaus ein wenig mehr Pfeffer vertragen können, doch wird diesem Umstand mit jeder weiteren Folge Abhilfe geschaffen und entsprechend kurzweilig und unterhaltsam ist auch der skizzierte Weg vom Heimchen am Herd zum Stand-up-Comedian.

Szenenbild aus The Marvelous Mrs. Maisel | © Amazon Studios
© Amazon Studios

Dabei weist natürlich The Marvelous Mrs. Maisel unverkennbar emanzipatorische Züge auf und auch hier erscheint die männliche Belegschaft in einem deutlich ungünstigeren Licht als ihre weiblichen Gegenstücke, was sich nicht nur auf den Michael Zegen gespielten Joel, seines Zeichens Midges Ehemann, der sich mit seiner Sekretärin vergnügt, bezieht, sondern auch auf die anderen Familienmitglieder und Komparsen, die sich als weitaus ignoranter und engstirniger entpuppen, was man sicherlich auch ein wenig elegante rund ausgewogener hätte lösen können. Nichtsdestotrotz begeistert insbesondere Tony Shalhoub (Monk) als Midges Vater ungemein, ähnlich wie Marin Hinkle als dessen Ehefrau, derweil man insbesondere als Kenner der Gilmore Girls hier die offensichtlichsten Parallelen beider Serien ausmachen dürfte, denn auch das Verhältnis von Midge zu ihren Eltern ist eher als schwierig zu bezeichnen und von gegenseitigem Unverständnis und oftmals mangelndem Einfühlungsvermögen geprägt, auch wenn es hier doch in der Summe weitaus kultivierter und liebevoller zugehen mag und sich ein Großteil des entspinnenden Dramas auch rasch wieder in Wohlgefallen aufzulösen weiß.

Der absolute Knaller im Cast der Serie ist neben Brosnahan ganz klar Alex Borstein als burschikose Susie Meyerson, die sich zur Managerin von Midge berufen fühlt und mit ruppigem Charme und rotzigem Auftreten die feine Gesellschaft ein ums andere Mal irritiert wie pikiert, während sich zwischen den beiden ungleichen Frauen langsam aber sicher eine Freundschaft entspinnt. Allein die lediglich acht Folgen der ersten Staffel The Marvelous Mrs. Maisel sind entsprechend gefüllt mit allerhand Entwicklungen und Rückschlägen, wobei es sich so verhält, dass die Serie erst langsam in Fahrt kommt und ungeachtet der Inhaftierungen von Midge, ihrer Bekanntschaft mit Komiker Lenny Bruce (Luke Kirby), den durchaus pointierten Wortgefechten und ihren ersten Gehversuchen im Stand-up-Comedy-Business ist es speziell die zweite Staffelhälfte gewesen, in der die Exposition schlussendlich abgeschlossen scheint und das Geschehen noch einmal merklich an Schwung gewinnt. Nichtsdestotrotz weiß die Serie mit ihrem Charme durchaus vom ersten Moment an für sich einzunehmen, doch ist es immer gut zu wissen, dass sie sich noch zu steigern imstande sein wird.

Szenenbild aus The Marvelous Mrs. Maisel | © Amazon Studios
© Amazon Studios

Müsste man überhaupt etwas konkret an The Marvelous Mrs. Maisel bemängeln, wäre es wohl derweil am ehesten das Timing, das nicht immer hundertprozentig überzeugt, so dass teilweise zwischen den einzelnen Episoden Wochen vergangen sein mögen, was man aber nur am Rande erklärt bekommt, während insbesondere die Beziehung der beiden Hauptfiguren Midge und Susie stetigen Schwankungen unterliegt und die beiden in einem Moment im Clinch liegen können, ihm nächsten Moment aber wieder wie die besten Freundinnen wirken, ähnlich wie Midges Mann Joel teilweise prägnanter und sichtbarer Teil ihres Lebens ist, in anderen Folgen hingegen kaum je gesichtet wird. Last but not least ist die Serie aber auch geprägt von Rückblenden in die gemeinsame Zeit von Midge und Joel, die teils so unverhofft kommen, dass es einen Moment braucht, bis man überhaupt zu realisieren imstande ist, dass es sich um einen Zeitsprung gehandelt haben muss, was man durchaus hätte glücklicher lösen können, doch davon abgesehen weiß die neue Serie von Sherman-Palladino und ihrem Mann Daniel auf voller Linie zu überzeugen und funktioniert gleichermaßen als spritzig-erfrischendes Drama mit gehörig komödiantischem Einschlag wie auch als Liebeserklärung an das New York der 1950er Jahre, ohne dabei jedoch die damalige Rolle der Frau romantisch zu verklären, sondern stattdessen bissig und witzig, vor allem aber kritisch zu hinterfragen und zumindest wer die erste Staffel der Serie bereits gesichtet hat, wird sich unweigerlich fragen, wer dafür hätte besser geeignet sein können als die wortwörtlich wundervolle Mrs. Maisel.

Fazit & Wertung:

Mit der ersten Staffel The Marvelous Mrs. Maisel landen die Gilmore Girls-Verantwortlichen Amy Sherman-Palladino und Daniel Palladino ihre nächste Punktlandung in Serienform und überzeugen erneut mit einem vor Wortwitz und Skurrilität sprühenden Format, das zugegebenermaßen nicht halb so mitreißend wäre, gäbe es da nicht die großartige Rachel Brosnahan, die als Verkörperung der schlagfertigen Midge eine echte Entdeckung darstellt.

8,5 von 10 Aufsehen erregenden öffentlichen Auftritten

The Marvelous Mrs. Maisel | Staffel 1

  • Aufsehen erregende öffentliche Auftritte - 8.5/10
    8.5/10

Fazit & Wertung:

Mit der ersten Staffel The Marvelous Mrs. Maisel landen die Gilmore Girls-Verantwortlichen Amy Sherman-Palladino und Daniel Palladino ihre nächste Punktlandung in Serienform und überzeugen erneut mit einem vor Wortwitz und Skurrilität sprühenden Format, das zugegebenermaßen nicht halb so mitreißend wäre, gäbe es da nicht die großartige Rachel Brosnahan, die als Verkörperung der schlagfertigen Midge eine echte Entdeckung darstellt.

8.5/10
Leser-Wertung 0/10 (0 Stimmen)
Sende

Episodenübersicht: Staffel 1

01. Pilot (8,5/10)
02. Ya Shivu v Bolshom Dome Na Kholme (8/10)
03. Weil du gegangen bist (8,5/10)
04. Die Enttäuschung der Dionne-Fünflinge (8/10)
05. Doink (8/10)
06. Mrs. X im Gaslight (8,5/10)
07. Da fällt dir nichts mehr ein! (9/10)
08. Danke und Gute Nacht (9/10)

 
– – –

The Marvelous Mrs. Maisel | Staffel 1 ist seit dem 29.11.17 in Originalfassung und seit dem 26.01.18 auch in deutscher Synchronfassung exklusiv bei Amazon Prime Instant Video verfügbar.

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Review: Victoria | Staffel 2 (Serie)

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So, Serien-Samstag und folglich auch die nächste Serien-Kritik, die ich gerne schon viel früher veröffentlicht hätte, doch in Anbetracht der gerade einmal acht Episoden der Staffel habe ich irritierend lange für die Sichtung gebraucht. Warum das so ist, konnte ich letztlich aber auch erkennen und die Antwort darauf findet sich folglich auch in der nachfolgenden Rezension.

Victoria
Staffel 2

Victoria, UK 2016-, , ca. 47 Min. je Folge

Victoria | © Edel Germany GmbH
© Edel Germany GmbH

Serienschöpfer:
Daisy Goodwin
Ausführende Produzenten:
Daisy Goodwin
Dan McCulloch
Damien Timmer

Main-Cast:
Jenna Coleman (Victoria)
Tom Hughes (Prince Albert)
Peter Bowles (Duke of Wellington)
Catherine Flemming (Duchess of Kent)
Daniela Holtz (Baroness Lehzen)
Nell Hudson (Skerrett)
Ferdinand Kingsley (Francatelli)
Tommy Knight (Brodie)
Nigel Lindsay (Sir Robert Peel)
David Oakes (Prince Ernest)
Adrian Schiller (Penge)
Peter Firth (Duke of Cumberland)
Alex Jennings (King Leopold)
Rufus Sewell (Lord Melbourne)
Bebe Cave (Wilhelmina Coke)
Margaret Clunie (Harriet, Duchess of Sutherland)
Tilly Steele (Cleary)
Leo Suter (Drummond)
Jordan Waller (Lord Alfred Paget)
Anna Wilson-Jones (Lady Emma Portman)
Diana Rigg (Duchess of Buccleuch)

Genre:
Biografie | Historie | Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Victoria | © Edel Germany GmbH
© Edel Germany GmbH

Noch immer ringt die junge Königin Victoria mit sich selbst, wenn es gilt, einerseits die Erwartungen des Volkes und des Parlaments, andererseits die Ansprüche ihres Gemahls Prinz Albert zu erfüllen und sowohl ihrer Rolle als Regentin als auch Mutter gerecht zu werden. Dabei sieht sich die Königin mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert wie etwa der grassierenden Hungersnot in Irland oder der wachsenden Krise in Afghanistan, während auch die nächste Schwangerschaft nicht lange auf sich warten lässt. Nicht zuletzt dank der Vermittlung durch Prinz Albert allerdings weiß sie Premierminister Robert Peel zunehmend zu schätzen, derweil auch dessen Vorgänger Lord Melbourne zeitweilig erneut seine Aufwartung am Hof macht…

Rezension:

Nun hat es zwar eine Weile gedauert, bis ich mich der zweiten Staffel Victoria gewidmet habe, doch war ich immerhin erneut sehr angetan von den wieder acht Episoden, die das Leben der jungen Königin skizzieren, was auch hier wieder nicht zuletzt an Jenna Coleman gelegen haben dürfte, wobei sich auch Tom Hughes als deren Gemahl Prinz Albert hier weitaus mehr profiliert als noch in der ersten Staffel, womit mir die Figur deutlich sympathischer geworden ist. Leider aber schwächelt diese Staffel nun dramaturgisch teils spürbar, wie ich einräumen muss, wobei das gar nicht mal an den einzelnen Episoden liegt, die samt und sonders stimmig gestaltet sind, sondern vielmehr daran, dass ein übergeordneter roter Faden nur schwer auszumachen ist, womit die Summe der Teile tatsächlich etwas weniger überzeugend wirkt als ihre einzelnen Teile.

Szenenbild aus Victoria | © Edel Germany GmbH
© Edel Germany GmbH

So picken sich die Macher und Autoren der Serie – erneut von Serienschöpferin Daisy Goodwin angeführt – zumeist einzelne Episoden und Themen für jede einzelne Folge heraus, ob es sich dabei um die aufkeimenden wissenschaftlichen Interessen Prinz Alberts und eine daraus resultierende Eifersucht seitens Victoria handelt wie in der Folge Das grünäugige Monster (2.02), oder die Hungersnot in Irland in der Episode Glaube, Liebe, Hoffnung (2.06), um nur zwei Beispiele zu nennen. Diese Themen werden dann gekonnt in der jeweiligen Folge durchexerziert und wissen durchaus gut zu unterhalten, doch halten sich eben die daraus resultierenden Konsequenzen so dermaßen in Grenzen, dass es ein echtes Ärgernis ist, denn allein die Hungersnot findet nach besagter Folge selbstredend niemals wieder irgendwo Erwähnung. Ähnlich problematisch sind die sich vollziehenden Zeitsprünge, so dass Victoria in gefühlt jeder zweiten Folge ein neues Kind ihr Eigen nennt, während ich persönlich jedwedes Gefühl dafür verloren habe, wie lange Victoria nun schon regiert haben soll und wo in etwa wir uns in der Geschichte befinden.

Das ist insofern schade, da man – künstlerische Freiheiten mal unberücksichtigt lassend – mit der Biografie einer historischen Person natürlich auch die Möglichkeit hätte, sich entsprechend an deren Vita entlang zu hangeln, was man bei der zweiten Staffel Victoria aber eben nur dahingehend umgesetzt bekommen hat, die politischen oder geschichtlichen Aspekte als Ideengeber zu betrachten, ohne hier je in die Tiefe dessen vorzustoßen, was sich eigentlich konkret zu der Zeit zugetragen haben mag. Das wieder wird ebenfalls besonders deutlich in der finalen Episode Gewissensentscheidungen (2.08), die sich unter Bezugnahme auf die Hungersnot in Irland der Forderung seitens Peel im Parlament widmet, die Getreidezölle abzuschaffen, was allerdings gänzlich unvermittelt am Anfang der Episode aus dem Hut gezaubert wird, um den zentralen Konflikt der Folge zu kreieren, statt – wie es stimmiger gewesen wäre – hier schon zuvor Andeutungen fallen zu lassen und das Problem im Vorfeld zu etablieren. Insgesamt hat das leider zur Folge, dass zwar jede Episode für sich zu überzeugen weiß, jedoch keinen spürbaren Drang hinterlässt, baldmöglichst mit der Sichtung fortzufahren, zumal man auch Cliffhanger jedweder Art vergeblich sucht. Das hat wiederum zur Folge, dass man absolut keine Ahnung hat, was einen in der darauffolgenden Episode erwarten könnte, derweil dann auch Vorkommnisse wie die Entlassung von Baroness Lehzen 1842 und besagte Abstimmung über die Getreidezölle 1846 in eine einzige (!) Folge gepackt werden, was schon ein bisschen viel der erzählerischen Freiheit ist.

Szenenbild aus Victoria | © Edel Germany GmbH
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Mag sein, dass dies dem Genre oder der vermuteten Zuschauerschaft geschuldet sein mag, doch hätte ich mir hier mehr Geschichte und weniger Soap-Drama gewünscht, was die erste Staffel meinem Gefühl nach noch etwas besser in Einklang zu bringen wusste, zumal dort nicht ganz so sehr durch die Geschichte gehastet worden ist und die Ereignisse sich chronologisch viel besser nachvollziehen ließen. Um aber auf einer positiven Note zu enden, da mir Victoria schließlich auch in der zweiten Staffel gut gefallen hat, ist nicht nur die Dramaturgie der einzelnen Episoden außerordentlich gelungen, auch die Ausstattung ist über jeden Zweifel erhaben und wartet mit opulenten Kulissen und Kostümen auf, während die "privaten" Einblicke in das Eheleben von Victoria und Albert dem Geschehen eine sehr menschliche Note geben, auch wenn die gegenseitige Zuneigung gewissen Schwankungen unterworfen ist. Bleibt zu hoffen, dass man in der längst bestätigten dritten Staffel wieder einen roten Faden findet, der das Geschehen auch als Staffel erfahrbar macht und diese nicht wieder wie eine Aneinanderreihung erzählenswerter historischer Anekdoten wirken lässt, was hier die Faszination zuweilen doch arg geschmälert hat. Größtes Versäumnis allerdings ist hier auf alle Fälle, dass sowohl in der DVD- als auch Blu-ray-Fassung das nominell zur zweiten Staffel gehörige Weihnachts-Special Das Fest der Liebe gänzlich ausgespart worden ist, womit einem diese neunzigminütige Geschichte schlichtweg vorenthalten wird, was man nur als ganz schlechten Stil bezeichnen kann, zumal es bei Doctor Who beispielsweise schließlich auch zu bewerkstelligen gewesen ist, die jeweiligen Weihnachts-Specials mit zu veröffentlichen.

Fazit & Wertung:

Die zweite Staffel Victoria vermag es nicht ganz, die zuvor aufgebaute Faszination aufrechtzuerhalten, da die einzelnen Folgen spürbar in sich abgeschlossen sind und lediglich schlaglichtartige Momenteindrücke aus dem Leben der Regentin bieten, derweil man sich hier spürbar mehr historische Freiheiten herausgenommen hat, um dem dramaturgischen Anspruch einer Serie gerecht zu werden. Ausstattung, Kostüme und Besetzung lassen indes nichts zu beanstanden und kommen gewohnt opulent daher, so dass sich die Staffel für Historien-Fans zwar durchaus lohnt, gerne aber etwas stringenter und akkurater hätte inszeniert werden können.

7,5 von 10 Konflikten am englischen Hof

Victoria | Staffel 2

  • Konflikte am englischen Hof - 7.5/10
    7.5/10

Fazit & Wertung:

Die zweite Staffel Victoria vermag es nicht ganz, die zuvor aufgebaute Faszination aufrechtzuerhalten, da die einzelnen Folgen spürbar in sich abgeschlossen sind und lediglich schlaglichtartige Momenteindrücke aus dem Leben der Regentin bieten, derweil man sich hier spürbar mehr historische Freiheiten herausgenommen hat, um dem dramaturgischen Anspruch einer Serie gerecht zu werden. Ausstattung, Kostüme und Besetzung lassen indes nichts zu beanstanden und kommen gewohnt opulent daher, so dass sich die Staffel für Historien-Fans zwar durchaus lohnt, gerne aber etwas stringenter und akkurater hätte inszeniert werden können.

7.5/10
Leser-Wertung 6.5/10 (2 Stimmen)
Sende

Episodenübersicht: Staffel 2

01. Die Tochter eines Soldaten (8/10)
02. Das grünäugige Scheusal (8/10)
03. Schuss und Kette (8,5/10)
04. Die Sünden der Väter (8,5/10)
05. Ein königliches Arrangement (8/10)
06. Glaube, Liebe, Hoffnung (8,5/10)
07. Königin der Schotten (8/10)
08. Gewissensentscheidungen (8,5/10)

 

– – –

Victoria | Staffel 2 ist am 02.02.18 auf DVD sowie als Deluxe Edition auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Edel Germany erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

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Review: Tulpenfieber (Film)

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Auch an diesem Donnerstag beehrte ich euch freilich mit einer weiteren Film-Kritik, auch wenn der zugrundeliegende Film leider eher mäßig war und ich mir doch weitaus beschwingtere, emotionalere Unterhaltung erwartet hätte als das, was hier geboten wird. Aber schaut selbst rein.

Tulpenfieber

Tulip Fever, UK/USA 2017, 105 Min.

Tulpenfieber | © Prokino/EuroVideo
© Prokino/EuroVideo

Regisseur:
Justin Chadwick
Autoren:
Deborah Moggach (Drehbuch)
Tom Stoppard (Drehbuch)
Deborah Moggach (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Alicia Vikander (Sophia Sandvoort)
Dane DeHaan (Jan van Loos)
Judi Dench (Abbess)
Christoph Waltz (Cornelis Sandvoort)

in weiteren Rollen:
Jack O’Connell (Willem Brok)
Holliday Grainger (Maria)
Tom Hollander (Dr Sorgh)
Matthew Morrison (Mattheus)
Cara Delevingne (Annetje)
Kevin McKidd (Johan De Bye)
Douglas Hodge (Nicholas Steen)
Joanna Scanlan (Mrs Overvalt)
Zach Galifianakis (Gerrit)

Genre:
Drama | Historie | Romantik

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Tulpenfieber | © Prokino/EuroVideo
© Prokino/EuroVideo

Amsterdam in der Blüte des 18. Jahrhunderts ist ein heißes Pflaster und die Kaufmänner der Stadt überbieten sich ein ums andere Mal, wenn es gilt, die seltenste, wertvollste oder schönste Tulpenzwiebel zu ersteigern. Inmitten dieses um die Blumen entbrannten Wahns ehelicht der betuchte Kaufmann Sandvoort die junge Waise Sophia und bringt sie in ihr neues Heim. Während Sandvoort sich nichts sehnlicher wünscht, als mit Sophia eine Familie zu gründen, reagiert sie eher verhalten auf dessen Avancen, zumal sie sich alsbald in den jungen Maler Jan Van Loos verguckt, den Sandvoort engagiert, um ein Porträt von sich und seiner Gemahlin fertigen zu lassen. Als auch Jan die Tulpenspekulation für sich entdeckt, fasst er einen gewagten Plan, mit Sophia zu flüchten, bei dem auch die schwangere Hausmagd Maria eine nicht unwichtige Rolle spielt…

Rezension:

Normalerweise bin ich jetzt kein riesiger Fan von Historien- oder Kostümfilmen, doch gibt es da natürlich einige rühmliche Ausnahmen, zu denen auch Tulpenfieber hätte zählen können, dem ich allein aufgrund der Beteiligung von Alicia Vikander eine Chance einzuräumen bereit war, derweil der eigentliche Plot um ein obligatorisches Liebesdreieck sich so dermaßen ausgelutscht angehört hat, dass es ihm – so meine Mutmaßung – auch nicht helfen würde, ihn mit dem damaligen Hype um Tulpen in Verbindung zu bringen, was doch wohl lediglich als amüsante Geschichts-Anekdote taugt. Aber weit gefehlt, hätte diese Verknüpfung aus Romanze und amüsanter Variation klassischer Spekulationsgeschäfte womöglich aufgehen können, doch obwohl der Film den Namen der Blume gar im Titel trägt, bleibt das ganze Brimborium um die immer absurder werdende Tulpen-Schacherei tatsächlich nur auflockernde Randnotiz und beeinflusst zwar den Plot des Films ein Stück weit, wird aber ansonsten kaum nähergehend beleuchtet und taugt nur zu einer Handvoll Szenen um die immer gleichen Versteigerungen in dem immer gleichen Etablissement.

Szenenbild aus Tulpenfieber | © Prokino/EuroVideo
© Prokino/EuroVideo

Was aber für das Etablissement gilt, gilt im Grunde für den gesamten Film, denn so stimmig die Kulissen auch sein mögen, so viel Liebe fürs Detail man in jeder einzelnen Szene auf alles gelegt haben mag, fühlt sich Tulpenfieber schnell irritierend "klein" an und Sophia und Konsorten scheinen immer wieder ein und dieselbe Straße entlangzulaufen. Das trübt den Gesamteindruck aber weitaus weniger als die durchweg überraschend blass bleibenden Charaktere, denn ausgerechnet von einer Alicia Vikander, die beispielsweise in Zwischen den Meeren so ziemlich alles an Emotionalität glaubhaft zu verkörpern gewusst, hätte ich nie erwartet, dass sie in der Rolle der Sophie so unscheinbar und weitestgehend austauschbar bleibt. Ähnliches gilt für Dane DeHaan (A Cure for Wellness), der ja eigentlich ein recht spezifisches Charisma vorzuweisen hat, hier aber einen überaus schablonenhaften Künstler voller Ambition und Draufgängertum verkörpert, wie er generischer kaum hätte sein können.

Christoph Waltz (Big Eyes) derweil biet so etwas wie ein Medley früherer Rollen an und versteht sich hier als naiver Sandvoort, den man schon mit wenigen Dialogzeilen der Lächerlichkeit preiszugeben weiß, was einerseits weder Figur noch Schauspieler gerecht wird, andererseits so gar nicht zur weiteren Entwicklung der Figur passen will, die ein paar sprunghafte Veränderungen durchmacht, die man glatt als Twists verkaufen könnte, weil sie so unvermittelt und unerwartet über den geneigten Zuschauer hereinbrechen. Einzig Dame Judi Dench (Jane Eyre) kann sich davon freimachen, in ihrer Rolle nicht zumindest ein wenig zu enttäuschen, doch mag das wiederum auch daran liegen, das selbige vergleichsweise klein ausfällt und somit weniger Angriffsfläche bietet. Ist die Rede von kleinen Rollen, können sich da aber unter anderem auch Cara Delevingne (Valerian) und Zach Galifianakis (Die Jones) einreihen, deren Beteiligung je nach Poster und Veröffentlichungsland mehr oder minder offensiv beworben worden ist, obwohl sich die effektive Screentime auf wenige Minuten beschränkt und – zumindest im Fall von Delevingne – auch kaum die Rede davon sein kann, dass ihre Figur maßgeblich zur Geschichte beiträgt.

Szenenbild aus Tulpenfieber | © Prokino/EuroVideo
© Prokino/EuroVideo

Präsenter und prägnanter bleiben da schon eher Holliday Grainger (The Riot club) als Hausmagd Maria Tom Hollander (Alles eine Frage der Zeit) als herrlich unkonventioneller Dr. Sorgh. Doch ändern die beiden auch nichts daran, dass hier ein auf dem Papier sich unverschämt gut und abwechslungsreich ausnehmender Cast über weite Strecken gänzlich verschenkt wird. Denn Regisseur Justin Chadwick, der schon mit Die Schwester der Königin Erfahrung im Historien-Fach gesammelt hat, begeht den Fehler, in seinem nicht einmal zweistündigen Reigen anscheinend alle Nebenhandlungen und Verzweigungen aus der Buch-Vorlage unterbringen zu wollen, was ihm natürlich gründlich misslingt, obwohl sogar Deborah Moggach als Autorin der Buch-Vorlage am Skript beteiligt gewesen ist. So wirkt aber dennoch alles an Tulpenfieber reichlich überfrachtet, wohingegen man den Figuren kaum nahe kommt. Bleibt schlussendlich nur noch, die wenigen Stärken zu betonen, denn Chadwicks Films braucht sich zumindest in Sachen Optik und Ausstattung nicht zu verstecken, derweil es auch durchaus einiges an amüsanten Szenen geben mag, die das historische Setting auf angenehm leichtfüßige Art ein wenig auflockern, doch reicht das eben nicht, um von einem überzeugenden Film reden zu können, denn dafür mangelt es ihm an zu vielen Ecken und Kanten an ebenselbigen, so dass am Ende ein leicht angestaubt wirkender Historienfilm bleibt, der insbesondere emotional kaum abzuholen versteht.

Fazit & Wertung:

Justin Chadwick offeriert mit Tulpenfieber eine Geschichte, die sich auf den ersten Blick interessant liest und formidabel besetzt zu sein scheint, doch vermögen es weder der hochkarätige Bast noch das spannende Setting, die Geschichte aufzuwerten, die schlichtweg daran krankt, dass ihre vielen – oft trivialen oder bedeutungslosen – Nebenhandlungen den eigentlichen Plot verwässern und so in emotionaler Hinsicht den Zugang zu den Figuren verhindern, die allesamt ausnehmend oberflächlich und wenig markant bleiben. So sind es noch am ehesten die schönen Kulissen und Kostüme, die zu gefallen wissen, den Film als solchen aber freilich auch nicht besser machen.

5 von 10 unverschämt teuren Tulpenzwiebeln

Tulpenfieber

  • Unverschämt teure Tulpenzwiebeln - 5/10
    5/10

Fazit & Wertung:

Justin Chadwick offeriert mit Tulpenfieber eine Geschichte, die sich auf den ersten Blick interessant liest und formidabel besetzt zu sein scheint, doch vermögen es weder der hochkarätige Bast noch das spannende Setting, die Geschichte aufzuwerten, die schlichtweg daran krankt, dass ihre vielen – oft trivialen oder bedeutungslosen – Nebenhandlungen den eigentlichen Plot verwässern und so in emotionaler Hinsicht den Zugang zu den Figuren verhindern, die allesamt ausnehmend oberflächlich und wenig markant bleiben. So sind es noch am ehesten die schönen Kulissen und Kostüme, die zu gefallen wissen, den Film als solchen aber freilich auch nicht besser machen.

5.0/10
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Tulpenfieber ist am 22.12.17 auf DVD und Blu-ray bei Prokino im Vertrieb von EuroVideo erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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