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Review: Raven – Blutauge | Giles Kristian (Buch)

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Bereits seit April im Handel, bin ich nun endlich auch dazu gekommen, mich dem Auftakt des nächsten Wikinger-Epos von Giles Kristian zu widmen, wobei die Geschichte von Raven eigentlich lange vor der Sigurd-Saga veröffentlicht worden ist. Stört freilich bei der Lektüre überhaupt nicht, sondern wertet den Band teils sogar auf. Aber hey, lest doch einfach selbst beziehungsweise weiter!

Raven
Blutauge
Raven-Saga 1

Raven: Bloodeye, UK 2010, 480 Seiten

Raven - Blutauge von Giles Kristian | © Heyne
© Heyne

Autor:
Giles Kristian
Übersetzer:
Wolfgang Thon

Verlag (D):
Heyne
ISBN:
978-3-453-47162-7

Genre:
Historie | Action | Abenteuer

 

Inhalt:

Als wären sie aufgerufen worden, die Schatten zu vertreiben, lodern die Flammen im Herd erneut auf. Die Gesichter von Männern werden in dem roten Schein lebendig. Sie sind bereit. Begierig. Also hole ich tief Luft. Und beginne.

Der junge Osric – von allen nur "Blutauge" genannt – lebt ein einfaches und entbehrungsreiches Leben in einem englischen Dörfchen namens Abbotsend, bis zu dem Tag zumindest, als eine Schar blutdürstiger und brandschatzender Nordmänner an der Küste anlandet und ausgerechnet er sie nach Abbotsend führt. Schnell laufen die Dinge aus dem Ruder und die Bewohner des Ortes werden von den kampferprobten Kriegern niedergemetzelt, derweil ihr Anführer, Jarl Sigurd, in Osrcis blutrotem Auge ein Zeichen von Allvater Odin sieht, weshalb er den Jungen unter seine Fittiche nimmt. Der findet sich wieder inmitten einer Gemeinschaft aus ruppigen Kriegern und heidnischen Gottesanrufungen, doch Neugierde und Abenteuerlust lassen ihn immer mehr Teil der illustren Gemeinschaft um Sigurd werden, zumal er bislang nirgends so akzeptiert worden ist wie unter den heidnischen Kriegern, wobei das nicht der einzige Grund ist, weshalb er sich den Nordmännern verbunden fühlt. So schließt er sich bereitwillig der Kriegerschar an, als es einen mehr als ungewöhnlichen Auftrag zu erfüllen gilt, der allerdings mit reichlich Silber, vor allem aber Ruhm und Ehre lockt…

Rezension:

Der Erfolg der Sigurd-Saga von Giles Kristian beschert nun auch uns deutschen Lesern seine im Vorfeld veröffentlichte Raven-Saga, um deren ersten band es sich bei Raven – Blutauge handelt, womit wir hier das Debüt des mittlerweile erfolgreichen Schriftstellers in Händen halten. Ähnlich wie schon bei Sigurd wandeln wir auch hier auf den Spuren der Nordmänner, die um 790 n. Chr. herum in England einfallen und bei einem ihrer Raubzüge eben auch Raven unter ihre Fittiche nehmen, den etwa sechzehnjährigen Erzähler der Geschichte, der freilich anfangs weder den Namen "Raven" trägt, noch ahnt, dass auch er nordischer Herkunft ist, denn seine Vergangenheit liegt bis dato im Dunkeln. So handelt es sich bei der Sigurd-Saga quasi um das Prequel zu dieser nun ebenfalls gestarteten Buch-Reihe, denn auch hier spielt der von Odin begünstigte Jarl eine mitunter tragende Rolle und etabliert sich als eine Art Mentor für den unbedarften und unerfahrenen Raven, womit uns im deutschsprachigen Raum durch die verquere Veröffentlichung das seltene Vergnügen zuteilwird, die Reihe entgegen ihrer ursprünglichen Marschrichtung chronologisch zu erleben (so man denn die Sigurd-Saga gelesen hat natürlich).

Diese Fremdlinge, die von ihren Drachen heruntergesprungen waren, waren wild und bewaffnet. Es waren Krieger, kampferprobte Männer. Ich war nur ein Junge. Doch trotz aller Furcht geschah etwas Seltsames mit mir, es war wie Magie. Die harte, scharfe Sprache dieser Fremdlinge begann sich in meinen Ohren zu verändern, schien zu schmelzen, die trommelnden, abgehackten Laute wurden ein Strom aus Klang, der mir irgendwie bekannt vorkam.

Erforderlich ist das nicht und für Neu- und Quereinsteiger bietet sich sicherlich auch Raven – Blutauge vortrefflich an, doch merkt man hier schon zuweilen deutlich, dass Kristian im Laufe der Jahre einiges mehr an Routine und Expertise gewonnen hat, so dass sein Debüt sicherlich überzeugt, aber längst nicht so mitreißend daherkommt wie die Vorgeschichte des ambitionierten Sigurd. Nichtsdestotrotz hatte ich auch hier meine Freude beim Lesen und insbesondere der Wissensvorsprung bezüglich Sigurd wertet den Band merklich auf, zumal auch andere seiner Gefährten hier noch immer an dessen Seite stehen, allen voran der schwarze Floki, den ich auch schon in den anderen Bänden als wahnsinnig spannende und interessante Figur empfunden habe. Ansonsten handelt es sich zwar dem Wesen nach sicherlich um einen Wikinger-Roman, doch abgesehen von den Nordmännern selbst und einer kleinen Passage mit ihren Schiffen merkt man davon doch eher wenig, weil sich der eigentliche Plot samt und sonders in England abspielt.

Der ist auch tatsächlich ziemlich abwechslungsreich geraten und wartet an mehreren Stellen mit unerwarteten Überraschungen auf, ist aber bei objektiverem Blick aus einiger Entfernung in vielen Punkten doch auch sehr generisch geraten, so dass sich auch hier nicht ganz die Faszination der Heldenreise eines Sigurd einstellen will. Dafür allerdings überzeugt Raven als Erzähler des Ganzen, der ebenfalls manchmal einen Schritt zurücktritt und umreißt, wie er sich damals gefühlt hat und wie es wohl gewesen wäre, hätte er damals schon gewusst, was ihn noch alles erwartet. So offenbart sich der allwissende Erzähler, der dennoch mit seinen Informationen die meiste Zeit hinter dem Berg hält, außer, um in passenden Momenten ein wenig "Foreshadowing" zu betreiben, was der Lektüre einen gewissen Kniff verleiht. Nichtsdestotrotz ist die Geschichte von Raven – Blutauge im direkten Vergleich "klein", überschaubar und nicht annähernd so episch, wie es reißerische Zitate wie etwa "Gnadenlose Härte, bombastische Schlachten und mächtige Figuren!" von Conn Iggulden (Die Rosenkriege) vermuten lassen würden.

Die Männer drängten sich in der alten Halle wie Forellen in einer Weidenreuse. Es war laut, und es stank, aber Heiden und Christen kamen besser miteinander aus, als man hätte meinen sollen. Selbst Wulfweard war da, aber soweit ich sah, redete er nie mit einem Nordmann. Er saß auf einem Schemel, trank Met und befingerte das hölzerne Kreuz, das er um den Hals trug. Als würde das Ding ihn vor allem Bösen bewahren, das ihn umgab.

Dessen aber ungeachtet, ist allein das Wiedersehen mit Sigurd die Sache schon wert, zumal ich überzeugt bin, dass die Raven-Saga noch an Epik und Faszination zulegen wird, denn anders ließe sich sicherlich nicht erklären, dass Autor Giles Kristian im Nachgang gleich noch eine drei Bände umfassende Vorgeschichte zu einer Nebenfigur nachgereicht hat, denn auch wenn Sigurd hier eine maßgebliche Rolle spielen mag, ist es doch eben der von ihm Raven getaufte Neuankömmling, um den es in der Geschichte geht. Der mag sich zwar ein wenig zu schnell und bereitwillig von den Heiden vereinnahmen lassen, aber auch das will ich einem ambitionierten Debüt nachsehen, zumal auch hier die Erwähnung der nordischen Gottheiten und deren Anrufungen durch die gläubigen Nordmänner wieder außerordentlich gelungen sind, während ein großer Reiz des Buches eben auch darin besteht, wie die christlich gesonnenen Engländer auf diese in ihren Augen so gottlosen Nordmänner reagieren. Nicht zuletzt aber bekommt man auch hier schon einen Vorgeschmack auf Sigurds Einfallsreichtum und kann zumindest in Bezug auf dessen Charakterisierung sicherlich nachvollziehen, weshalb sich Raven ihm so bereitwillig zur Treue verpflichtet. Entsprechend freue ich mich schon jetzt auf Ravens nächstes Abenteuer, auf das man zum Glück nicht lange wird warten müssen, denn nach dessen Erstveröffentlichung 2011 ist die deutsche Version Raven – Söhne des Donners nun bereits für kommenden November angekündigt.

Fazit & Wertung:

Mit Raven – Blutauge hat Giles Kristian 2010 ein überzeugendes Debüt vorgelegt, kommt aber hier noch längst nicht an die Finesse seiner später entstandenen – hierzulande aber zuerst veröffentlichten – Sigurd-Saga heran, so dass die Geschichte nicht ganz so packend und episch daherkommt, durchaus aber Lust weckt, auch weiterhin auf Ravens Spuren zu wandern, nachdem er sich den Nordmännern um Jarl Sigurd angeschlossen hat.

7 von 10 Anbetungen nordischer Gottheiten

Raven – Blutauge

  • Anbetungen nordischer Gottheiten - 7.0/10
    7.0/10

Fazit & Wertung:

Mit Raven – Blutauge hat Giles Kristian 2010 ein überzeugendes Debüt vorgelegt, kommt aber hier noch längst nicht an die Finesse seiner später entstandenen – hierzulande aber zuerst veröffentlichten – Sigurd-Saga heran, so dass die Geschichte nicht ganz so packend und episch daherkommt, durchaus aber Lust weckt, auch weiterhin auf Ravens Spuren zu wandern, nachdem er sich den Nordmännern um Jarl Sigurd angeschlossen hat.

7.0/10
Leser-Wertung 0/10 (0 Stimmen)
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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von Heyne. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.

– – –

Raven -Blutauge ist am 10.04.18 bei Heyne als Taschenbuch erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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Review: Goyas Geister (Film)

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Hier nun die versprochene Enttäuschung für diese Woche, denn während ich noch so dachte, bestimmt einen ganz tollen Film serviert zu bekommen, regte sich zunehmender Unmut in mir und am Ende wusste mich Formans Werk in kaum einem Belang wirklich zu überzeugen.

Goyas Geister

Goya’s Ghosts, USA/ES 2006, 113 Min.

Goyas Geister | © Universum Film
© Universum Film

Regisseur:
Milos Forman
Autoren:
Milos Forman
Jean-Claude Carrière

Main-Cast:
Javier Bardem (Lorenzo)
Natalie Portman (Inés / Alicia)
Stellan Skarsgård (Francisco Goya)
in weiteren Rollen:
Randy Quaid (King Carlos IV)
José Luis Gómez (Tomás Bilbatúa)
Michael Lonsdale (Inquisitor General)

Genre:
Biografie | Historie | Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Goyas Geister | © Universum Film
© Universum Film

Nachdem sich die Kirche von den Werken des Malers Francisco de Goya provoziert fühlt, ist es für Pater Lorenzo ein Leichtes, die Kirchenoberen zu überreden, die alten Foltermethoden der Inquisition wieder aufleben zu lassen. Als eine der ersten fällt die junge Ines diesen Methoden zum Opfer und wird fälschlicherweise der Ketzerei bezichtigt und inhaftiert. Gleichwohl sowohl Ines‘ Vater als auch Goya gegen diese falschen Anschuldigungen vorzugehen versuchen, gelingt es ihnen doch selbst mit der erzwungenen Hilfe von Lorenzo nicht, Ines‘ Freilassung zu erwirken. Das allerdings wird schnell im Licht der verstreichenden Jahre relativiert und erst sechzehn Jahre später, nachdem Napoleons Truppen Spanien erobert haben, erhält Ines ihre Freiheit zurück und stolpert orientierungslos in eine neue Welt. Verzweifelt wendet sie sich an den mittlerweile tauben Goya, der sie zunächst kaum erkennt. Als er erfährt, dass Ines in ihrer Gefangenschaft nach eigenen Angaben ein Kind zur Welt gebracht haben soll, setzt er alles daran, der verzweifelten Mutter zu helfen…

Rezension:

Tatsächlich war ich im Vorfeld der Meinung, mich mit Goyas Geister einem lange vernachlässigten, filmischen Kleinod zu widmen, wofür nicht zuletzt die formidable Besetzung zu sprechen schien, doch weit gefehlt, vermag der Film selbst seine wenigen vielversprechenden Ansätze kaum zu verwandeln und verschießt sein bestes Pulver bereits in der ersten Hälfte der Kostüm-Schmonzette, so dass es hier wenigstens noch ein bis zwei starke Szenen mit Natalie Portman zu bestaunen gibt und ein ungewöhnlich verlaufendes Abendmahl kurz so etwas wie Dynamik suggeriert, bevor der von Milos Forman inszenierte Film schnell in staubtrockener Langatmigkeit und Beliebigkeit versandet. So ist die Kritik an der spanischen Inquisition sicherlich ein hochspannender Aspekt des Geschehens, doch scheint man das Thema nie so recht greifen zu können und wenn es sich abzeichnet, dass sich dies noch ändern könnte, überrascht der Regisseur mit einem siebzehn Jahre umfassenden Zeitsprung, nach dem dramaturgisch betrachtet plötzlich wirklich alles im Argen liegt, zumal man, wenn geschichtlich nicht so bewandert, quasi keine Informationen an die Hand bekommt, was in der Zwischenzeit alles passiert sein mag.

Szenenbild aus Goyas Geister | © Universum Film
© Universum Film

So handelt Goyas Geister auch im Grunde überhaupt nicht von Goya selbst, weshalb Stellan Skarsgård (Thor) als dessen Verkörperung nicht von ungefähr erst an dritter Stelle genannt wird, sondern vielmehr von der zu Unrecht der Ketzerei bezichtigten Ines und dem opportunistischen Lorenzo. Zwar wird Goya zwischenzeitlich als eine Art Held-Ersatz inszeniert und führt insbesondere in der zweiten Hälfte quasi durch die Geschichte, doch hat weder seine Kunst noch sein Charakter sonderlichen Einfluss auf die Geschichte, wodurch Goya selbst ausnehmend blass bleibt und Skarsgård sich selbst in den besten Momenten mit einer zutiefst undankbaren Rolle konfrontiert sieht. Natalie Portman (Auslöschung) trifft es da als unbedarft-naive Ines nicht wirklich besser, denn ihre Figur bleibt nicht weniger rudimentär skizziert und verkommt zum puren Plot-Device, wobei Portman hier wie gesagt zumindest kurz in wahrhaft emotionalen Momenten zu punkten versteht, spätestens nach der "Siebzehn Jahre später"-Einblendung unverschuldet zur melodramatischen Lachnummer verkommt.

So wird all das, was zumindest in irgendeiner Form Interesse und Neugierde wecken könnte in der zweiten Hälfte genussvoll an die Wand gefahren und dank der oberflächlichen Figurenzeichnung haben mich auch die jeweiligen Schicksale trotz all ihrer Tragik kaum bis gar nicht tangiert, während es wie gesagt unverständlich bleibt, wieso die Wahl überhaupt auf Goya als Protagonisten fiel, denn allein seine Kunst hätte schließlich allerlei Möglichkeiten geboten, sich inszenatorisch beim eigentlichen Film daran zu orientieren und ein wahrhaft phantasmagorisches Manifest zu schaffen, doch stattdessen bekommt man es lediglich mit den üblichen Kostümfilm-Versatzstücken zu tun, die noch dazu im schlechtesten Sinne altbacken wirken und dadurch das Gefühl einer "staubtrockenen" Inszenierung noch verstärken. Javier Bardem (The Gunman) hat da als Lorenzo zwar noch den dankbarsten Part erwischt, doch bleibt auch seine Figur wenig greifbar und hätte gerne ein paar erklärende Szenen spendiert bekommen können.

Szenenbild aus Goyas Geister | © Universum Film
© Universum Film

Der Fortgang der Geschichte mag in dieser Hinsicht zwar konsequent sein, doch hatte mich Goyas Geister eben schon zu einem viel früheren Zeitpunkt als interessierten Zuschauer verloren, zumal dank der zunehmenden Melodramatik der Streifen nicht nur als Biografie, sondern selbst als Drama kaum zu gebrauchen, geschweige denn zu empfehlen ist. Da hilft es dann auch nicht, dass Portman später sogar noch in einer Doppelrolle aufspielen darf, denn auch dieser Teil der Geschichte wirkt wie behelfsmäßig drangeschustert, statt sich stimmig in die Erzählung zu fügen, die meines Erachtens inszenatorisch an so ziemlich allen Ecken krankt und schließlich – immerhin konsequent – genauso unaufgeregt und belanglos zu Ende geht. Fiele die Frage nach einem Film der verpassten Möglichkeiten, kann ich immerhin fortan diesen hier benennen, denn nicht nur in Anbetracht der Besetzung hätte ich mir niemals träumen lassen, dass das, was einem filmisch hier geboten wird, mich so kalt lassen würde, wie dieses fragmentarisch wirkende, sich später vor Kitsch und Klischee überschlagende Werk es letztlich getan hat. Das Beste an dem Film mag dann vielleicht noch der Abspann sein, in dem man immerhin noch einige Gemälde von Goya präsentiert bekommt und darüber ins Träumen geraten kann, was für ein visuelles "Vergnügen" der Film hätte sein können, hätte man sich zumindest von Goyas außergewöhnlicher Kunst ein wenig für Look und Set-Design inspirieren lassen.

Fazit & Wertung:

Milos Forman liefert mit Goyas Geister nur dem Namen nach die Geschichte des Malers Francisco de Goya, denn der bleibt hier ein auffallend blass bleibender Pseudo-Protagonist, der mehr schlecht als recht durch eine zunehmend zerfahrener und melodramatischer wirkende Geschichte führt, ansonsten aber herzlich wenig Belang für Stil, Inhalt und Optik des Films hat. Die eigentlich im Zentrum stehende Geschichte um Pater Lorenzo und die junge Ines derweil vermag allerdings auch nicht mehr aus diesem staubtrockenen Historien-Drama herauszuholen.

4 von 10 argwöhnisch beäugten Gemälden

Goyas Geister

  • Argwöhnisch beäugte Gemälde - 4/10
    4/10

Fazit & Wertung:

Milos Forman liefert mit Goyas Geister nur dem Namen nach die Geschichte des Malers Francisco de Goya, denn der bleibt hier ein auffallend blass bleibender Pseudo-Protagonist, der mehr schlecht als recht durch eine zunehmend zerfahrener und melodramatischer wirkende Geschichte führt, ansonsten aber herzlich wenig Belang für Stil, Inhalt und Optik des Films hat. Die eigentlich im Zentrum stehende Geschichte um Pater Lorenzo und die junge Ines derweil vermag allerdings auch nicht mehr aus diesem staubtrockenen Historien-Drama herauszuholen.

4.0/10
Leser-Wertung 0/10 (0 Stimmen)
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Goyas Geister ist am 25.06.07 auf DVD und am 28.10.11 auf Blu-ray bei Universum Film erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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Review: Testament of Youth (Film)

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Da es ja – selbst im Oktober – nicht immer nur um Horror gehen kann, widmen wir uns heute mal einem Weltkriegs-Drama, dass mich extrem positiv zu überraschen gewusst hat und das ich nun sehr gerne Teil meines Portfolios nenne. Donnerstag – versprochen – wird es dann aber auch wieder was gruseliger.

Testament of Youth

Testament of Youth, UK/DK 2014, 129 Min.

Testament of Youth | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Regisseur:
James Kent
Autoren:
Juliette Towhidi (Drehbuch)
Vera Brittain (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Alicia Vikander (Vera Brittain)
Kit Harington (Roland Leighton)
Taron Egerton (Edward Brittain)
Emily Watson (Mrs. Brittain)
Hayley Atwell (Hope)
Colin Morgan (Victor Richardson)
in weiteren Rollen:
Joanna Scanlan (Aunt Belle)
Anna Chancellor (Mrs. Leighton)
Alexandra Roach (Winifred Holtby)
Dominic West (Mr. Brittain)
Miranda Richardson (Miss Lorimer)

Genre:
Biografie | Drama | Historie | Krieg

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Testament of Youth | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Vera Brittain versteht sich als unabhängige, emanzipierte Frau und wünscht sich nichts sehnlicher, als mit dem Segen ihres Vaters in Oxford studieren zu dürfen, doch ihr Vater sträubt sich zunächst. Besser ergeht es da ihrem Bruder Edward, dem als Mann ohnehin die Welt zu Füßen zu liegen scheint, doch Edward setzt sich hingebungsvoll für seine Schwester ein und schlussendlich ist auch Mr. Brittain bereit, Vera eine Chance zu geben. Derweil lernt sie im selben malerischen Sommer den charismatischen Roland Leighton kennen, den sie in Oxford ebenfalls häufiger zu Gesicht bekommen dürfte. Alles scheint sich in ihrem Leben zum Besten zu wenden und es dauert nicht lange, bis sie sich mit Roland verlobt, doch dann bricht der Erste Weltkrieg aus und scheint das idyllische Leben auf einen Schlag zu beenden. Sowohl Edward als auch Roland zieht es an die Front und auch Vera kann nicht lange tatenlos zusehen, wie die Männer sich für ihr Land einsetzen, während sie untätig daheim bleibt. Noch während Vera darüber grübelt, wie sie Land und Leute am besten unterstützt, fordert der Krieg aber bereits erste Opfer und wird die junge Frau noch mehrfach auf harte Proben stellen…

Rezension:

Eine ganze Weile dümpelte Testament of Youth auf meinem Wunschzettel, nachdem ich vor geraumer Zeit zufällig darauf gestoßen war und nun, nach Sichtung dieses Weltkriegs-Dramas nach literarischer Vorlage bin ich umso erstaunter, wie dieser Film dem Gefühl nach beinahe gänzlich unter dem öffentlichen Radar hindurchtauchen konnte, denn hier verbirgt sich eine wahre Perle von Film, deren emotionaler Kern ganz auf den Schultern der wunderbaren Alicia Vikander (Liebe zwischen den Meeren) ruht, die hier eine der eindrücklichsten und eindringlichsten Performances ihrer bisherigen Karriere abliefert. Dabei gelingt es dem knapp über zwei Stunden dauernden Reigen, einerseits mühelos die bedienten Genres zu wechseln und andererseits eine intensive und packende Geschichte zu erzählen, ohne dabei je zum emotionalen Rührstück zu verkommen. Zu Beginn scheint die Welt noch in Ordnung für die Geschwister Vera und Edward Brittain und wir lernen sie während eines weitestgehend unbeschwerten Sommers auf dem Lande kennen, wo sich auch erste zarte Bande zwischen der gescheiten und ambitionierten Vera und dem etwas schüchternen Roland Leighton entspinnen. Vera allerdings wünscht sich nichts sehnlicher, als von ihrem Vater die Erlaubnis zu bekommen, studieren zu dürfen, womit wir zugegebenermaßen eine Ausgangslage haben, die generischer und formelhafter kaum sein könnte.

Szenenbild aus Testament of Youth | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Von diesem Punkt ausgehend entspinnt sich in Testament of Youth allerdings zunächst so etwas wie ein zu gleichen Teilen romantisches wie emanzipiertes Drama, das wiederum unvermittelt durch die aufkeimenden Kriegsbemühungen einen harschen Einschnitt erfährt und nicht nur Veras Leben von Grund auf ändert. Quasi tatenlos muss sie mitansehen, wie sich sowohl ihr Bruder Edward als auch Roland zum Kriegsdienst melden, während man im heimischen England noch der falschen Hoffnung anhängt, dieser Kriegszustand würde sich rasch in Wohlgefallen auflösen. Nun möchte ich gar nicht vorwegnehmen, wie sich die Geschichte um Vera, ihren Bruder und ihren Liebsten weiterentwickelt, doch selten wurde für mein Empfinden das Leid des Krieges so deutlich herausgearbeitet, ohne dass dafür überhaupt je auf drastische Szenen von der Front zurückgegriffen werden müsste, denn der wahre Horror schleicht sich schließlich zunächst in die Köpfe der Protagonisten und verändert nicht nur das Verhältnis zwischen Vera und Roland für immer. Ausgehend von Veras zunächst so hoffnungsvollem Studienbeginn wird die junge Frau in eine regelrechte Odyssee aus Schmerz, Entbehrungen und Verlust gedrängt, die exemplarisch stehen für die Gräuel einer vom Krieg zerrütteten Gesellschaft.

Die große Stärke von Testament of Youth ist dabei allerdings wie eingangs schon erwähnt, dass man sich hier falsches Pathos und melodramatische Einschübe gänzlich schenkt und dadurch ein besonders eindringliches und berührendes Szenario erschafft, durch das eine in ihrer Rolle durchweg brillierende Alicia Vikander führt, die zudem eine spürbare Wandlung erfährt und an den Geschehnissen und Tragödien mehrfach zu zerbrechen droht, allen Widrigkeiten zum Trotz aber dennoch jederzeit ihre Frau steht und sich zunehmend für die Soldaten einzusetzen sucht und ihren Beitrag leistet. So erzählt der Film gar nicht mal so sehr von einer romantischen Liebe, wie allein das Cover anzudeuten vermag, sondern vielmehr eine breitgefächerte Geschichte vom Ende der Kindheit, vom Verlust der Unschuld, dem Zerbrechen an der Wirklichkeit, denn die Schrecken des Krieges spielen sich bekanntermaßen mitnichten einzig an der Front ab und die Veränderungen, die die Gesellschaft im Kontext der andauernden Kriegsbemühungen durchlebt, werden auf feinsinnige und berührende Art herausgearbeitet.

Szenenbild aus Testament of Youth | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Neben Vikander wissen aber auch Taron Egerton (Eddie the Eagle) als ihr Bruder Edward sowie Kit Harrington (Pompeii) als Roland Leighton zu überzeugen, gleichwohl sie stets im Schatten der Hauptfigur bleiben und lediglich Stationen in einem von Leid geplagten Leben darstellen, dessen unmittelbare und wahrhaftige Emotionalität Testament of Youth so berührend machen. Entsprechend ist das Gezeigte trotz moderater Altersfreigabe und ausgesparter "Front-Aufnahmen" harter Tobak und sicherlich nichts für einen beschaulichen Filmeabend, doch trübt oder schmälert das freilich nicht die Qualitäten dieses so gekonnt in Szene gesetzten Historien-Dramas, das sich bei all dem Leid und Verlust auch immer einen Funken Hoffnung bewahrt und meines Erachtens auf überzeugendste Art und Weise die Sinnlosigkeit und den Schrecken des Krieges herausarbeitet. Dabei steht Vera Brittain – auf deren Autobiografie das Skript des Filmes fußt – exemplarisch für eine ganze Generation, deren Leben auf grausamste und tragischste Art und Weis für immer verändert, in vielen Fällen gänzlich zerstört worden ist.

Fazit & Wertung:

Regisseur James Kent gelingt mit Testament of Youth ein über die Maßen beeindruckendes Historien-Drama, das ohne jeglichen Pathos oder melodramatischen Einschlag eine zutiefst emotionale und ungemein tragische Geschichte erzählt, die nicht nur vom Verlust der Unschuld einer ganzen Generation kündet. Dank ungewöhnlicher Perspektive und einer großartig aufspielenden Alicia Vikander eine zu Herzen gehende wie gleichermaßen nachdenklich stimmende Erzählung von Liebe und Leid.

8,5 von 10 Schrecken des Krieges

Testament of Youth

  • Schrecken des Krieges - 8.5/10
    8.5/10

Fazit & Wertung:

Regisseur James Kent gelingt mit Testament of Youth ein über die Maßen beeindruckendes Historien-Drama, das ohne jeglichen Pathos oder melodramatischen Einschlag eine zutiefst emotionale und ungemein tragische Geschichte erzählt, die nicht nur vom Verlust der Unschuld einer ganzen Generation kündet. Dank ungewöhnlicher Perspektive und einer großartig aufspielenden Alicia Vikander eine zu Herzen gehende wie gleichermaßen nachdenklich stimmende Erzählung von Liebe und Leid.

8.5/10
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Testament of Youth ist am 22.10.15 auf DVD und Blu-ray bei Sony Pictures erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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Review: Picnic at Hanging Rock (Serie)

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Kommen wir heute zu einer frisch erschienenen Miniserie, die ich allerdings leider mitnichten vorbehaltlos empfehlen kann, wie ich das im Vorfeld mal angenommen hatte, denn irgendwie verhebt sich die Show an ihren Themen, ihrer Ausrichtung, ihrer Optik doch merklich.

Picnic at Hanging Rock

Picnic at Hanging Rock, AU 2018, ca. 51 Min. je Folge

Picnic at Hanging Rock | © Universum Film
© Universum Film

Regisseure:
Michael Rymer
Larysa Kondracki
Amanda Brotchie
Autoren:
Beatrix Christian
Alice Addison
Joan Lindsay (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Natalie Dormer (Mrs. Appleyard)
Lily Sullivan (Miranda Reid)
Lola Bessis (Mademoiselle Dianne de Poitiers)
Harrison Gilbertson (Michael Fitzhubert)
Samara Weaving (Irma Leopold)
Madeleine Madden (Marion Quade)
Inez Currõ (Sara Waybourne)
Ruby Rees (Edith)
Yael Stone (Dora Lumley)
Philip Quast (Arthur)
in weiteren Rollen:
Marcus Graham (Tomasetti)
James Hoare (Albert Crundall)
Mark Coles Smith (Tom)
Don Hany (Dr. Mackenzie)
Anna McGahan (Miss Greta McCraw)
Bethany Whitmore (Blanche Gifford)
Mayah Fredes (Rosamund Swift)
Alyssa Tuddenham (Lily Kenton)
Kate Bradford (Rose Kenton)
Markella Kavenagh (Myrtle)
Jonny Pasvolsky (Sgt Bumpher)
Emily Gruhl (Minnie)

Genre:
Drama | Mystery | Romantik | Historie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Picnic at Hanging Rock | © Universum Film
© Universum Film

Am Valentinstag des Jahres 1900 unternehmen die Schülerinnen des australischen Appleyard College einen Ausflug zum Hanging Rock und veranstalten dort ein ausgedehntes Picknick, während die Leiterin des Internats mit den Schatten ihrer Vergangenheit zu kämpfen hat, die sie bis an dieses gefühlte Ende der Welt verfolgt zu haben scheinen. Auch einige der Mädchen scheinen ihr unlängst auf die Schliche gekommen zu sein, doch verschwinden insbesondere ebenselbige während des Ausfluges spurlos. Eine großangelegte Suche wird gestartet, um die drei Mädchen und die verschwundene Lehrerin zu finden, doch während die Tage verstreichen, scheint ein Erfolg der Aktion in immer weitere Ferne zu rücken. Unterdessen beginnt die Fassade des nach außen hin so renommiert wirkenden Appleyard College zunehmend Risse zu bekommen und immer mehr Eltern entscheiden sich, ihre Mädchen von der Schule zu nehmen, deren guter Ruf längst erste, tiefe Risse bekommen hat. Mrs. Appleyard ihrerseits ist allerdings nicht gewillt, das Leben einfach aufzugeben, das sie sich im fernen Australien mühsam aufgebaut hat…

Rezension:

Nach Beendigung der sechsteiligen Miniserie Picnic at Hanging Rock bin ich noch immer sehr unsicher, was genau ich von der im Australien des Jahres 1900 angesiedelten Show wirklich halten soll, bei der es sich um eine (weitere) Adaption des gleichnamigen Buches von Joan Lindsay handelt. Einerseits nämlich sind die einzelnen Episoden allein atmosphärisch und von ihrer Ausstattung her sehr gelungen, andererseits war selbst mir das Ende zu offen, zu nichtssagend, zu trivial geraten, was natürlich bei einer Geschichte, die ganz um ihr zugrunde liegendes Mysterium herum aufgezogen wird, ein echter Schuss vor den Bug ist. Dabei ist es nicht einmal die Auflösung oder Quintessenz des Ganzen, die mich enttäuscht hat, sondern vielmehr vielleicht noch, dass zahllose Nebenhandlungen, die anscheinend im Mittelteil als Füllwerk herhalten sollten, hier einfach nicht auserzählt werden und gänzlich im Sande verlaufen, wenn die Berührungspunkte zum Hauptplot nicht mehr gegeben sind.

Szenenbild aus Picnic at Hanging Rock | © Universum Film
© Universum Film

Schade, denn nach dem Theater, das um die Show gemacht worden ist, war ich doch sowohl gespannt als auch voller Erwartung, zumal hier Natalie Dormer (The Fades) als Mrs. Appleyard die Leiterin des Internats gibt und so einiges an Geheimnissen und verstörenden Erinnerungen mit sich trägt. Je größer aber das Rätsel allein um ihre Figur, umso überzeugender auch Picnic at Hanging Rock in seiner Gänze, weshalb auch hier die – in weiser Voraussicht – lediglich in der letzten Folge zu verortenden Erkenntnisse im Grunde recht ernüchternd geraten sind. Wo man aber ansonsten auch gerne mal kritisiert, eine Adaption könne nicht in ihrer Gänze alle Facetten eines Romans abbilden, bin ich hier sogar der Meinung, dass man es mit den insgesamt lediglich sechs Episoden vielleicht gar schon übertrieben hat, denn zwischen einem vielversprechenden Beginn und einem zumindest als solide zu bezeichnenden Ende liegen hier nun einmal insgesamt vier Folgen, die teils wirklich mehr schlecht als recht die Geschichte voranbringen oder sich gleich auf ausladende Rückblenden stürzen, die leider aber ebenfalls nicht viel Substanz aufweisen, sondern eben nur mal ein halbes Jahr in die Vergangenheit springen, um mal hier, mal da ein Mosaiksteinchen zu ergänzen.

So mag es grundsätzlich begrüßenswert sein, dass Picnic at Hanging Rock über die Versatzstücke der gerade mal 200 Seiten fassenden Novelle hinausgeht und das Geschehen zu "unterfüttern" sucht, doch ist man hier eben in keiner Weise konsequent und verliert tatsächlich zwischenzeitlich das namensgebende Ereignis beinahe gänzlich aus den Augen und konzentriert sich vielmehr auf das Mädcheninternat, seine mysteriöse Leiterin und allerlei Liebeleien und tragische Liebschaften, wobei die verschwundenen Mädchen hier eben auch "nur" in den Rückblenden glänzen dürfen, obwohl sie ja neben Dormers Figur die angeblichen Hauptrollen innehaben. So kann ich auch nicht behaupten, dass mich Lily Sullivan, Samara Weaving (The Babysitter) oder Madeleine Madden nachhaltig begeistert hätten, auch wenn jede von ihnen durchaus überzeugende Szenen für sich zu verbuchen weiß, doch fehlt dem Geschehen schlichtweg die klare Marschrichtung, um wirklich fesseln zu können. So scheinen die Macher eben weitaus mehr Wert auf eine mysteriöse Atmosphäre zu legen und es wirkt teils gerade so, als würde man aufs Geratewohl in den Zeiten springen, weil einem der Autoren dann doch noch eine wichtige Information eingefallen ist, die man hätte bringen müssen.

Szenenbild aus Picnic at Hanging Rock | © Universum Film
© Universum Film

Tatsächlich glaubte ich an mancher Stelle, die Show hätte gar besser funktioniert, wäre sie chronologisch erzählt worden und das Verschwinden der Mädchen hätte sich erst im Mittelteil der Staffel ereignet, denn so fühlte ich mich schlichtweg kaum involviert, bevor es zu dieser Schlüsselszene kam, die im Nachgang bis zum Erbrechen erneut aufgerollt wird, ohne dass bis zuletzt so einige Rätsel gelöst würden. So verhält es sich, dass ausnahmslos alle Mädchen während des Picknicks in einen unerklärlichen Schlummer fallen, der bis zuletzt als großes Mysterium aufrechterhalten wird, während man ansonsten mit reichlich uninspirierten Einschüben so etwas wie Schockmomente zu generieren versucht, die sich auf an Türen genagelte Tiere und über Schuhe kriechende Maden erstrecken, was aber ebenfalls kaum mehr als ein Stilmittel zu sein scheint, um ein bisschen morbides Flair zu verströmen. Dieser auf familientauglich getrimmte Horror wiederum beißt sich allenthalben mit einer oft und gern genutzten Weichzeichner-Optik, die wohl die Unschuld und Naivität der Mädchen unterstreichen soll, hier aber einfach nur reichlich altbacken wirkt und eben kaum mit der ansonsten bewusst auf modern getrimmten Inszenierung zusammenpasst. So versandet Picnic at Hanging Rock in beinahe allen Belangen in ärgerlichem Mittelmaß und blieb somit weit hinter seinen Möglichkeiten und auch meinen Erwartungen zurück. Ebenfalls ein Ärgernis – aber weder Teil meiner Kritik noch Wertung – ist der Umstand, dass die Miniserie bislang einzig und allein auf DVD veröffentlicht worden ist, denn das mühsam hochskalierte Bild lässt selbst die schönen Kulissen und malerischen Aufnahmen nicht eben im besten Licht erstrahlen. So mag es zwar keine Zeitverschwendung gewesen zu sein, der sechsteiligen Serie Zeit und Aufmerksamkeit geschenkt zu haben, doch hätte ich mir einfach mehr Substanz, ein kohärenteres Bild, eine packendere Story erwartet, während man stattdessen die Geschichte an den falschen Stellen aufgepolstert hat und viele weitaus interessantere Zusammenhänge und Andeutungen am Wegesrand links liegen lässt.

Fazit & Wertung:

Die als Miniserie konzipierte Neuinterpretation Picnic at Hanging Rock müht sich redlich, sich als historisches Mystery-Drama zu inszenieren, schießt mit den vielen ungeklärten Fragen und einer kruden Mischung aus Weichzeichner-Optik und aggressiv modernisierter Schnittführung jedoch die meiste Zeit über das Ziel hinaus und wirkt in seiner Gesamtheit kaum aus einem Guss, geschweige denn, dass die vielversprechend gestartete Geschichte wirklich über die Dauer von rund sechs Stunden zu faszinieren und packen wüsste. In der Art der Inszenierung sicherlich einzigartig, jedoch leider nicht immer unbedingt im positiven Sinne.

6 von 10 Rätseln und Mysterien um den Hanging Rock

Picnic at Hanging Rock

  • Rätsel und Mysterien um den Hanging Rock - 6/10
    6/10

Fazit & Wertung:

Die als Miniserie konzipierte Neuinterpretation Picnic at Hanging Rock müht sich redlich, sich als historisches Mystery-Drama zu inszenieren, schießt mit den vielen ungeklärten Fragen und einer kruden Mischung aus Weichzeichner-Optik und aggressiv modernisierter Schnittführung jedoch die meiste Zeit über das Ziel hinaus und wirkt in seiner Gesamtheit kaum aus einem Guss, geschweige denn, dass die vielversprechend gestartete Geschichte wirklich über die Dauer von rund sechs Stunden zu faszinieren und packen wüsste. In der Art der Inszenierung sicherlich einzigartig, jedoch leider nicht immer unbedingt im positiven Sinne.

6.0/10
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Episodenübersicht:

1. Vergessene Welten (6,5/10)
2. Der verfluchte Berg (6/10)
3. Mädchenträume (5,5/10)
4. Verschlungene Pfade (5,5/10)
5. Das Ende der Zeit (6/10)
6. Am Abgrund (6,5/10)

 
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Picnic at Hanging Rock ist am 12.10.18 auf DVD im Vertrieb von Universum Film erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

vgw

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Review: The Promise – Die Erinnerung bleibt (Film)

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Auch an einem Feiertag – ja, hier bei uns in NRW ist heute Feiertag – lasse ich euch natürlich nicht ohne Filmkritik stehen und habe mich diesmal einem historischen (Kriegs-)Drama gewidmet, das mich zwar grundsätzlich überzeugt und ziemlich mitgenommen hat, das dramaturgisch aber gerne noch ein wenig ausgefeilter hätte sein dürfen.

The Promise
Die Erinnerung bleibt

The Promise, ES/USA 2016, 133 Min.

The Promise - Die Erinnerung bleibt | © Alive
© Alive

Regisseur:
Terry George
Autoren:
Terry George
Robin Swicord

Main-Cast:
Oscar Isaac (Mikael Boghosian)
Charlotte Le Bon (Ana Khesarian)
Christian Bale (Chris Myers)

in weiteren Rollen:
Daniel Giménez Cacho (Reverend Dikran Antreassian)
Shohreh Aghdashloo (Marta Boghosian)
Rade Serbedzija (Stephan)
Marwan Kenzari (Emre Ogan)
Angela Sarafyan (Maral)
Tom Hollander (Garin)

Genre:
Drama | Historie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus The Promise - Die Erinnerung bleibt | © Alive
© Alive

Im Jahre 1914 beschließt der armenische Apotheker Mikael, nach Konstantinopel zu reisen, um in der Hauptstadt des Osmanischen Reiches Medizin zu studieren, muss dafür allerdings seine Verlobte in dem beschaulichen Heimatort der beiden zurücklassen. Vor Ort lernt Mikael die ambitionierte Künstlerin Ana kenne, die ihrerseits mit dem amerikanischen Fotojournalisten Chris Myers liiert ist, doch ungeachtet dessen verliebt sich der junge Armenier Hals über Kopf in die schöne Frau, die alsbald seine Gefühle zu erwidern beginnt. Was aber wie eine tragische Liaison beginnt, nimmt ganz andere Ausmaße an, als mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges und der systematischen Verfolgung der Armenier das gesamte Land in Aufruhr gerät und Mikael in einem Gefangenenlager landet. Tatsächlich gelingt Mikael aber nach einer Zeit der Entbehrungen die Flucht und Anas und seine Wege kreuzen sich erneut. Zähneknirschend stimmt selbst Myers zu, Mikael dabei zu helfen, seine Familie und den Rest des Dorfes in Sicherheit zu bringen, doch wird das Land noch immer von den Kriegsgräueln erschüttert und selbst eine vermeintlich sichere Passage könnte in nackten Überlebenskampf münden, während die persönliche Situation der drei an sich schon verfahren genug wäre…

Rezension:

Lange Zeit schon hatte ich den von Terry George inszenierten Film The Promise – Die Erinnerung bleibt auf meiner Agenda stehen, wusste jedoch tatsächlich kaum etwas von den politischen Umständen, die diesen Film so dermaßen polarisieren ließen und war im Grunde nur darüber im Bilde, dass sich zwischen den drei Hauptfiguren eine Art Liebesdreieck entspinnen würde. Wie so oft war für mein Interesse hauptsächlich die Besetzung ausschlaggebend und nachdem ich den Film jüngst bei Amazon Prime entdeckt habe, musste ich relativ spontan dann den längst überfälligen Blick riskieren. Und während Georges Film bereits vor seiner Veröffentlichung mit Tiefstwertungen und Verrissen gestraft war, gleichzeitig aber bei Festivals Standing Ovations zur Folge hatte, liegt die Wahrheit wie so oft irgendwo dazwischen, denn weder ist es gerechtfertigt noch nachvollziehbar, den Film aufgrund seiner Botschaft und des Themas – dem noch immer oft und gerne geleugneten Genozid an den Armeniern – in der Luft zu zerreißen, noch hat man es mit einem modernen Klassiker zu tun, der Höchstwertungen verdient hätte, auch wenn ich jeden verstehe, der "aus reinem Protest" im Umkehrschluss die Höchstwertung vergeben hat.

Szenenbild aus The Promise - Die Erinnerung bleibt | © Alive
© Alive

Ich für meinen Teil bemühe mich freilich in meinem subjektiven Empfinden, das ich hier auf dem Blog zum Besten gebe, im Rahmen der filmischen Auseinandersetzung eine Art Objektivität zu wahren und dergestalt betrachtet, ist für mich The Promise ein zwar überzeugender, aber oft leider auch ein wenig fragmentarisch und überladen wirkender Historienfilm, der zweifellos ein wichtiges Thema anreißt, das oft und gerne totgeschwiegen wird (und mir daher auch weitestgehend neu war, was man in der heutigen, so aufgeklärt scheinenden Zeit nicht vermuten würde). Jedoch passen nicht alle Versatzstücke des Films wirklich nahtlos ineinander und während insbesondere die Szenen aus dem Kriegsgeschehen etwas tief in mir berührt haben und mit einer erschreckenden Eindringlichkeit inszeniert worden sind, wusste mich wiederum die dramaturgisch zwar durchaus sinnvolle Liebesgeschichte nicht gänzlich zu überzeugen. So ist die Bekanntschaft zwischen dem von Oscar Isaac (Mojave) verkörperten Apotheker Mikael und der Künstlerin Ana (Charlotte Le Bon) zwar noch gelungen, kommt im Rahmen der sich anbahnenden Affäre aber auch nicht über einschlägig bekannte Ansätze hinaus und wirkt in ihrer Machart gar zuweilen sehr schwülstig.

Hinzu kommt, dass ausgerechnet Christian Bale (Feinde) mich diesmal nicht hundertprozentig zu überzeugen wusste, was zwar weniger seinem wie immer grandiosem Schauspiel geschuldet ist, sondern dem, dass die Bedeutung und Funktion seiner Figur für meine Begriffe nicht genügend herausgearbeitet worden ist. So lässt deren Verhalten immer wieder Ansätze erkennen, er wüsste von der Affäre, während man andererseits zu denken bereit ist, es wäre ihm womöglich egal oder er habe sich damit abgefunden, derweil er trotz seiner (vermeintlichen) Wut sein Leben zu riskieren scheint, um die Familie desjenigen, der ihm die Frau ausgespannt hat, außer Landes zu schaffen. Nun kann man dem Charakter des Fotografen Chris natürlich schlichtweg ausgeprägte humanitäre Züge attestieren, doch dringt mir die eigentliche Story hier schlichtweg nicht tief genug in die Psyche ihrer Figuren vor, was daran liegen mag, dass eben dieser romantisch-tragische Ansatz im Grunde doch nur das Vehikel bleibt, um eine historisch bislang kaum beleuchtete Epoche zu visualisieren, der ansonsten schlichtweg der Ankerpunkt gefehlt hätte, den die Geschichte um Mikael, Ana und Chris zweifellos liefert.

Szenenbild aus The Promise - Die Erinnerung bleibt | © Alive
© Alive

Damit einhergehend weist der Anfang einige kleine Längen auf, während sich The Promise im Mittelteil – und nach einem Zeitsprung – kurzzeitig anfühlt wie ein gänzlich anderer Film, bevor es zur erneuten Begegnung unserer drei Protagonisten kommt, um die sich hier im Grunde alles dreht. Freilich bemüht sich Terry George auch, einen Blick auf die am Wegesrand vergessenen Gestalten zu werfen und zumindest ansatzweise anhand kleinerer Nebenhandlungen die Gräuel des Krieges zusätzlich zu verdeutlichen, doch ist hier eben für meinen Geschmack ein bisschen zu viel von allem in den Film gepackt worden, als dass es noch ein rundherum stimmiges Ganzes ergeben könnte. Für eine historische Behandlung des Themas fehlt es mir ein wenig an Tiefe und konkreten Eckdaten, für eine romantische Geschichte – tragisch hin oder her – fehlt es mir an ausgeprägter Romantik, weshalb ich den Film zwar immer noch uneingeschränkt empfehlen kann, man sich aber darüber im Klaren sein sollte, dass er lediglich als Trittbrett zu dienen imstande ist, um sich von hier ausgehend näher mit seinem Thema zu beschäftigen. Denn so drastisch und dramatisch das Gezeigte auch sein mag, fokussiert das Geschehen doch die meiste Zeit beinahe ausschließlich auf Mikael und sein Umfeld, was den Blickwinkel doch sehr eingeschränkt bleiben lässt. Dergestalt betrachtet ein zwar wichtiger Film, der hinsichtlich seiner reinen Dramaturgie aber auch hinter seinen Möglichkeiten bleibt und das Liebesdreieck zu offensichtlich nur als Aufhänger nutzt, um einen im Grunde ganz andere – und ungleich gewichtigere – Geschichte zu erzählen.

Fazit & Wertung:

Terry George versucht sich mit The Promise – Die Erinnerung bleibt daran, den Genozid an den Armeniern im Kinoformat aufzuarbeiten und hatte bereits im Vorfeld mit einigen Leugnern und Verweigerern zu kämpfen, was die Brisanz des Themas noch zusätzlich untermauert. Doch während ich es von einer dramaturgischen Warte aus verstehen kann, dass dieser immens schwierig zu transportierende Stoff um eine Dreiecks-Liebesgeschichte gestrickt worden ist, finden sich ausgerechnet hier kleinere Schwächen in der Inszenierung des Ganzen, so dass die tragische Liebe weit weniger zu berühren weiß als die vielen Kriegstragödien und unnötigen Opfer, die man im Verlauf dieser knapp über zwei Stunden währenden Odyssee präsentiert bekommt.

7,5 von 10 abscheulichen Kriegsverbrechen

The Promise – Die Erinnerung bleibt

  • Abscheuliche Kriegsverbrechen - 7.5/10
    7.5/10

Fazit & Wertung:

Terry George versucht sich mit The Promise – Die Erinnerung bleibt daran, den Genozid an den Armeniern im Kinoformat aufzuarbeiten und hatte bereits im Vorfeld mit einigen Leugnern und Verweigerern zu kämpfen, was die Brisanz des Themas noch zusätzlich untermauert. Doch während ich es von einer dramaturgischen Warte aus verstehen kann, dass dieser immens schwierig zu transportierende Stoff um eine Dreiecks-Liebesgeschichte gestrickt worden ist, finden sich ausgerechnet hier kleinere Schwächen in der Inszenierung des Ganzen, so dass die tragische Liebe weit weniger zu berühren weiß als die vielen Kriegstragödien und unnötigen Opfer, die man im Verlauf dieser knapp über zwei Stunden währenden Odyssee präsentiert bekommt.

7.5/10
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The Promise – Die Erinnerung bleibt ist am 18.12.17 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Alive erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

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Review: Ein verborgenes Leben – The Secret Scripture (Film)

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Zum Wochenende hin mal wieder eine aktuellere Filmempfehlung, wobei "Empfehlung" hier und diesmal leider mit Abstrichen betrachtet werden muss, denn dieser Film hätte meines Erachtens so viel mehr werden können, ist aber trotzdem in seinen besten Momenten sehr schön, beziehungsweise eher melancholisch/tragisch. Als Gesamtwerk nicht ganz so überzeugend, aber allemal einen Blick wert. Aber hey, was greife ich hier denn in einer Tour vor, lest doch einfach die nachfolgende Kritik!

Ein verborgenes Leben
The Secret Scripture

The Secret Scripture, IE 2016, 108 Min.

Ein verborgenes Leben - The Secret Scripture | © Wild Bunch/Universum Film
© Wild Bunch/Universum Film

Regisseur:
Jim Sheridan
Autoren:
Jim Sheridan (Drehbuch)
Johnny Ferguson (Drehbuch)
Sebastian Barry (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Rooney Mara (Rose)
Vanessa Redgrave (Lady Rose)
Jack Reynor (Michael McNulty)
Theo James (Father Gaunt)
Eric Bana (Dr. Grene)
in weiteren Rollen:
Tom Vaughan-Lawlor (McCabe)
Aidan Turner (Jack Conroy)
Susan Lynch (Nurse)

Genre:
Drama | Romantik | Historie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Ein verborgenes Leben - The Secret Scripture | © Wild Bunch/Universum Film
© Wild Bunch/Universum Film

Bereits seit einem halben Jahrhundert lebt die rund achtzigjährige Roseanne McNulty in der Nervenheilanstalt Roscommon, doch nun soll das Gebäude abgerissen werden und einem noblen Hotel weichen. Das nimmt die Erzdiözese Sligo zum Anlass, den Psychiater Dr. William Grene zu beauftragen, den Fall McNulty neu zu bewerten. Eingewiesen wurde Rose, nachdem sie nymphomanischer Tendenzen beschuldigt worden war, vor allem aber, ihr eigenes Kind ermordet zu haben. Grene ist schnell fasziniert von der alten Dame, weiß allerdings nicht so recht, welcher Version der Ereignisse er Glauben schenken soll, denn dass sie ihr eigenes Kind getötet hat, kann er sich beim besten Willen nicht vorstellen. In den letzten Tagen der Nervenheilanstalt sucht Grene das Gespräch mit Rose und taucht in deren Tagebücher und Aufzeichnungen ab, die eine lange zurückliegende Geschichte voller Tragik und Schmerz offenbaren, die ein gänzlich anderes Bild vom Schicksal der damals noch jungen Frau zeichnen…

Rezension:

Bereits zu Beginn von Ein verborgenes Leben – The Secret Scripture, wenn die beiden unterschiedlichen Erzählstränge einander gegenübergestellt werden, ohne dass man überhaupt so richtig in die Geschichte hat eintauchen können, offenbart sich ein gewisser spröder Charme des Gezeigten, der dem oft etwas sperrig wirkenden Stoff leider nicht immer zum Vorteil gereicht, auch wenn insbesondere der Part der jüngeren Rose durchaus mit einer gewissen Eindringlichkeit und dem latenten Gefühl der Bedrohung erzählt wird. Vielleicht hängt es aber auch damit zusammen, dass die von Rooney Mara verkörperte jüngere Version von Rose so dermaßen polarisiert, dass demgegenüber der in der "Gegenwart" (gemeint sind damit in diesem Fall grob gesprochen die 1980er-Jahre) verortete Plot nicht annähernd so überzeugend wirkt und insbesondere Vanessa Redgrave als ältere Rose regelrecht verschenkt wird, denn in Einzelmomenten vermag sie zwar anzudeuten, wie sie in der Rolle hätte glänzen können, doch kommt der Film über diese Ansätze kaum je hinaus.

Szenenbild aus Ein verborgenes Leben - The Secret Scripture | © Wild Bunch/Universum Film
© Wild Bunch/Universum Film

Ähnlich unnahbar und undurchsichtig erscheint gleichsam Eric Bana, der zwar einen durchaus charismatischen und sympathischen Dr. Grene gibt, seine Rolle aber abgesehen von der übertriebenen Anteilnahme und Aufopferungsbereitschaft aber nicht wirklich um nennenswerte Facetten zu ergänzen vermag. Dabei sind die Vorzeichen eigentlich ziemlich gut, denn immerhin hat sich der irisch-stämmige Regisseur Jim Sheridan (Brothers) seine Meriten längst verdient, gerade was Literatur-Adaptionen irischer Stoffe betrifft, derweil das ebenfalls The Secret Scripture betitelte Buch von Sebastian Barry bei seinem Erscheinen 2008 ja durchaus wohlwollend vom Feuilleton aufgenommen worden ist. Allerdings scheint Sheridan als Drehbuchautor auch vieles von den Anknüpfungspunkten an den irischen Befreiungskrieg herausgekürzt zu haben, so dass hier ganz klar einzig Rose‘ Leben im Vordergrund steht und man über die zeitgeschichtlichen Hintergründe nicht allzu viel erfährt, wenn es nicht ihr direktes Umfeld betrifft.

Für mich persönlich ein wenig enttäuschend war allerdings auch, dass für den Film damit geworben wird, dass Rose Tagebuch über ihren langjährigen Aufenthalt in der Psychiatrie führe, was so schlichtweg nicht stimmt, denn eigentlich führt sie vornehmlich über die vorangegangenen Ereignisse Buch, womit die fünfzig Jahre in der Nervenheilanstalt auch zu einer kurzen Episode in einem Film verkommen, der seinen Fokus ganz woanders sieht. Und dieser Fokus besteht eben weit mehr in der jungen Rose und ihrer unglücklichen Liebe zu dem von Jack Reynor (Free Fire) verkörperten Michael McNulty, derweil auch der katholische Priester Gaunt ein Auge auf die junge Frau geworfen hat. Hier versteht Theo James tatsächlich zu glänzen, derweil ich ihn bislang nur aus den Underworld-Filmen kannte, so dass er mich gleich doppelt zu überraschen wusste. Wie weiter oben schon erwähnt, ist der in den 1930ern angesiedelte Plot aber ohnehin ungleich überzeugender geraten und ist regelrecht durchwoben von irischer Melancholie, während man voller Mitgefühl betrachtet, wie Rose zunehmend und unverschuldet immer mehr Opfer der damaligen Umstände wird. Und gerade weil diese Schilderungen und Episoden so eindringlich und emotional geraten sind, ist jeder Schwenk zurück in die "Gegenwart" im Grunde so ärgerlich, weil im direkten Vergleich zumeist reichlich trivial geraten. Hinzu kommt, dass durch diesen steten Wechsel der Erzählfluss des Öfteren in Stocken gerät, womit wir wieder bei der etwas sperrigen Inszenierung angelangt wären, die das Geschehen manchmal regelrecht fragmentarisch erscheinen lässt.

Szenenbild aus Ein verborgenes Leben - The Secret Scripture | © Wild Bunch/Universum Film
© Wild Bunch/Universum Film

Das macht sich insbesondere zum Ende hin störend bemerkbar, wenn der sich um die junge Rose kreisende Plot langsam zu seinem Ende findet, denn plötzlich sieht sich Ein verborgenes Leben gezwungen, ohne die Hilfe der auch hier wieder bestechend agierenden Rooney Mara (A Ghost Story) ein befriedigendes und überzeugendes Ende zu schildern, woran er leider in weiten Teilen scheitert. Denn so sehr ich Eric Bana (Cold Blood) und Vanessa Redgrave (Coriolanus) zu schätzen weiß, schaffen auch sie es nicht, gegen den zunehmend konstruiert wirkenden Plot anzukommen, der reichlich holprig noch schnell mit einem Twist ums Eck zu kommen versucht, den man einerseits hat erahnen können, der andererseits klischeehafter und schwülstiger kaum sein könnte. Besonders stört mich das dahingehend, dass ich den Film grundsätzlich wirklich sehr gemocht habe und ruhig noch ein letztes Mal die Ausnahmeleistung von Mara unterstreichen möchte, doch fernab dessen finden sich am Wegesrand so viele Auslassungen und Ungereimtheiten, holprigen oder lapidar inszenierten Wendungen, dass Sheridans neuster Film irgendwo im soliden Mittelfeld strandet und spürbar alle Anlagen gehabt hätte, um regelrecht herausragend werden zu können.

Fazit & Wertung:

Mit Ein verborgenes Leben – The Secret Scripture versucht sich Jim Sheridan einmal mehr an der Adaption eines irischen Literaturstoffes und punktet mit namhafter und fähiger Besetzung sowie einem melancholisch gefärbten Flair, erzählt die eigentlich spannende wie tragische Geschichte von Rose McNulty aber leider so fragmentarisch und konstruiert, dass am Ende eher überzeugende Einzelszenen als ein stimmiges Ganzes in Erinnerung bleiben.

6,5 von 10 im Geheimen gehegten Erinnerungen

Ein verborgenes Leben – The Secret Scripture

  • Im Geheimen gehegte Erinnerungen - 6.5/10
    6.5/10

Fazit & Wertung:

Mit Ein verborgenes Leben – The Secret Scripture versucht sich Jim Sheridan einmal mehr an der Adaption eines irischen Literaturstoffes und punktet mit namhafter und fähiger Besetzung sowie einem melancholisch gefärbten Flair, erzählt die eigentlich spannende wie tragische Geschichte von Rose McNulty aber leider so fragmentarisch und konstruiert, dass am Ende eher überzeugende Einzelszenen als ein stimmiges Ganzes in Erinnerung bleiben.

6.5/10
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Ein verborgenes Leben – The Secret Scripture ist am 25.05.18 auf DVD und Blu-ray bei Wild Bunch im Vertrieb von Universum Film erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

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The post Review: Ein verborgenes Leben – The Secret Scripture (Film) appeared first on Medienjournal.

Review: Outlaw King (Film)

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Selbstredend komme ich auch heute wieder mit einer Filmkritik daher und widme mich einem vergleichsweise aktuellen Wert, auch wenn es sicherlich ambivalent zu bewerten ist, dass solcherlei Filme direkt im Stream und nicht erst im Kino landen, gleichwohl ich persönlich ja wirklich schon seit langem kein Kinogänger mehr bin und mich folglich eher freue, so unkompliziert und zeitnah Zugriff auf solche Werke zu haben, denn empfehlenswert ist David Mackenzies neuer Film allemal.

Outlaw King

Outlaw King, UK/USA 2018, 121 Min.

Outlaw King | © Netflix
© Netflix

Regisseur:
David Mackenzie
Autoren:
Bathsheba Doran
David Mackenzie
James MacInnes

Main-Cast:
Chris Pine (Robert Bruce, Earl of Carrick)
Aaron Taylor-Johnson (James Douglas, Lord of Douglas)
Florence Pugh (Elizabeth Burgh)
Billy Howle (Edward, Prince of Wales)
Sam Spruell (Aymer de Valence, Earl of Pembroke)
Tony Curran (Angus Og Macdonald, Lord of Islay)
Callan Mulvey (John III Comyn, Lord of Badenoch)
James Cosmo (Robert Bruce Senior)
Stephen Dillane (King Edward I of England)

Genre:
Action | Biografie | Drama | Historie | Krieg

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Outlaw King | © Netflix
© Netflix

Zähneknirschend und notgedrungen unterwerfen sich 1304 die schottischen Adligen dem englischen König Edward I. und geloben erneut ihre Treue zur englischen Krone. Insbesondere Robert the Bruce kann kaum akzeptieren, vor dem verhassten König buckeln zu müssen, beugt sich aber ebenfalls der Notwendigkeit, um einen brüchigen Frieden zu gewährleisten. Kurz darauf erfährt Robert, dass König Edward für ihn die Eheschließung mit der englischen Elizabeth Burgh arrangiert hat, um das neue Bündnis zu zementieren, doch verstehen sich die Zwangsverheirateten alsbald überraschend gut. Als dann aber kurze Zeit später der vom schottischen Volk geliebte Rebell William Wallace, gefoltert, getötet und zerteilt wird, um Teile seines Körpers als Mahnung öffentlich zur Schau zu stellen, ist für Robert das Maß voll und er entschließt sich neuerdings zu einer offenen Rebellion. Kurzerhand lässt Robert sich seinerseits zum König erklären und versucht, die schottischen Adligen unter seinem Banner zu vereinen, doch auch wenn ihm anfänglich offene Skepsis und Furcht entgegenschlagen, mehren sich doch nach und nach sein Ruhm und Einfluss, auch wenn der alternde König Edward und dessen gleichnamiger Sohn, der Prinz von Wales, längst zum Gegenschlag ausholen…

Rezension:

Im Grunde kann man den jüngst bei Netflix veröffentlichten Outlaw King als innoffizielle Fortsetzung zu dem vor mehr als zwei Dekaden entstandenen Braveheart begreifen, denn hier wird statt der Geschichte von William Wallace nun die von Robert the Bruce zum Besten gegeben, der nach Wallace‘ Ableben seinerseits gegen den englischen König aufbegehrte, doch selbst wenn dem nicht so wäre, sind die Filme freilich dermaßen artverwandt, dass sich ein Vergleich schier aufdrängt. Dennoch möchte ich mir das an dieser Stelle sparen, zumal meine letzte Sichtung des Mel-Gibson-Films gut und gerne zehn Jahre zurückliegen mag und ich mich nur noch an die wirklich ikonischen Szenen gut erinnern kann. Ein Vergleich ist aber auch gar nicht vonnöten, denn der von David Mackenzie – einem Schotten übrigens – inszenierte Film weiß sowohl für sich alleinstehend zu überzeugen als auch mit einem eigenen Ansatz des Storytellings eine historisch akkurate(re) Umsetzung des Stoffes zu kreieren. Nach dem mehrfach Oscar-nominierten Hell or High Water tut Mackenzie sich hier erneut mit Chris Pine zusammen und diese Wahl erweist sich als goldrichtig, denn der charismatische Schauspieler überzeugt als stoischer, von innerer Überzeugung und Freiheitswille getriebener Rebell.

Szenenbild aus Outlaw King | © Netflix
© Netflix

Aber auch sonst steht und fällt Outlaw King mit seinem Protagonisten, denn Pine ist in beinahe jeder Szene vertreten und der unbestrittene Fixpunkt in dem Historien-Epos, dessen Schauwerte mühelos auch für das Kino gelangt hätten. Nichtsdestotrotz hatte ich wiederum an anderer Stelle das Gefühl hier würde inszenatorisch auf Sparflamme gekocht werden, so dass die Scharmützel und Auseinandersetzungen teils irritierend klein ausgefallen sind, was aber auch an Roberts zunächst doch sehr überschaubarer Truppe gelegen haben mag. Das schmälert aber kaum die Faszination für das oft rohe und brutale Treiben, dem man hier beizuwohnen eingeladen wird, denn während sich insbesondere hoch budgetierte Blockbuster oft die Kritik gefallen lassen müssen, zu sauber, klinisch oder steril zu wirken, ist sich Mackenzie jederzeit bewusst, ein blutiges und dreckiges Schlachten-Epos zu inszenieren, wenngleich die Kämpfe mitnichten im Vordergrund stehen oder die Handlung des Films über Gebühr dominieren würden.

So gelingt Mackenzie hier nämlich vielmehr das seltene Kunststück, weit eher eine Art Charakter-Drama zu inszenieren, ohne auf weitschweifige Dialoge zurückgreifen zu müssen, sondern viel über Blicke, Einstellungen und Stimmungen zu transportieren, was freilich vorrangig für Pines Figur gilt, sich aber auch auf weitere Gestalten übertragen lässt. Und derer hat Outlaw King reichlich, so dass es schwerfallen dürfte, all die Prinzen, Lords und Earls auseinander zu halten, doch zumindest Aaron Taylor-Johnson (Nocturnal Animals) weiß sich hier als James Douglas auch neben Pine zu behaupten und überraschte mich gar mit einigen wahnsinnig intensiv und leidenschaftlich gespielten Szenen, während er in der Rolle gänzlich aufzugehen schien und folglich kaum wiederzuerkennen war. Als noch weitaus größerer Szenendieb entpuppte sich aber die mir bislang unbekannte Florence Pugh als Roberts Gemahlin Elizabeth Burgh, gleichwohl man einräumen muss, dass sie ohnehin schon in einem zu beinahe hundert Prozent männlichen Cast heraussticht. Insbesondere aber die Liebe zwischen Elizabeth und Robert fügt sich absolut harmonisch und organisch in die Story ein und verzichtet auf jeglichen Kitsch.

Szenenbild aus Outlaw King | © Netflix
© Netflix

So mag eine der großen Stärken von Outlaw King sein, dass er sich in überraschend vieler Hinsicht unerwartet zurückhält und nimmt, beinahe gänzlich auf jedwedes Pathos verzichtet und kein Interesse daran zeigt, schwülstige oder romantisch verklärte Ritter-Märchen zu erzählen, sondern sich stattdessen ganz auf die raue Wirklichkeit konzentriert. Dabei spart der Film die Gräueltaten und bitteren Verluste mitnichten aus, hat es aber auch nicht nötig, effekthascherisch draufzuhalten, was sehr für die gelungene Inszenierung des Ganzen spricht, die wirklich nur an ganz wenigen Stellen leichte Risse bekommt oder zuletzt kurz ins Kitschige abdriftet. Diese Kleinigkeiten außenvorlassend, ist Mackenzie ein ungemein atmosphärischer Historienfilm gelungen, der an vielen Stellen vielleicht nicht auf klassische Art mitreißend gestaltet worden ist (auf pathetische Motivationsreden braucht man hier nicht hoffen), in seiner Urtümlichkeit und Schnörkellosigkeit allerdings ganz andere Stärken betont und unterstreicht, dass dieses Aufbegehren gegen die englische Krone mitnichten etwas von romantischem Rittertum hatte, sondern einem entbehrungsreicher Marsch durch Blut, Schlamm und Dreck entsprach, derweil die Geschichte selbst dem Regisseur und Co-Autor hier das passende Happy-End geliefert hat.

Fazit & Wertung:

Zweifellos wäre David Mackenzies Outlaw King für die Kinoleinwand geradezu prädestiniert gewesen, doch entfaltet die ruhige brodelnde Anziehungskraft des Films ihren Reiz auch auf der kleinen Leinwand, während insbesondere Chris Pine als Robert the Bruce in einer zwar wortkargen, aber durchaus feinsinnig gezeichneten Charakterstudie überzeugt. Brachiale Schlachtenszenen, hochwertige Produktion und die gewohnt schöne schottische Landschaft tun hierbei ihr Übriges.

8 von 10 erbitterten Auseinandersetzungen zwischen Schotten und Engländern

Outlaw King

  • Erbitterte Auseinandersetzungen zwischen Schotten und Engländern - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Zweifellos wäre David Mackenzies Outlaw King für die Kinoleinwand geradezu prädestiniert gewesen, doch entfaltet die ruhige brodelnde Anziehungskraft des Films ihren Reiz auch auf der kleinen Leinwand, während insbesondere Chris Pine als Robert the Bruce in einer zwar wortkargen, aber durchaus feinsinnig gezeichneten Charakterstudie überzeugt. Brachiale Schlachtenszenen, hochwertige Produktion und die gewohnt schöne schottische Landschaft tun hierbei ihr Übriges.

8.0/10
Leser-Wertung 0/10 (0 Stimmen)
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Outlaw King ist seit dem 09.11.18 exklusiv bei Netflix verfügbar.

vgw

The post Review: Outlaw King (Film) appeared first on Medienjournal.

Review: Black 47 (Film)

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Auch diese Woche habe ich freilich wieder einige Film-Kritiken in petto und kann schon jetzt verraten, dass bis einschließlich Freitag sämtliche Werke – selbst die morgige Buch-Rezension – mit "B" beginnen werden, wobei ich jetzt nicht wirklich sagen könnte, inwieweit diese Information euch weiterhelfen mag.

Black 47

Black ’47, IE/LU 2018, 100 Min.

Black 47 | © Ascot Elite
© Ascot Elite

Regisseur:
Lance Daly
Autoren:
Lance Daly
P.J. Dillon
Pierce Ryan

Main-Cast:
Hugo Weaving (Hannah)
James Frecheville (Feeney)
Stephen Rea (Conneely)
Freddie Fox (Pope)
Barry Keoghan (Hobson)
Moe Dunford (Fitzgibbon)
Sarah Greene (Ellie)
Jim Broadbent (Lord Kilmichael)

Genre:
Historie | Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Black 47 | © Ascot Elite
© Ascot Elite

Im Jahre 1847 kehrt Martin Feeney als Deserteur aus Afghanistan zurück, wo er unter britischer Flagge gekämpft hat, um daheim in Irland seiner Familie beizustehen, doch die grüne Insel wird geplagt von "An Gorta Mor", der Großen Hungersnot, die zwischen 1845 und 1852 rund eine Million Menschen dahinraffen sollte. Feeney muss erfahren, dass seine Mutter bereits am Hunger gestorben ist, während sein Bruder von den Briten zum Tode verurteilt und hingerichtet worden ist. Schließlich muss Feeney noch erleben, wie sein Neffe erschossen wird und findet schlussendlich seine Schwägerin erfroren in ihrem mutwillig zerstörten Heim. Aller Verbindungen zu seinem früheren Leben beraubt, startet der wortkarge Kriegsheimkehrer einen Rachefeldzug quer durch die politischen und gesellschaftlichen Instanzen der britischen Besatzer, die ihrerseits den geächteten Hannah auf den Deserteur ansetzen, mit dem er einst Seite an Seite gekämpft hat…

Rezension:

So ganz einig bin ich mir nicht, was ich von Lance Dalys Black 47 halten soll, denn einerseits widmet sich das ambitionierte Filmprojekt einem gern ignorierten, quasi totgeschwiegenen Kapitel der irischen Geschichte, andererseits versäumt der Filmemacher aber auch immer wieder Chancen, sich diesem Thema abseits teils drastischer, erschreckender Bilder wirklich eingehend zu widmen. Der Plot des Films wird dabei als überschaubar stringenter Genre-Beitrag in Form eines Rache-Trillers angelegt, in dessen bewusstem Minimalismus sich zwar die Ohnmacht und Wut des Protagonisten Feeney widerspiegelt, dessen Distanziertheit aber eher dem außenstehenden Kolonialisten Hannah hätte vorbehalten bleiben dürfen. So erblickt man zwar aus sowohl Feeneys als auch Hannahs Augen all die Gräuel, denen sich die irische Bevölkerung ausgesetzt sieht, doch verhindert die stilisierte, entsättigte Inszenierung eher, dass man sich in deren Lage versetzen kann, als dass es das Elend unterstreichen würde.

Szenenbild aus Black 47 | © Ascot Elite
© Ascot Elite

Eines der großen Probleme aber, die ich mit der Handlung von Black 47 hatte, war, dass dieser Martin Feeney – dargestellt von James Frecheville – nicht nur bis zuletzt unnahbar und damit wenig greifbar bleibt, sondern als Protagonist auch über die Maßen blass, so dass die reinen Gründe für sein Handeln und den angestrebten Rachefeldzug zwar nachvollziehbar skizziert werden, mich aber auf emotionaler ebene kaum zu erreichen wussten. Nun mag es sicherlich beabsichtigt gewesen sein, Feeney möglichst emotionslos und resigniert zu zeigen, doch erschwert das den Zugang zu der Figur erheblich, derweil seine Figur anfänglich weit mehr im Vordergrund steht als der von Hugo Weaving (Hacksaw Ridge) verkörperte Hannah. Was hingegen gelingt, ist das gegenläufige Spannungsverhältnis zwischen den beiden ehemaligen Kriegskameraden, obwohl und gleichsam gerade weil sie sich in den seltensten Fällen am selben Ort befinden, denn während Feeney seine Resignation in ohnmächtige Wut verwandelt, wandelt sich Hannahs anfängliche Distanziertheit in langsames Begreifen, Erkenntnis und Betroffenheit, während die Umstände ihm vermehrt die irische Sicht der Dinge nahebringen.

In weiteren Rollen wissen insbesondere Freddie Fox (The Riot Club) als arroganter Emporkömmling Pope sowie Stephen Rea (V wie Vendetta) als spitzzüngiger Reiseführer und Übersetzer Conneely gekonnt Akzente zu setzen, derweil Jim Broadbent (Brooklyn) seine Rolle als Lord Kilmichael und damit Quasi-Verkörperung all dessen, was Feeney an den britischen Besatzern anprangert, gewohnt souverän ausfüllt. Der Fokus von Black 47 liegt aber ganz klar auf den Kontrahenten Feeney und Hannah, deren sich langsam offenbarende Gemeinsamkeiten den Kern des emotionalen Gefüges bilden, wobei man in Anbetracht der teils bis heute bestehenden Konflikte zwischen Iren und Engländern mitnichten auf eine Katharsis hoffen sollte, denn die bleibt den Handelnden – ihr eigenes Verderben schon von langer Hand im Blick – beinahe ausnahmslos verwehrt, derweil zumindest die den Film beschließende Szene gehörigen Symbolcharakter besitzt.

Szenenbild aus Black 47 | © Ascot Elite
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Dennoch ist Black 47 aber auch ein Film der verpassten Chancen geworden, denn das simple Konstrukt des Rache-Plots verhindert es geradezu offensiv, dass Daly sich eingehender mit den Folgen und Hintergründen der Hungersnot auseinandersetzt, denn nach der teils regelrecht plakativ inszenierten Trisstesse wird es für Feeney stets Zeit für den nächsten Mord, derweil auch Hannah nebst Pope und Conneely kaum länger an einem Ort verweilen, um dem selbsternannten Rächer auf den Fersen zu bleiben. So ermöglicht diese Rahmenhandlung es dem Regisseur zwar, einen Western zu inszenieren, der gänzlich untypisch auf einer grünen Insel spielt (die hier wie erwähnt aber kaum als grün zu bezeichnen ist), verwehrt ihm in dieser Art der Stilisierung des Geschehens aber auch die Chance, noch weit mehr aus dem Kontext der Geschichte herauszuholen, denn das eigentliche Leid der irischen Bevölkerung verkommt hier doch allzu oft zu leisem Hintergrundrauschen. Gleichwohl ein durchaus sehenswerter Film mit einem überzeugend aufspielenden Hugo Weaving, doch liegen die Qualitäten hier oft mehr im Subtext, denn zu vieles bleibt – getreu dem propagierten Western-Flair – unausgesprochen.

Fazit & Wertung:

Der irische Regisseur Lance Daly liefert mit Black 47 ein grundsätzlich überzeugendes Historien-Drama ab, doch tut sich der Film mit seinem simplifizierten Rache-Plot nicht immer einen Gefallen, denn aus dem Kontext der Geschichte hätte man noch weit mehr machen können, wenn die überstilisierte, an einen Western gemahnende Inszenierung nicht den Zugang zum Stoff erschweren würde.

6,5 von 10 Momenten allumfassender Resignation

Black 47

  • Momente allumfassender Resignation - 6.5/10
    6.5/10

Fazit & Wertung:

Der irische Regisseur Lance Daly liefert mit Black 47 ein grundsätzlich überzeugendes Historien-Drama ab, doch tut sich der Film mit seinem simplifizierten Rache-Plot nicht immer einen Gefallen, denn aus dem Kontext der Geschichte hätte man noch weit mehr machen können, wenn die überstilisierte, an einen Western gemahnende Inszenierung nicht den Zugang zum Stoff erschweren würde.

6.5/10
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Black 47 erscheint am 14.12.18 auf DVD und Blu-ray bei Ascot Elite. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

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Review: Die Frau, die vorausgeht (Film)

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Und ein letztes Mal für diese Woche wird es Zeit für eine Film-Kritik, wobei ich mir von dem Werk tatsächlich mehr erwartet hätte, was mitunter an Jessica Chastain gelegen haben dürfte, die andererseits das Geschehen aber auch hier deutlich und merklich aufwertet.

Die Frau, die vorausgeht

Woman Walks Ahead, USA 2017, 101 Min.

Die Frau, die vorausgeht | © Universum Film
© Universum Film

Regisseurin:
Susanna White
Autor:
Steven Knight

Main-Cast:
Jessica Chastain (Catherine Weldon)
Michael Greyeyes (Sitting Bull)
Sam Rockwell (Silas Groves)
in weiteren Rollen:
Chaske Spencer (Chaska)
Ciarán Hinds (James McLaughlin)
Bill Camp (General Crook)
Rulan Tangen (Susan McLaughlin)

Genre:
Biografie | Drama | Historie | Western

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Die Frau, die vorausgeht | © Universum Film
© Universum Film

Die ambitionierte Malerin Catherine Weldon hat es sich zum Ziel gesetzt, den berühmten Sitting Bull, Häuptling der Lakota-Indianer, zu porträtieren und sendet ein entsprechendes Gesuch ab, ohne jedoch die Antwort hierauf abzuwarten. So begibt sie sich 1890 mit dem Zug gen Westen, nur um – vor Ort angekommen – mit dem Regierungsagenten James McLaughlin aneinanderzugeraten, der sie postwendend zurück nach New York schicken will. Der ebenfalls dort stationierte Colonel Silas Grove hält Weldon gar zunächst für eine Spionin, doch hindert dieser Gegenwind die Künstlerin nicht daran, schlussendlich doch noch Kontakt zu Sitting Bull aufzunehmen, der sich letztlich erweichen lässt, für sie Model zu sitzen. Im Gespräch erfährt Catherine einiges über das Leben der Indianer und ergreift schließlich Partei für die Einheimischen, während die amerikanische Regierung versucht, den Ureinwohnern nicht weniger als die Hälfte ihres Territoriums abspenstig zu machen…

Rezension:

Eigentlich wollte ich Die Frau, die vorausgeht schon im vergangenen Jahr gesichtet haben und war mehr als gespannt auf den Ausflug ins Jahre 1890, nachdem mir zuletzt Feinde – Hostiles eindrucksvoll bewiesen hat, wie spannend und packend das Thema behandelt werden kann, denn auch wenn die Ausgangslage freilich eine andere ist und der Tenor der Erzählungen voneinander abweicht, ist ein Vergleich nicht allzu weit hergeholt, wobei der heute thematisierte, von Susanna White inszenierte Film mit Abstand das Nachsehen hat. Das liegt meines Erachtens vornehmlich daran, dass ausgerechnet das Skript nicht recht zu wissen scheint, in welche Richtung sich die Geschichte entwickeln mag, was ich im Vorfeld niemals für möglich gehalten hätte, da das Drehbuch von niemand Anderem und Geringerem stammt als Steven Knight, der nicht nur mit No Turning Back unter Beweis gestellt hat, selbst trivialste Themen packend inszenieren zu können, sondern der auch mit seiner Serienschöpfung längst einen Stein bei mir im Brett hat.

Szenenbild aus Die Frau, die vorausgeht | © Universum Film
© Universum Film

Und diesem Knight gelingt es nun tatsächlich nicht, weder Weldon noch Sitting Bull ein scharfkantiges Profil angedeihen zu lassen, so dass beide Figuren auf die Fähigkeiten ihrer Darsteller angewiesen bleiben, was im Fall von Jessica Chastain (Molly’s Game) freilich eine sichere Bank darstellt, denn auch hier überzeugt sie in jeder Sekunde und mit jeder Nuance, während der mir bislang unbekannte Michael Greyeyes als Sitting Bull einen zumindest soliden Job macht, aber längst nicht die Ausstrahlung und Präsenz besitzt und verströmt, die man sich vielleicht erwarten würde. Vor allem aber mag man ihm seine Weisheit und Besonnenheit nicht abkaufen, allerspätestens, wenn er sich zunehmend den Plänen von Malerin Weldon unterordnet, die hier in Windeseile eine Wandlung von der unbedarft-naiven Künstlerin zur wehrhaft-aufsässigen Menschenrechtlerin vollzieht, was tatsächlich einzig aufgrund von Chastains Talent wenigstens halbwegs funktioniert. Alle weiteren Figuren – und insbesondere alle weiteren Ureinwohner – bleiben jedoch bloße Abziehbilder und grob skizzierte Stereotypen, was sogar auf die Charakterköpfe Sam Rockwell (Mr. Right) und Ciarán Hinds (Rom), deren Fähigkeiten hier regelrecht verheizt werden, derweil sich Knight zumindest auf den letzten Metern noch gedacht zu haben scheint, dass man Rockwells Figur doch zumindest einen rudimentären Background spendieren könnte, der zu diesem Zeitpunkt aber auch nichts mehr rausreißt.

So beginnt Die Frau, die vorausgeht noch vielversprechend, doch während sich im ersten Drittel einiges an dramaturgischem Leerlauf ergibt, überschlagen sich ab dem zweiten Drittel die Ereignisse zusehends, bis kaum noch erkennbar ist, ob der Film nun die ungewöhnliche Freundschaft zwischen Malerin und Indianer-Häuptling umreißen wollte, als historischer Polit-Thriller betrachtet werden will oder lieber ganz allgemein ein Zeitzeugnis der damaligen Begebenheiten sein will. Knight müht sich entsprechend, allerhand Themen anzureißen und aufzugreifen, doch ob es ihm oder Regisseurin White geschuldet ist, findet das Geschehen kaum je eine klare Linie und insbesondere der doch eher sang- und klanglose Abschluss der Erzählung ließ mich doch etwas ratlos zurück, was die vielen ungeklärten Fragen und offenen Punkte betraf, zu denen ich mir eine Auflösung oder ebenfalls zumindest einen Abschluss gewünscht hätte.

Szenenbild aus Die Frau, die vorausgeht | © Universum Film
© Universum Film

Und wenn dann noch allgegenwärtige Western-Klischees bemüht werden, obwohl sich Die Frau, die vorausgeht nicht nur dem Titel nach einen selbstbewusst-emanzipatorischen Anstrich gibt, versandet die Erzählung nur noch weiter, was irgendwann dann auch Jessica Chastain nicht mehr zu retten vermag, denn nur weil ihre Figur mit Abstand aus dem Reigen herausragt, ist sie doch nicht davor gefeit, zunehmend an Glaubwürdigkeit einzubüßen. Dabei merkt man dem Film immer wieder seine Bemühungen an, einen differenzierten Blick auf die damaligen Ereignisse werfen zu wollen, doch in Ermangelung eines klaren Fokus bleibt es bei den vielversprechenden Ansätzen. Immerhin das Szenenbild und die Kostüme sind hierbei durchweg gelungen und überzeugend, während man an der grundsätzlichen schauspielerischen Leistung auch nichts auszusetzen haben mag, doch in punkto Dramaturgie und Tiefgang bleibt dieses Werk wirklich weit hinter seinen Möglichkeiten zurück, was wie erwähnt in Anbetracht eines derart erfahrenen Autoren wie Steven Knight nur umso mehr verwundert und irritiert, denn Potential hätte die Geschichte allemal gehabt, die in der vorliegenden Form aber kaum mitzureißen vermag.

Fazit & Wertung:

In dem von Susanna White inszenierten Historienfilm Die Frau, die vorausgeht überzeugt zumindest Jessica Chastain in einer durchaus vielschichtig angelegten Rolle, doch wirkt die allgemeine Dramaturgie deutlich durchwachsener und klammert sich einmal zu oft an einschlägige Klischees, während Drehbuchautor Steven Knight deutlich zu viele Themen und Ansätze in gerade einmal hundert Minuten Laufzeit zu quetschen versucht. Das Endergebnis kann man sich ansehen, es bleibt aber weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.

6 von 10 unterdrückten und bedrängten Indianer-Stämmen

Die Frau, die vorausgeht

  • Unterdrückte und bedrängte Indianer-Stämme - 6/10
    6/10

Fazit & Wertung:

In dem von Susanna White inszenierten Historienfilm Die Frau, die vorausgeht überzeugt zumindest Jessica Chastain in einer durchaus vielschichtig angelegten Rolle, doch wirkt die allgemeine Dramaturgie deutlich durchwachsener und klammert sich einmal zu oft an einschlägige Klischees, während Drehbuchautor Steven Knight deutlich zu viele Themen und Ansätze in gerade einmal hundert Minuten Laufzeit zu quetschen versucht. Das Endergebnis kann man sich ansehen, es bleibt aber weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.

6.0/10
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Die Frau, die vorausgeht ist am 07.12.18 auf DVD und Blu-ray bei Universum Film erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

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Review: Raven – Söhne des Donners | Giles Kristian (Buch)

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Heute geht es mal wieder zu den Nordmännern auf hohe See, denn viel zu lange hatte ich schon das jüngste Abenteuer des noch unbedarften Raven hier liegen, der sich im vorangegangenen Teil der Kriegerschar um Jarl Sigurd angeschlossen hat.

Raven
Söhne des Donners
Raven-Saga 2

Raven: Sons of Thunder, UK 2011, 432 Seiten

Raven - Söhne des Donners von Giles Kristian | © Heyne
© Heyne

Autor:
Giles Kristian
Übersetzer:
Wolfgang Thon

Verlag (D):
Heyne
ISBN:
978-3-453-47163-4

Genre:
Historie | Action | Abenteuer

 

Inhalt:

Bei Einbruch der Dunkelheit kamen wir an Land. Das Reich der Franken. Ich wusste damals nichts über die Franken, aber trotzdem wog allein dieses Wort schwer. Es bedeutete Macht – ein Wort, in dem, zumindest in den Ohren eines Heiden, die Drohung von scharfem Stahl und hasserfüllten Kriegern mitschwang, und der neuen unersättlich gierigen Magie – der Magie des weißen Christus.

An Bord der Fjord-Elch sind Sigurd und seine Männer – unter ihnen auch der junge Osric, unlängst auf den Namen "Raven" getauft – noch immer unterwegs, um den Feigling und Verräter Ealdred dingfest zu machen, der an Bord der Seeschlange von der Küste von Wessex geflüchtet ist. Mit einem gewieften Plan gedenken sie, dem Schiff des Ealdorman aufzulauern, derweil Raven dessen hübscher Tochter Cynethryth langsam näher kommt, die sich nunmehr ebenfalls zu der Mannschaft der Fjord-Elch zählt, auch wenn das nicht jedem der Nordmänner behagt. Doch auch Raven hat sich noch längst nicht das Vertrauen der gesamten Kriegerschar verdient, weshalb es sein Glück ist, dass insbesondere ihr Anführer Jarl Sigurd ihm auch weiterhin gewogen ist, zumal der ihm alsbald eine unrühmliche Aufgabe übertragen wird, die ihn auf ewig bei den heidnischen Kriegern in Misskredit bringen könnte. Und doch scheint sich immer wieder zu bewahrheiten, dass Raven in der Gunst von Odin selbst zu stehen scheint…

Rezension:

Nachdem man hierzulande die Veröffentlichung der Romane von Giles Kristian mit der Sigurd-Saga begonnen hatte, hat deren Erfolg bekanntermaßen dazu geführt, dass auch die eigentlich einige Jahre zuvor entstandenen, wohlgemerkt aber der dreibändigen Saga chronologisch nachgelagerten – Geschichten von Raven eingedeutscht worden sind und nach dem Auftakt namens Raven – Blutauge liegt nun seit November vergangenen Jahres mit Raven – Söhne des Donners auch der zweite Band der ebenfalls dreibändigen Reihe in deutscher Erstauflage vor. Und auch hier wieder muss ich sagen, dass sich der Schreibstil des Autors durchaus entwickelt hat und man entsprechend merkt, dass dieses Buch noch vergleichsweise ungeschliffen daherkommt, während es mich insbesondere überrascht hat, wie simpel und stringent sich im Grunde die gesamte Geschichte präsentiert. Denn trotz kleinerer Schlenker in der Dramaturgie ist es doch recht überschaubar, wie sich Sigurds Wolfsrudel zunächst in Richtung des französischen Kaisers hinwendet, um sich später – legt mir das bitte nicht als Spoiler aus – wieder in die entgegengesetzte Richtung von dannen zu machen.

Er hatte mich auf die Probe gestellt, denn Sigurd glaubte, dass ein Jarl sowohl die Verschlagenheit Óðins als auch die grausame Stärke Thórs besitzen sollte. Er hatte diese beiden Fähigkeiten in gleichem Maß, und das war der Grund, warum ihm seine Männer bis zum Ende des Ozeans folgen würden.

Ansonsten funktioniert der von allen Raven genannte Jungspund in Sigurds Truppe auch hier wieder wunderbar als Erzähler, aus dessen Sicht die Abenteuer der umtriebigen Nordmänner geschildert werden, denen er sich einerseits verbunden fühlt, aber gleichsam unbestreitbar als Neuankömmling einen gewissen außenseiter-Status besitzt. Die Story schließt sich hierbei geradezu minutiös an den Vorgänger an und so sind Sigurd und Konsorten immer noch auf den Fersen von Ealdorman Ealdred, der ihnen kurz zuvor eines ihrer wertvollen Schiffe entwendet hat. In Gestalt von dessen Tochter Cynethryth wird hier zudem der Grundstein für eine zwar zaghafte, aber doch eben spürbar vorhandene Liebesgeschichte zwischen Raven und ihr gelegt, was natürlich die Motivation des jungen Mannes untermauert, ihn andererseits aber in einen gewissen Zwiespalt bringt, denn so sehr Ealdred das Vertrauen seiner Tochter enttäuscht haben mag, wird die es sicherlich nicht begrüßen, dass er von den versammelten Nordmännern hingerichtet werden soll, sollte man seiner habhaft werden.

Derweil dürfte einem die schroffe Kriegerschar natürlich längst ans Herz gewachsen sein – ob man nun zuvor die Sigurd-Saga oder "nur" den Auftaktband gelesen hat – und entsprechend wage ich zu behaupten, dass wer sich für Blutauge erwärmen konnte, auch an Söhne des Donners Gefallen finden sollte, zumal die Geschichte, da als direkte Fortsetzung konzipiert, hier deutlich schneller in die Gänge kommt und ungleich actionreicher wirkt, auch wenn es eine Weile bis zur ersten Konfrontation dauern wird. Darüber hinaus haben aber auch sowohl Sigurd als auch Raven wieder einiges an cleveren Listen in petto, die zwar nicht unbedingt neu wirken, dennoch Loki sicherlich stolz gemacht hätten. Besonders spannend indes ist hier insbesondere das sich ergebende Konfliktpotential, wenn die heidnischen Nordmänner sich alsbald mit den Anhägern christlichen Glaubens konfrontiert sehen, denn die Jagd nach dem verschlagenen Ealdorman ist freilich nur der Auftakt für eine ungleich abenteuerlichere Geschichte, denn da wäre ja immer noch das für die Christenheit enorm wichtige wie wertvolle Buch, das man nun an den Mann zu bringen gedenkt.

»Sigurd hat recht, was dich angeht, denn du hast uns nur Gutes gebracht.« Er nickte und stemmte den Schaft des Speeres in den Sand. »Du bist gezeichnet. Wie sonst könntest du noch atmen? Die Hälfte der Krieger, die mit Sigurd aufgebrochen sind, sind gefallen. Du hast neben Männern im Schildwall gestanden, die viermal besser sind als du, die einige der besten blutgierigen Wölfe waren, die unser Land jemals hervorgebracht hat. Und doch stehst du hier und spuckst große Töne.«

Auch diese abenteuerliche Reise ist natürlich wieder gespickt mit Erwähnungen und Geschichten nordischer Gottheiten, die von den Kriegern bei jeder sich bietenden Gelegenheit beschworen oder alternativ verantwortlich gemacht werden, derweil es ansonsten nicht nur sprachlich hier wieder gewohnt rau und roh zur Sache geht, was sich einerseits in den derben Beleidigungen, die man sich an den Kopf schmeißt, andererseits in den doch sehr expliziten Gewalttaten widerspiegelt, die Kristian hier zum Besten gibt. Zartbesaitet sollte man also auch diesmal nicht sein, wenn man gedenkt, mit den kampferprobten Nordmännern einen Platz an der Ruderbank zu teilen, doch wird das abwechslungsreiche Treiben dadurch nur umso kurzweiliger und wusste mich hier auch wieder mehr zu begeistern als noch bei dem eher gemäßigt inszenierten Vorgänger, der so seine Anlaufschwierigkeiten hatte, während es hier direkt – und vermehrt – in die Vollen geht.

Fazit & Wertung:

Der ursprünglich 2011 veröffentlichte Historien-Roman Raven – Söhne des Donners versteht sich als direkte Fortsetzung des Auftaktbandes der Raven-Saga und setzt genau dort ein, wo man Raven, Sigurd und die anderen Nordmänner zurückgelassen hat, so dass die Geschichte ohne Umschweife in Fahrt kommt und sowohl Spannung als auch Tempo über die gesamte Länge zu halten versteht. Nichtsdestotrotz ist die Geschichte vergleichsweise überschaubar und wenig überraschend geraten, bietet dafür aber enorme Kurzweil und eine gewohnt mehr als stimmige Atmosphäre.

7,5 von 10 Anbetungen nordischer Gottheiten

Raven – Söhne des Donners

  • Anbetungen nordischer Gottheiten - 7.5/10
    7.5/10

Fazit & Wertung:

Der ursprünglich 2011 veröffentlichte Historien-Roman Raven – Söhne des Donners versteht sich als direkte Fortsetzung des Auftaktbandes der Raven-Saga und setzt genau dort ein, wo man Raven, Sigurd und die anderen Nordmänner zurückgelassen hat, so dass die Geschichte ohne Umschweife in Fahrt kommt und sowohl Spannung als auch Tempo über die gesamte Länge zu halten versteht. Nichtsdestotrotz ist die Geschichte vergleichsweise überschaubar und wenig überraschend geraten, bietet dafür aber enorme Kurzweil und eine gewohnt mehr als stimmige Atmosphäre.

7.5/10
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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von Heyne. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.

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Raven – Söhne des Donners ist am 12.11.18 bei Heyne als Taschenbuch erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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Review: Raven – Odins Wölfe | Giles Kristian (Buch)

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Es kommt zwar selten genug vor, aber mit der heutigen Rezension beschließe ich dann wieder einmal eine Buch-Reihe beziehungsweise Trilogie, die leider meines Erachtens deutlich schmissiger hätte zu Ende gehen können, aber es kann ja nicht immer alles großartig und umwerfend sein, zumal mir der Ausflug zu den Wikingern – gerade zum Ende hin – doch grundsätzlich wieder gut gefallen hat.

Raven
Odins Wölfe
Raven-Saga 3

Raven: Odin’s Wolves, UK 2012, 560 Seiten

Raven - Odins Wölfe von Giles Kristian | © Heyne
© Heyne

Autor:
Giles Kristian
Übersetzer:
Wolfgang Thon

Verlag (D):
Heyne
ISBN:
978-3-453-47164-1

Genre:
Historie | Action | Abenteuer

 

Inhalt:

Also segelten wir jetzt nach Miklagard, der Großen Stadt. Denn auch wenn wir unseren Fáfnir-Schatz verloren hatten, waren wir immer noch Krieger, und man sagte, in Miklagard seien selbst die Häuser aus Gold. Außerdem gelüstete uns nach noch größerer Beute.

Nachdem Jarl Sigurd und seine Schar aus eidgebundenen Kriegern mit Glück und Geschick den Franken entkommen ist – auch wenn Raven dafür einen immensen Silberschatz hat opfern müssen – lassen sich die abenteuerlustigen wie ruhmesgierigen Wikinger und ihre englischen und dänischen Begleiter davon nicht beirren und so beschließt die Kriegerschar, zu der sagenumwobenen Stadt Miklagard zu segeln, die auch als Konstantinopel bekannt ist, denn dort sollen selbst die Häuser aus Gold bestehen und immense Reichtümer auf jeden tapferen Krieger warten. Doch der Weg dorthin ist gleichermaßen lang wie beschwerlich und nicht nur die unberechenbare See, sondern auch fremdländische Kämpfer mit teils beeindruckendem Kriegsgerät könnten sich als Problem erweisen. Bekanntermaßen steht Raven aber in Odins Gunst und auch sein Jarl Sigurd ist nicht zu Unrecht als regelrechter Schlachtengott bekannt und so wagen sie auf ihren Schiffen die beschwerliche Reise in die Fremde…

Rezension:

Mit Raven – Odins Wölfe ist nun seit einiger Zeit auch der Abschlussband der Raven-Saga in deutscher Sprache verfügbar, die seinerzeit den Grundstein für die an dieser Stelle ebenfalls bereits vorgestellte Sigurd-Saga gelegt hat, die allerdings den hier geschilderten Ereignissen chronologisch vorangeht. Das mag zunächst wenig Bewandtnis für den vorliegenden Band haben, doch merkt man das immer wieder daran, dass Autor Giles Kristian zwischen den beiden Trilogien sein Handwerk als Schriftsteller doch gehörig zu verfeinern gewusst hat, weshalb mir die Abenteuer des jungen Sigurd nicht nur in Summe deutlich besser gefallen haben als hier nun die Schilderungen von Raven, der wiederum unter dem Banner des älteren Sigurd segelt. Dabei sind es aber gar nicht die Schilderungen von Raven an sich, aus dessen Sicht der gesamte Roman geschildert wird, die mir sauer aufstoßen, sondern mehr der Umstand, dass es anfänglich reichlich richtungslos und damit mäßig spannend bleibt.

Sigurd hielt bis zum Schluss die Stellung. Er ging umher, schlug den Männern auf die Schultern und lachte und sagte, er wäre stolz, mit einem so wild zusammengewürfelten Haufen zu segeln. Seine Stimme hallte laut zwischen den Felsen.

Mit seinen knapp 550 Seiten ist der Abschlussband zwar unmerklich üppiger ausgefallen als seine Vorgänger, doch hatte ich insbesondere in der ersten Hälfte nicht das Gefühl, als würde Kristian genau wissen, worauf alles hinauslaufen würde oder in welche Richtung er in Raven – Odins Wölfe zu steuern gedenkt. So nächtigen die Wikinger mal an diesem, mal an jenem Strand, liefern sich die eine oder andere Auseinandersetzung und haben durchaus auch Verluste zu betrauern, kommen ansonsten aber nur schwer in die Gänge und mausern sich bei ihrer Ankunft in Rom gar zu regelrechten Touristen, was einem anfänglich ein Schmunzeln entlocken mag, dann irritiert und schlussendlich nur noch langweilt. Hinzu kommt, dass die Wikinger-Schar ja ursprünglich Konstantinopel zu plündern gedachte, doch durch eine Handvoll aberwitziger Zufälle nimmt die Handlung diesbezüglich eine irritierende und allzu rasch abgehandelte Wendung, der sich die abenteuerlustigen Wikinger recht vorbehaltlos beugen.

Obwohl also Raven – Odins Wölfe grob im letzten Drittel noch einmal deutlich an Fahrt aufnimmt und mir speziell zum Ende hin mit einigen überraschenden wie schockierenden Wendungen zu gefallen wusste, ist der Roman in seiner Gänze doch eher als durchwachsen zu bezeichnen und zu Beginn und im Mittelteil kaum würdig, diese Saga um Raven zu beschließen. Zwar mögen die einzelnen Episoden und Stationen für sich genommen durchaus unterhaltsam gewesen sein, doch musste ich mich mancherorts doch arg zusammenreißen, am Ball zu bleiben und weiterhin zu hoffen, dass Kristian und mit ihm die Wikinger ihren Fokus zurückerlangen. So ist es schon ein enorm langes Luftholen vor dem dramatischen Finale, das dem Autor dann auch irritierenderweise enorm packend und eindrücklich gelungen ist, auch wenn es hier doch ausgemacht blutig und explizit zur Sache geht.

»Ein Seeungeheuer?«, meinte Svein, als wir zum Bug gingen und uns suchend umsahen. Die anderen Mannschaften taten es uns gleich. Dann schrie ein Mann vor Schmerz auf, und plötzlich schlugen Pfeile in das Deck ein und klatschten in das Wasser um uns herum. Wieder platschte es laut, und diesmal spritzte die Fontäne einige Männer von der Fjord-Elch nass. Ein Pfeil schlug hinter den verblassten roten Augen in Jørmungands Schädel ein.

Und schlussendlich erklären sich dann auch die zusätzlichen Seiten in Raven – Odins Wölfe, denn nach einem letzten großen Blutbad nimmt sich der Autor dankenswerterweise noch die Zeit, sich einigen losen Fäden zu widmen und diese miteinander zu verknüpfen, was zwar nicht immer hundertprozentig elegant und überzeugend sein mag, mir aber weitaus besser gefallen hat, als wenn beispielsweise die von Beginn an schwelende Fehde zwischen Raven und dem Godi Asgot nicht noch einmal aufgegriffen worden wäre, derweil das Ende an sich befriedigend ist, aber gleichsam so offen, dass sich Giles Kristian alle Möglichkeiten bewahrt, die Geschichte zu einem späteren Zeitpunkt fortzuführen. Als Freund und Fan der Reihe(n) kann und sollte man diesen Abschlussband also durchaus auch gelesen haben, aber im Kontext der weiteren Vertreter der jeweiligen Sagen enttäuscht Odins Wölfe im Mittelteil schon ein wenig.

Fazit & Wertung:

Mit Raven – Odins Wölfe gelingt Autor Giles Kristian zwar ein durchaus würdiger Abschluss seiner Raven-Saga, doch ist der Weg dorthin oft steinig und beschwerlich, so dass die Geschichte zu Beginn und im Mittelteil leider arg episodisch und richtungslos wirkt. Wer aber die Vorgänger gelesen hat, wird sich den Finalband ohnehin nicht entgehen lassen wollen und wer Raven oder Sigurd noch gar nicht kennt, beginnt ohnehin mit dem jeweiligen Auftaktband. Dennoch schade, dass die Geschichte so durchwachsen zu Ende geht, auch wenn die letzten 150 Seiten doch sehr versöhnlich stimmen.

6,5 von 10 Anbetungen nordischer Gottheiten

Raven – Odins Wölfe

  • Anbetungen nordischer Gottheiten - 6.5/10
    6.5/10

Fazit & Wertung:

Mit Raven – Odins Wölfe gelingt Autor Giles Kristian zwar ein durchaus würdiger Abschluss seiner Raven-Saga, doch ist der Weg dorthin oft steinig und beschwerlich, so dass die Geschichte zu Beginn und im Mittelteil leider arg episodisch und richtungslos wirkt. Wer aber die Vorgänger gelesen hat, wird sich den Finalband ohnehin nicht entgehen lassen wollen und wer Raven oder Sigurd noch gar nicht kennt, beginnt ohnehin mit dem jeweiligen Auftaktband. Dennoch schade, dass die Geschichte so durchwachsen zu Ende geht, auch wenn die letzten 150 Seiten doch sehr versöhnlich stimmen.

6.5/10
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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von Heyne. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.

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Raven – Odins Wölfe ist am 08.04.19 bei Heyne als Taschenbuch erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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Review: Colette – Eine Frau schreibt Geschichte (Film)

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Ich bin zwar vergleichsweise spät dran, aber freilich habe ich auch heute noch eine Film-Kritik im Gepäck, bevor ich mich exakt jetzt in den wohlverdienten Feierabend verabschiede, es mir auf der Couch bequem mache und auf mein Essen warte, dass ich mir heute vom freundlichen Pizza-Lieferanten um die Ecke bringen lasse (auch wenn es diesmal Pasta geworden ist).

Colette
Eine Frau schreibt Geschichte

Colette, USA/UK/FR/HU/NL 2018, 111 Min.

Colette - Eine Frau schreibt Geschichte | © Universum Film
© Universum Film

Regisseur:
Wash Westmoreland
Autoren:
Richard Glatzer
Wash Westmoreland
Rebecca Lenkiewicz

Main-Cast:
Keira Knightley (Colette)
in weiteren Rollen:
Dominic West (Willy)
Denise Gough (Missy)
Fiona Shaw (Sido)
Eleanor Tomlinson (Georgie Raoul-Duval)

Genre:
Biografie | Drama | Historie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Colette - Eine Frau schreibt Geschichte | © Universum Film
© Universum Film

Als jüngste von vier Geschwistern wächst Sidonie Gabrielle-Colette in der Beschaulichkeit der ländlichen Bourgogne auf. Dergestalt wohlbehütet und unbedarft, erliegt sie schnell dem Charme des Pariser Schriftstellers Willy, der zunächst eine heimliche Liaison zu ihr unterhält und sie später ehelicht. So zieht Gabrielle-Colette zu ihm nach Paris, muss allerdings bald erkennen, dass die ehelichen Bande den umtriebigen Willy nicht daran hindern, sich auch anderweitig zu vergnügen. Obwohl sie schnell begreift, welche Art Lebemann und Schwerenöter sie geheiratet hat, raufen sich die beiden mehrere Male wieder zusammen und Colette erklärt sich gar bereit, als Ghostwriter für Willy zu fungieren, der schon seit jeher Auftragsarbeiten vergibt, die er dann unter seinem Namen veröffentlicht. So verfasst die Colette den autobiografisch gefärbten Roman über eine junge Frau namens Claudine und das Buch erobert die Herzen der Leser – und vor allem Leserinnen – im Sturm. Schnell drängt Willy darauf, sie möge eine Fortsetzung verfassen und Claudine ist in aller Munde, während Colette sich zunehmend darüber ärgert, dass allein ihr Mann die Lorbeeren für ihre Arbeit einheimst und nicht müde wird, mit seiner Romanfigur zu prahlen und gleichsam das Geld mit beiden Händen zu verprassen…

Rezension:

Beginnen wir diese Besprechung mit dem Bekenntnis, dass mir die namensgebende Colette, ihres Zeichens die "erfolgreichste, französische Schriftstellerin" im Vorfeld absolut kein Begriff gewesen ist, was natürlich für diese Art Biopic im Gewand eines Historien-Dramas Fluch und Segen zugleich sein mag, da ich mich auf Gedeih und Verderb darauf einzulassen habe, mit welchem Schwerpunkt und in welche Richtung die verantwortlichen AutorInnen die Geschichte zu lenken gedenken. Hierbei handelt es sich um das aus Richard Glatzer, Wash Westmoreland und Rebecca Lenkiewicz bestehende Trio, wobei erste Fassungen des Drehbuchs bereits 2001 verfasst, allerdings erst jetzt umgesetzt worden sind. Tragisch hierbei, dass insbesondere Richard Glatzer die Geschichte am Herzen lag, der bislang stets gemeinsam mit Westmoreland den Regieposten bekleidet hat (zuletzt bei Still Alice), allerdings 2015 verstorben ist, weshalb einerseits der Film ihm gewidmet worden ist und andererseits Westmoreland hier nun quasi sein Solo-Debüt als Regisseur gibt. Dieser Umstände aber einmal ungeachtet muss ich sagen, dass hier gleichsam ein gelungenes Porträt der Schriftstellerin wie auch der damaligen Zeit gelungen ist, das zufälligerweise gerade heute aktueller denn je wirkt.

Szenenbild aus Colette - Eine Frau schreibt Geschichte | © Universum Film
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So gibt sich Paris an der Schwelle zum 20. Jahrhundert nach außen hin ungemein progressiv und man kokettiert nur allzu gern mit dem Verruchten und Schlüpfrigem, was freilich hinter verschlossenen Türen ganz anders aussieht und zudem ganz den Vorstellungen des Patriarchats untergeordnet ist. So scheint es für Willy relativ selbstverständlich, sich allenthalben mit Prostituierten zu vergnügen, zumal Männer "eben einfach so sind", derweil dasselbe Recht für seine Frau einzuräumen, ihm absolut "indiskutabel" erscheint. Ganz anders sieht das für ihn freilich aus, als Colette damit liebäugelt, mit einer Dame anzubändeln, weil das ja absolut nicht zu vergleichen sei, wobei ihn auch hier alsbald der Futterneid überkommt. Insbesondere die erste Hälfte von Colette ist damit – sozusagen aus der Natur der Sache heraus – merklich von dem Lebemann und Schwerenöter Willy dominiert, der seines Zeichens von Dominic West (Tomb Raider) verkörpert wird. Und dem gelingt tatsächlich die meiste Zeit das seltene Kunststück, seine Figur eben nicht als absoluten Unsympathen anzulegen, denn auch wenn der Film an sich unweigerlich – und völlig zu Recht – auf die Seite von Colette zieht, blitzen doch auch immer wieder gegenseitige Zuneigung und Willys spitzbübischer Charme durch, die nachvollziehbar machen, weshalb sich Colette letztlich so lange von ihm hat unterjochen und ausnutzen lassen, obwohl sie ihn doch schnell durchschaut hat.

Dabei begehen Westmoreland und sein Team aber auch nicht den Fehler, die anfänglich unerfahrene und zurückhaltende Colette als wehrloses Mäuschen zu inszenieren, so dass die von Keira Knightley (Anna Karenina) verkörperte Frau ihrem Hallodri von Ehemann vom ersten Moment an Paroli bietet, auch wenn es freilich seine Zeit braucht, bis sie den zu großen Teilen auch gesellschaftlich auferlegten Ketten ihrer Ehe entwächst. So opportunistisch und egozentrisch Willy nämlich auch sein mag, ist er nämlich wie auch Colette schlichtweg ein Kind seiner Zeit und dass es damals Frauen verboten war, Hosen zu tragen, sagt schon viel darüber aus, wie frei und fortschrittlich es dann wirklich im Paris zu Zeiten der Jahrhundertwende zugegangen ist. Aus diesen Umständen rührt dann auch wiederum ein Teil der beinahe schon überraschenden Aktualität von Colette, denn während es ihr Mann durchaus anregend findet, wenn sie sich mit einer anderen Frau vergnügt, ist die Reaktion von ihm und Colettes Umwelt schon eine gänzlich andere, als sie Umgang mit dem von Denise Gough verkörperten Missy zu pflegen beginnt, der als Transmann Anfeindungen erfahren muss und um Selbstbestimmung und Akzeptanz kämpfen muss, wie es traurigerweise selbst heute noch der Fall ist. Wie man es derweil findet, dass diese Figur von einer Frau gespielt wird, derweil andere Transgender (Jake Graf und Rebecca Root beispielsweise) als Cisgender besetzt wurden, bleibt jedem selbst überlassen und soll nicht weiter thematisiert werden, einfach auch, weil ich dafür viel zu wenig im Thema bin.

Szenenbild aus Colette - Eine Frau schreibt Geschichte | © Universum Film
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Auf alle Fälle ist Colette in vielerlei Hinsicht nicht nur ein gelungenes Biopic, sondern widmet sich auch den Themen von Gleichstellung und Emanzipation, transportiert durch eine jederzeit selbstbewusst und selbstbestimmt ihr Leben bestreitende Colette, die dank überzeugender Darstellung seitens Knightley auch einige denkwürdige Szenen und Monologe für sich zu verbuchen weiß. Doch Westmorelands Film ist eben auch weit mehr als ein nicht ganz zweistündiger Befreiungsschlag, sondern thematisiert durch die Claudine-Romane gleich noch einen der ersten intermedialen Hypes, während man staunend beobachten darf, dass es auch um 1900 schon üblich und naheliegend war, Merchandise in allen Formen und Ausprägungen auf den Markt zu werfen, während die Pariser Damenwelt sich im Stile von Claudine zu kleiden beginnt. Allerdings wäre es schön gewesen, wenn diesbezüglich noch mehr in die Tiefe gegangen wäre, statt einfach nur abzubilden, dass alle nur erdenklichen Waren nun auch mit Claudine-Konterfei erhältlich sind. In der ersten Hälfte des Films wiederum hätte es selbigem gutgetan, schon etwas von den späteren Ereignissen und Themen anklingen zu lassen, denn gerade zu Beginn wirkt die Biografie doch wie ein sehr kühl nach Schema F durchkalkuliertes Historien-Drama von der Stange, was sich aber zum Glück noch vor Beendigung der ersten halben Stunde weitestgehend erledigt haben wird.

Fazit & Wertung:

Mit Colette gelingt Wash Westmoreland ein überzeugend und ansprechend inszeniertes Biopic der weltberühmten Schriftstellerin, in deren Rolle Keira Knightley merklich aufzugehen scheint. Ein etwas generischer und behäbiger Start trübt das Gesamtbild zum Glück nur unmerklich, derweil Colettes Aufbegehren für ein selbstbestimmtes Leben beinahe schon irritierend aktuell und relevant wirkt.

7,5 von 10 literarisch verarbeiteten Erlebnissen

Colette - Eine Frau schreibt Geschichte

  • Literarisch verarbeitete Erlebnisse - 7.5/10
    7.5/10

Fazit & Wertung:

Mit Colette gelingt Wash Westmoreland ein überzeugend und ansprechend inszeniertes Biopic der weltberühmten Schriftstellerin, in deren Rolle Keira Knightley merklich aufzugehen scheint. Ein etwas generischer und behäbiger Start trübt das Gesamtbild zum Glück nur unmerklich, derweil Colettes Aufbegehren für ein selbstbestimmtes Leben beinahe schon irritierend aktuell und relevant wirkt.

7.5/10
Leser-Wertung 8/10 (1 Stimme)
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Colette – Eine Frau schreibt Geschichte ist am 10.05.19 auf DVD und Blu-ray bei Universum Film erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

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Review: Black Road – Die Schwarze Straße Band 1: Im Norden steht ein Kreuz (Graphic Novel)

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Die neue Woche starte ich diesmal mit einer Graphic Novel fernab meiner in letzter Zeit üblichen Lesegewohnheiten. Viel Spaß!

Black Road
Die schwarze Straße
Band 1: Im Norden steht ein Kreuz

Black Road Vol. 1: The Holy North, USA 2016, 140 Seiten

Black Road - Die Schwarze Straße Band 1: Im Norden steht ein Kreuz | © Panini
© Panini

Autor:
Brian Wood
Zeichner:
Garry Brown

Verlag (D):
Panini Verlag
ISBN:
978-3-741-61109-4

Genre:
Action | Historie

 

Inhalt:

Während im mittelalterlichen Skandinavien ein erbitterter Glaubenskrieg zwischen dem Christentum und der heidnischen Welt der Wikinger entbrannt ist, bewegt sich der als Magnus der Schwarze bekannte Söldner und Krieger fernab beider Lager und bereist allein die eisigen Weiten, nachdem er seine eigene Frau hat zu Grabe tragen müssen. Der hochgewachsene wie kahlköpfige Nordmann nimmt dabei bereitwillig beinahe jeden Auftrag an und zögert demnach auch nicht lange, als er gebeten wird, einen römischen Kardinal nach Norden zu bringen, entlang der schwarzen Straße, die vor Gefahren und Tücke nur so wimmelt. Gemeinsam beginnen der gläubige Christ und der wortkarge Hüne ihre beschwerliche Reise, doch bald schon lauern ihnen am Wegesrand die ersten Kämpfer auf, die es anscheinend auf den Kardinal abgesehen haben und Magnus muss erkennen, dass sein Auftrag alsbald weit komplizierter und fordernder werden wird, als er dies ursprünglich angenommen hatte, während ihn zunehmend die Frage umtreibt, was genau ihn eigentlich im hohen Norden seines Landes am Ende der Straße erwarten würde…

Rezension:

Bereits im Januar ist bei Panini mit Black Road – Die schwarze Straße Band 1: Im Norden steht ein Kreuz die erste Hälfte der Geschichte von Magnus dem Schwarzen als hochwertige Hardcover-Ausgabe veröffentlicht worden. Mir erschließt sich zwar nicht ganz, warum man nicht gleich alle zehn Hefte der ursprünglich bereits 2016 erschienenen Serie in einem Band hat vereinen können, doch nachdem nun im Juli auch der zweite – und somit schon wieder letzte – Band der Reihe ebenfalls auf Deutsch veröffentlicht worden ist, wurde es für mich höchste Zeit mich in den eisigen Norden der skandinavischen Welt zu wagen, wo die Christianisierung langsam um sich zu greifen beginnt und der seit schicksalsträchtigen Ereignissen als Paria geltende und sich als Söldner verdingende Magnus sein Dasein fristet, bis er den nicht weniger folgenschweren Auftrag annimmt, einen römischen Kardinal die schwarze Straße entlang nach Norden zu eskortieren. Dabei hat es durchaus etwas für sich, zu wissen, dass die Geschichte auf gerade einmal zehn Hafte ausgelegt sein wird und man nicht damit zu rechnen hat, dass sich hier Fortsetzung an Fortsetzung reiht und Nebenfiguren sowie Geheimnisse sich zu türmen beginnen.

Brian Wood ist zudem kein unbeschriebenes Blatt, was Wikinger-Geschichten angeht, zeichnete schließlich auch vor Jahren schon für die immerhin 50 Ausgaben umfassende Serie Northlanders verantwortlich, bevor er sich im Nachgang (und mit einiger Zeit dazwischen) seinem Mini-Epos Black Road – Die schwarze Straße widmete. Nun bin ich mit den bisherigen Arbeiten von Wood nicht vertraut gewesen, doch gibt die Einleitung seitens Christan Endres da schon eine lohnende Ein- und Verortung zum Besten, zumal hier insbesondere Woods Verquickung altertümlicher Settings mit modernen Erzählmethoden angepriesen wird, dem ich mich vorbehaltlos anschließen kann. So prägt Endres den Begriff des Wikinger Noir und tatsächlich erinnert der wortkarge Magnus mit seinen lakonischen Off-Kommentaren frappierend an die Hauptfiguren so mancher Crime-Noir-Story, während Wood auch inszenatorisch von Vor- und Rückblenden Gebrauch macht, in einzelnen Heften mitten ins Geschehen wirft, um nur wenige Seiten später zurückzurudern und den Hergang zu erläutern.

Die Darreichungsform hat derweil ohnehin etwas sehr Cineastisches oder besser noch Serielles an sich, wenn je Heft nach unterschiedlich vielen Seiten ein ums andere Mal die Titeleinblendung erfolgt, ganz so, als würde man sich nach einleitenden Geschehnissen den Vorspann einer Serie ansehen. Allerdings bringt das auch mit sich, dass das Geschehen in Black Road – Die schwarze Straße Band 1: Im Norden steht ein Kreuz zuweilen etwas sprunghaft inszeniert wird, wenn Magnus in einem Moment noch von Wölfen attackiert wird und sich im nächsten Moment wieder wandernd durch die eisige Tundra bewegt, die ihn entlang der namensgebenden schwarzen Straße auf ein noch unbekanntes Ziel zusteuern lässt, gleichwohl der Leser hier dank Einschüben einen gewissen Wissensvorsprung besitzt. Das gilt derweil auch für die Handvoll bedeutsamer Figuren, die sukzessive durch wohlplatzierte Rückblenden an Profil und Charakter gewinnen und sich ein zunehmend klareres Bild ergibt, wen welche Beweggründe vorantreiben.

Tatsächlich wäre Black Road aber auch nur halb so faszinierend und überzeugend geraten, hätte Wood nicht als Zeichner Garry Brown verpflichten können, der zwar nicht eben mit filigraner Strichführung punktet, aber gerade mit seinen im besten Sinne grobschlächtig wirkenden, teils regelrecht brachial anmutenden Skizzierungen dem Ganzen ein einzigartiges und einnehmendes Flair verleiht, das natürlich Hand in Hand geht mit der hochwertigen Aufmachung, die der Panini Verlag der Serie hat angedeihen lassen. Einzig bei den Gesichtern hätte ich mir ein wenig mehr Feinschliff und Sorgfalt gewünscht, denn nicht nur die Mimik von Magnus wirkt mehr als einmal merkwürdig verzogen, was die Vermittlung der entsprechenden Emotionen zuweilen erschwert. Davon aber einmal abgesehen macht der Band eine optisch einwandfreie und vor allem einzigartige Figur, wohingegen die Geschichte zwar spannend und wendungsreich geraten ist, gerade im zweiten und dritten der fünf enthaltenen Hefte ein wenig mehr Tiefgang hätte vertragen können, denn allein die oben erwähnte Begegnung mit einem Rudel Wölfe wirkt in letzter Konsequenz wie eine Art Lückenfüller, der kaum weitere Bewandtnis für den Fortgang der Geschichte hat. Dafür wartet Wood mit einigen gelungenen Twists auf und auch die Art und Weise, wie Magnus erst nach und nach an Profil und Background gewinnt, weiß zu gefallen und lässt mich schon gespannt Band 2: Stirb wie ein Heide entgegenfiebern, der hier freilich längst zur Lektüre bereitliegt.

Fazit & Wertung:

Brian Wood und Garry Brown liefern mit Black Road – Die schwarze Straße Band 1: Im Norden steht ein Kreuz eine gelungene Wikinger-Noir-Story voller Düsternis und Gefahren ab, die ein einmaliges Flair zu verbreiten weiß, dramaturgisch aber durchaus noch ein wenig Luft nach oben gehabt hätte, was sich aber freilich mit dem zweiten Band noch ändern kann, der diese originär zehn Einzelhefte umfassende Miniserie zum Abschluss bringen wird.

7,5 von 10 Gefahren entlang der schwarzen Straße

Black Road – Die schwarze Straße Band 1: Im Norden steht ein Kreuz

  • Gefahren entlang der schwarzen Straße - 7.5/10
    7.5/10

Fazit & Wertung:

Brian Wood und Garry Brown liefern mit Black Road – Die schwarze Straße Band 1: Im Norden steht ein Kreuz eine gelungene Wikinger-Noir-Story voller Düsternis und Gefahren ab, die ein einmaliges Flair zu verbreiten weiß, dramaturgisch aber durchaus noch ein wenig Luft nach oben gehabt hätte, was sich aber freilich mit dem zweiten Band noch ändern kann, der diese originär zehn Einzelhefte umfassende Miniserie zum Abschluss bringen wird.

7.5/10
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Black Road – Die Schwarze Straße Band 1: Im Norden steht ein Kreuz ist am 22.01.19 im Panini Verlag erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den nachfolgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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Review: Black Road – Die Schwarze Straße Band 2: Stirb wie ein Heide (Graphic Novel)

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Auf den ersten Band muss logischerweise zeitnah auch der zweite folgen und deshalb begebe ich mich heute einmal mehr mit Magnus dem Schwarzen in den eisigen Norden und hoffe, ihr folgt mir.

Black Road
Die schwarze Straße
Band 2: Stirb wie ein Heide

Black Road Vol. 2: A Pagan Death, USA 2016, 124 Seiten

Black Road - Die Schwarze Straße Band 2: Stirb wie ein Heide | © Panini
© Panini

Autor:
Brian Wood
Zeichner:
Garry Brown

Verlag (D):
Panini Verlag
ISBN:
978-3-741-61236-7

Genre:
Action | Historie

 

Inhalt:

Noch immer befindet sich Magnus auf der Schwarzen Straße in Richtung Norden, nur dass er nicht mehr den jüngst zu Tode gekommenen Geistlichen eskortiert, sondern selbigen rächen will. Ganz davon abgesehen ist ihm die Adoptivtochter des Priesters jüngst ebenfalls in den Rücken gefallen, was aber die Schmiedin – eine alte Bekannte des in Ungnade gefallenen Nordmannes – geahnt zu haben scheint und sich früh an ihrer beiden Fersen geheftet hat. Gemeinsam mit Kitta legt Magnus nun die letzten Kilometer zu Eichenfestes Trutzburg am nördlichen Rand des Landes zurück, der dort in seinem Fanatismus eine Art Gegen-Vatikan auszurufen gedenkt und das heidnische Volk seiner Interpretation des christlichen Glaubens unterwerfen will. Als wären er und seine Soldaten nicht schon Gefahr genug, lauert irgendwo aber auch noch Julia und Magnus bezweifelt stark, ob er diesen Ausflug wird überleben können…

Rezension:

Vor einigen Wochen habe ich an dieser Stelle Black Road – Die Schwarze Straße Band 1: Im Norden steht ein Kreuz mit vielen wohlwollenden Worten bedacht und insbesondere in dem Wissen darum, dass die Geschichte nun mit Band 2: Stirb wie ein Heide bereits ihr Ende findet, musste ich mich nicht lange bitten lassen, mich erneut an die Fersen von Magnus dem Schwarzen zu heften. Und wie schon beim ersten Band kommt diese erneut fünf Hefte umfassende Sammlung als edles, großformatiges Hardcover daher, das sich sowohl in der Hand als auch im Regal sehen lassen kann. Derweil ich zuvor noch kritisiert hatte, warum man nicht gleich alle zehn Hefte in einer Ausgabe gebündelt hat, ergibt das nun insofern zumindest Sinn, dass beide Teile der Geschichte dramaturgisch tatsächlich recht klar voneinander abgegrenzt sind, denn wo zuvor noch episodische Begegnungen am Wegesrand dominiert haben, steuern wir hier ohne größere Umwege auf ein mehrbändiges finale zu, das mit einigen Überraschungen, aber auch einer gelungenen antiklimatischen Auflösung zu punkten versteht.

So wirkt der zweite Band deutlich stringenter und zuweilen aufwühlender als noch sein Vorgänger, was natürlich auch damit zusammenhängt, dass hier über weitere Rückblenden und Offenbarungen das Bild von Magnus weitere Facetten verliehen bekommt, derweil das Aufeinandertreffen von ihm und Eichenfeste kaum eindrucksvoller hätte geraten können. Dabei läuft Black Road – Die schwarze Straße Band 2 zu keinem Zeitpunkt Gefahr, langweilig zu werden und punktet mit einer fein austarierten Geschichte, die gekonnt zwischen Melancholie und innerem Monolog seitens Magnus sowie eruptiven Gewaltausbrüchen und schnittig inszenierten Auseinandersetzungen zu mäandern versteht. Und auch hier wieder ist es das gewisse Noir-Flair, dem durch Farbgebung und Magnus‘ Erörterungen aus dem Off Gewicht verliehen wird, was wiederum der Story an sich eine einzigartige Note angedeihen lässt.

Da versteht es sich fast von selbst, dass auch Black Road – Die schwarze Straße Band 2: Stirb wie ein Heide erneut von Brian Wood geschrieben und seitens Garry Brown bebildert worden ist, weshalb ich es nur der guten Ordnung halber erwähne. Insbesondere Browns expressionistischen, dynamischen und gleichsam regelrecht spartanischen Zeichenstil darf man aber auch gerne noch einmal loben im Zusammenhang mit dieser Geschichte, die schlicht nicht halb so eindrucksvoll ausgefallen wäre, hätte man sich eines konventionelleren Stils bedient. Einzig Julia – die Gründe dafür sind mir tatsächlich nicht ganz klar – verunstaltet Brown im Gesicht ein ums andere Mal, was den ansonsten großartigen Gesamteindruck aber nur unmerklich trübt.

Entsprechend weiß der zweite Band Black Road – Die schwarze Straße die Geschichte nicht nur zu einem zufriedenstellenden Ende zu bringen, sondern offenbart auch neue Qualitäten, wenn die fragmentarische Aneinanderreihung aus dem ersten Band einer deutlich dichteren, teils regelrecht minutiösen Erzählweise weicht und Magnus mehr denn je mit seiner eigenen Vergangenheit, dem Tod seiner Frau und dessen Auswirkungen konfrontiert wird, inmitten all der Gräuel und Schrecken zuweilen wirkt wie ein gebrochener Mann. Doch Magnus der Schwarze zeichnet sich auch hier wieder durch Stoizismus und Pragmatismus aus, so dass es kaum überrascht, dass der bärtige Hüne sich auch hier wieder allen Gefahren klaglos entgegenstellt, dabei aber nie zum tumben Schläger mutiert, sondern vor allem dank seiner differenzierten Betrachtungs- und Denkweise an Tiefe und Kontur gewinnt.

Fazit & Wertung:

Mit Black Road – Die schwarze Straße Band 2: Stirb wie ein Heide bringen Brian Wood und Garry Brown ihre Wikinger-Noir-Story zu einem kongenialen Abschluss, der nicht nur dem Vorgänger in nichts nachsteht, sondern dank hochtouriger Auseinandersetzungen, einer deutlich stringenteren Erzählweise und dem melancholischen Protagonisten noch gehörig einen drauflegt.

8 von 10 Gefahren entlang der schwarzen Straße

Black Road - Die schwarze Straße Band 2: Stirb wie ein Heide

  • Gefahren entlang der schwarzen Straße - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Mit Black Road - Die schwarze Straße Band 2: Stirb wie ein Heide bringen Brian Wood und Garry Brown ihre Wikinger-Noir-Story zu einem kongenialen Abschluss, der nicht nur dem Vorgänger in nichts nachsteht, sondern dank hochtouriger Auseinandersetzungen, einer deutlich stringenteren Erzählweise und dem melancholischen Protagonisten noch gehörig einen drauflegt.

8.0/10
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Black Road – Die Schwarze Straße Band 2: Stirb wie ein Heide ist am 25.06.19 im Panini Verlag erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den nachfolgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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Review: Les Misérables (Serie)

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Heute komme ich nicht nur mit einer brandaktuellen Serien-Kritik daher, sondern greife regelrecht vor, nachdem die DVD- und Blu-ray-Veröffentlichung der Miniserie auf Mitte nächsten Monats verlegt worden ist. Drüber sprechen wollte ich aber jetzt schon und habe dies nachfolgend auch in umfangreicher Form getan.

Les Misérables

Les Misérables, UK 2018-2019, ca. 45 Min. je Folge

Les Misérables | © Universum Film
© Universum Film

Regisseur:
Tom Shankland
Autoren:
Andrew Davies
Victor Hugo (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Dominic West (Jean Valjean)
David Oyelowo (Javert)
Lily Collins (Fantine)
Adeel Akhtar (Thénardier)
Josh O’Connor (Marius Pontmercy)
Ellie Bamber (Cosette)
Erin Kellyman (Éponine Thénardier)
Joseph Quinn (Enjolras)
Enzo Cilenti (Rivette)
Turlough Convery (Grantaire)
Archie Madekwe (Courfeyrac)
Donald Sumpter (Mabeuf)
Kathryn Hunter (Madame Victurnien)
Johnny Flynn (Félix Tholomyès)
Henry Lloyd-Hughes (Pontmercy)
Ron Cook (Hair and Teeth Dealer)
Alan David (Letter Writer)
David Bradley (Gillenormand)
Olivia Colman (Madame Thénardier)
Derek Jacobi (Bishop)

Genre:
Drama | Historie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Les Misérables | © Universum Film
© Universum Film

Während die Schlacht bei Waterloo 1815 Napoleons Herrschaft beendet und zum Ende des Französischen Kaiserreichs führt, verbüßt Sträfling Jean Valjean noch immer seine 19 Jahre während Haftstrafe für den Diebstahl eines Laibes Brot und mehrere gescheiterte Fluchtversuche. Unterdessen bändelt die junge Grisette Fantine mit dem Studenten Félix Tholomyès an, der sie alsbald schwängert und letztlich mit dem Kind sitzenlässt. Valjean wird letztlich aus der Haft entlassen, innerlich verhärtet und verbittert, und macht die Bekanntschaft mit einem gütigen Bischof, der versucht, ihn auf den Pfad von Tugend und Rechtschaffenheit zurück zu lotsen, nachdem Valjean sich von dem Leben und der Gesellschaft betrogen fühlt. Die Worte des Bischofs und sein Wohlwollen allerdings fruchten und Valjean mausert sich zu einem ehrenwerten Geschäftsmann und wird letztlich unter dem Namen M. Madeleine gar Bürgermeister und Fabrikant in Montreuil. Dort begegnet er auch Fantine, die unterdessen ihre Tochter Cosette in die Obhut der Gasthaus-Besitzer Thénardier gegeben hat, was sie allerdings Madeleine verschweigt, als sie auf der Suche nach einem Job bei ihm vorstellig wird. Doch nicht nur Fantine droht einstweilen von ihrer Vergangenheit eingeholt zu werden – zumal die gierigen Thénardiers immer horrendere Forderungen stellen – denn der frisch nach Montreuil versetzte Inspektor Javert erkennt alsbald in Madeleine den ehemaligen Sträfling Valjean und will ihn zur Rechenschaft ziehen. So drohen sowohl Fantines als auch Valjeans Geheimnis offenbar zu werden und sie in ungeahntes Elend zu stürzen…

Rezension:

Der 1862 veröffentlichte Roman Les Misérables von Victor Hugo dürfte wohl beinahe ausnahmslos jedem ein Begriff sein – unabhängig davon, ob man die Geschichte je gelesen hat – und sei es nur aufgrund des gleichnamigen, womöglich noch bekannteren Musicals, das nun auch bereits vor rund 40 Jahren – am 17. September 1980 – seine Uraufführung erlebt hat. Umso erstaunlicher für mich persönlich als durchaus literaturaffiner Mensch, dass ich bislang keinerlei Berührung mit dem Stoff gehabt habe und auch die Muscial-Adaption von 2012 bislang noch ungesehen im Schrank liegen habe. So kam es, dass ich gänzlich unvorbelastet an die nunmehr neueste Adaption des Stoffes herangehen konnte, die ebenfalls den Namen Les Misérables trägt und im vergangenen Jahr von der britischen BBC produziert und veröffentlicht worden ist. Die Handlung des Romans erstreckt sich hier auf insgesamt sechs rund einstündige Episoden, derweil es sich bei der deutschen DVD-/Blu-ray-Fassung so verhält, dass die Episoden neu zusammengesetzt und auf insgesamt acht Folgen verteilt worden sind, die logischerweise nun in kompakterer Form zu je rund 45 Minuten daherkommen.

Szenenbild aus Les Misérables | © Universum Film
© Universum Film

Ich erwähne das deshalb explizit, weil es zwar am grundsätzlichen Inhalt der Serie nichts ändern mag, sich aber durchaus in Sachen Pacing und Timing niederschlägt, so dass manche Episode ein recht abruptes ende findet oder irritierenderweise vor dem vermeintlichen Höhepunkt abbricht, der dann eben Teil der darauffolgenden Episode wird, so dass es sich einzig zur Halbzeit und am Ende "richtig" anfühlt, wie die einzelnen Folgen beendet werden. Das schmälert aber den positiven Gesamteindruck immerhin nur unmerklich und verwundert mich eher als dass es stört, schließlich ist die Anfertigung einer solchen alternativen Schnittfassung ja nun einmal auch mit einigem Aufwand verbunden. Ansonsten offeriert Les Misérables eine in meinen Augen ungemein lohnenswerte und gelungene Adaption des Romans, auch wenn mir hier die direkten Vergleichsmöglichkeiten fehlen, so dass ich die Miniserie relativ vorbehaltlos empfehlen kann, wenn man sich denn einem dergestalt schweren Thema widmen möchte, denn Armut und Tristesse, Hoffnungslosigkeit und Fatalismus sind hier durchaus vorherrschend und Momente des Glücks den Figuren nur selten und kurz vergönnt, wie ja auch schon der Titel vermittelt, aber auch den meisten bekannt sein dürfte.

Nichtsdestotrotz muss sich die Serie auch von einigen Seiten Kritik gefallen lassen, sei es, dass Aufbau und Bildkompositionen dem 2012er-Musical-Film entlehnt wären oder auch, dass sie Botschaft und Inhalt des Romans verfremde, wozu ich aber aus naheliegenden Gründen nichts sagen kann. Dafür kann ich Stellung nehmen zu dem ungemein gelungenen Set-Design, den Kostümen und Looks, der vorherrschenden Atmosphäre und der allgemeinen Ausstattung, die allesamt erkennen lassen, dass die BBC hier einiges an Geld und Aufwand in das Projekt gesteckt hat, für dessen Skript Andrew Davies verantwortlich zeichnet, der sich zuvor bereits an Serien-Adaptionen von unter anderem Krieg und Frieden und Sinn und Sinnlichkeit versucht hat. Auf dem Regiestuhl derweil nimmt für alle Episoden Tom Shankland Platz, der mich zuletzt mit seiner Arbeit an der leider weitestgehend untergegangenen Miniserie The City & The City begeistert hat und auch hier eindrucksvolle Bilder und Sequenzen findet und erschafft, um das tragisch-dramatische Treiben ins rechte Licht zu rücken. Nichtsdestotrotz ist das Geschehen eher elegisch inszeniert und entwickelt nur in gewissen Etappen eine von Sturm und Drang geprägte Erzählform, so dass man sich in direktem Vergleich zu einschlägigen Mainstream-Serien, die deutlich schneller, um nicht zu sagen gehetzter inszeniert sind, beinahe zu langweilen drohen könnte, wenn man nicht weiß, auf was für eine Art Erzählung man sich einlässt. Das allerdings ist selbstredend eine Frage des persönlichen Empfindens und Geschmacks und ich will es nur erwähnt haben, auf dass niemand sich ob der getragenen Inszenierung ärgern möge.

Ansonsten steht und fällt natürlich eine solche Produktion fernab ihres Budgets, ihrer Vorlage und Inszenierung mit ihrer Besetzung, die hier nicht nur ausnehmend umfangreich geraten ist, da Les Misérables trotz starkem Fokus auf einzelne Figuren eben vorrangig ein Ensemble-Stück ist und noch dazu gleich mehrere Dekaden umfasst. An vorderster Front steht hier Dominic West (Colette) als Jean Valjean und entpuppt sich mit seiner markigen Ausstrahlung als regelrechte Idealbesetzung, zumal er sowohl als verhärmter Gefängnisinsasse oder adretter Bürgermeister von Montreuil wie auch als verzweifelter und zuweilen jähzorniger Ziehvater zu überzeugen weiß, dem trotz seines rauen Äußeren und dem oft ruppigen Ton eine innere Zerbrechlichkeit und Herzensgüte innewohnt, die ihn als Identifikationsfigur und Sympathieträger geradezu prädestinieren. Ihm gegenüber steht David Oyelowo (A Most Violent Year) als Gefängniswärter und späterer Polizeiinspektor Javert, der sich im Verlauf des Reigens quasi zu Valjeans Nemesis mausert. Auch hier hat die Miniserie ob seiner Besetzung (unberechtigte) Kritik hinsichtlich fehlgeleiteter Political-Correctness einstecken müssen, doch steht meines Erachtens die schauspielerische Leistung gegenüber der Hautfarbe stets im Vordergrund und in dieser Hinsicht ist Oyelowo über jeden Zweifel erhaben und gibt einen gar großartigen, überzeugend vielschichtigen Javert ab. Zuletzt wäre in dem prestigeträchtig beworbenen Trio aus Hauptfiguren noch Lily Collins (Love Stories) in der Rolle der Fantine zu nennen, deren Unglück sich nach zunächst beschaulichem Leben in ungeahnte Höhen – oder in dem Fall Tiefen – schraubt und Collins ob der Tragik ihrer Figur zu schauspielerischen Höchstleistungen anspornt.

Szenenbild aus Les Misérables | © Universum Film
© Universum Film

Gegenüber einem derart prägnanten und charismatischen Dreiergespann haben die weiteren DarstellerInnen zwar beinahe unweigerlich das Nachsehen und beispielsweise das tragische Liebespaar Marius (Josh O’Connor) und Cosette (Ellie Bamber) weiß im weiteren Verlauf nicht annähernd so für sich einzunehmen, doch gibt es eben einerseits keine Totalausfälle zu beklagen und andererseits ruhmreiche Ausnahmen wie etwa die eng mit dem Schicksal von Valjean verknüpften Thénardiers, für die man Adeel Akhtar und Olivia Colman hat gewinnen können, die auch schon gemeinsam – wenn auch nicht Seite an Seite – an The Night Manager mitgewirkt haben. Darüber hinaus geben sich hier unter anderem die Schauspielveteranen wie Derek Jacobi die Ehre, der wie schon in Good Omens einen prägnanten Gastauftritt absolviert, derweil David Bradley (Doctor Who: Aus der Zeit gefallen) Marius‘ Großvater Gillenormand verkörpert, um nur einige zu nennen. So gehen bei Les Misérables überzeugende und hochbudgetierte Inszenierung mit einer ungemein hochkarätigen Besetzung einher und schaffen gemeinsam eine in meinen Augen beinahe durchweg überzeugende Literatur-Adaption, die ihrem Wesen und Aufbau nach zwar nicht vor kleineren Längen gefeit sein mag und insbesondere zu Beginn der zweiten Hälfte dramaturgisch ein wenig schwächelt, sich aber dank emotionaler und berührender Geschichte schnell zu neuen Höhen aufzuschwingen vermag.

Fazit & Wertung:

Der BBC ist mit ihrer sechs-, beziehungsweise hierzulande achtteiligen Miniserie Les Misérables eine durchweg überzeugende Adaption des Weltliteratur-Klassikers gelungen, bei der man sich zwar ob der Vielzahl an Verfilmungen darüber streiten können mag, ob sie wirklich notwendig gewesen wäre, die sich qualitativ und hinsichtlich ihrer Besetzung und Ausstattung allerdings nicht zu verstecken braucht. Aufbau und Umfang scheinen dem Thema angemessen und berücksichtigen in dieser rund sechsstündigen Fassung zudem Figuren und Ereignisse, die in der Musical-Variante wenig bis keine Berücksichtigung erfahren konnten.

8 von 10 leidvollen Verhängnissen

Les Misérables

  • Leidvolle Verhängnisse - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Der BBC ist mit ihrer sechs-, beziehungsweise hierzulande achtteiligen Miniserie Les Misérables eine durchweg überzeugende Adaption des Weltliteratur-Klassikers gelungen, bei der man sich zwar ob der Vielzahl an Verfilmungen darüber streiten können mag, ob sie wirklich notwendig gewesen wäre, die sich qualitativ und hinsichtlich ihrer Besetzung und Ausstattung allerdings nicht zu verstecken braucht. Aufbau und Umfang scheinen dem Thema angemessen und berücksichtigen in dieser rund sechsstündigen Fassung zudem Figuren und Ereignisse, die in der Musical-Variante wenig bis keine Berücksichtigung erfahren konnten.

8.0/10
Leser-Wertung 0/10 (0 Stimmen)
Sende

Episodenübersicht:

01. Episode 1 (8/10)
02. Episode 2 (8,5/10)
03. Episode 3 (9/10)
04. Episode 4 (8,5/10)
05. Episode 5 (7/10)
06. Episode 6 (7,5/10)
07. Episode 7 (8,5/10)
08. Episode 8 (8,5/10)

 
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Les Misérables erscheint am 15.11.19 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Universum Film. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

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Review: Ihre beste Stunde – Drehbuch einer Heldin (Film)

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Heute gibt es die erste Buch-Verfilmung mit historischem Setting, Bezug zum zweiten Weltkrieg mit weiblicher Hauptfigur, am Freitag folgt die nächste, in ihrer Tendenz sehr ähnlich geartete, aber überzeugendere Produktion und dazwischen gibt es noch einen modernen Klassiker. Nur, dass ihr schon mal wisst, was diese Woche (in Sachen Film) von dieser Seite zu erwarten ist.

Ihre beste Stunde
Drehbuch einer Heldin

Their Finest, UK/SE 2016, 117 Min.

Ihre beste Stunde | © Concorde
© Concorde

Regisseurin:
Lone Scherfig
Autorinnen:
Gaby Chiappe (Drehbuch)
Lissa Evans (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Gemma Arterton (Catrin Cole)
Sam Claflin (Tom Buckley)
Bill Nighy (Ambrose Hilliard / Uncle Frank)
in weiteren Rollen:
Jack Huston (Ellis Cole)
Helen McCrory (Sophie Smith)
Eddie Marsan (Sammy Smith)
Jake Lacy (Carl Lundbeck / Brannigan)
Rachael Stirling (Phyl Moore)
Richard E. Grant (Roger Swain)

Genre:
Komödie | Drama | Historie | Romantik

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Ihre beste Stunde | © Concorde
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London im Jahre 1940 ist gezeichnet von den Kriegsbemühungen der Briten und ein Großteil der Männer befindet sich an der Front, während den Daheimgebliebenen sich dadurch zumindest ungeahnte Karrieremöglichkeiten bieten, so dass die ambitionierte Sekretärin Catrin Cole alsbald einen Job als Drehbuchautorin ergattert. Beim britischen Informationsministerium nämlich hat man sich auf die Produktion von Propagandafilmen zur Steigerung der Moral verlegt und so arbeitet Catrin alsbald an der Seite des etablierten Autors Tom Buckley an "The Nancy Starling". Gleichwohl aber die Handlung auf realen Begebenheiten beruhen soll, machen nicht nur Catrin die immer neuen Änderungen am Skript zu schaffen, um die Moral der Truppen bestmöglich zu stärken. Als wäre dem nicht genug, muss sich die frisch zur Autorin berufene Catrin auch mit den Allüren des Starschauspielers Ambrose Hilliard herumschlagen, während ihre Beziehung zu dem Künstler Ellis zunehmend darunter leidet, dass die Filmproduktion ihre gesamte Zeit und Aufmerksamkeit beansprucht. Dafür allerdings kommt sie dem eigenbrötlerischen und zynischen Tom zunehmend näher…

Rezension:

Fünf Jahre nach der Adaption von Zwei an einem Tag schickte sich die dänische Regisseurin Lone Scherfig 2016 an, mit Ihre beste Stunde – Drehbuch einer Heldin eine weitere Buch-Verfilmung in Angriff zu nehmen, nachdem sie zwischenzeitlich den für mich doch eher enttäuschenden The Riot Club gedreht hatte. Nun wusste mich zwar auch die Nicholls-Buch-Adaption nicht restlos zu überzeugen, doch hier wie dort liegen Tragik und romantisierte Leichtfüßigkeit nah beieinander und so mag es sicherlich nicht der schlechteste Clou gewesen sein, hier erneut Scherfig ins Boot zu holen, denn im vorliegenden Fall handelt es sich zwar einerseits um romantische Komödie mit meistenteils betonter Unbeschwertheit, die sich allerdings vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkrieges zuträgt und damit unweigerlich auch einiges an ernsten und/oder bedrückenden Szenen bereithält.

Szenenbild aus Ihre beste Stunde | © Concorde
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Hauptbeweggrund, dem Film Zeit und Aufmerksamkeit zu widmen, war aber freilich Gemma Arterton (Gemma Bovery) in der Rolle der angehenden Drehbuchautorin Catrin Cole, die hier im Zentrum der Ereignisse steht und sozusagen Teil einer zunächst zaghaften Emanzipation wird, die sich allein aus der Situation heraus ergibt, dass durch den Kriegsdienst die Geschlechterverteilung merklich ins Ungleichgewicht geraten ist, weshalb Catrin überhaupt zur Drehbuchautorin berufen wird. Hierbei muss sie natürlich mit den üblichen Vorurteilen kämpfen und zunächst den Respekt der überwiegend männlichen Kollegen gewinnen und in dieser Hinsicht ist Ihre beste Stunde leider sehr generisch geraten und überrascht eher selten. Nichtsdestotrotz ist das Geschehen aber grundsätzlich ganz charmant geraten und auch das Flair der damaligen Zeit wird aufgegriffen, ohne dabei die Kriegsgräuel gänzlich auszublenden. Nichtsdestotrotz wird hier natürlich eine doch reichlich abgeschwächte Art von Krieg präsentiert, um den Wohlfühl-Faktor des Ganzen nicht zu gefährden. Allerdings will Scherfigs Film natürlich auch kein (Anti-)Kriegsfilm sein und konzentriert sich demnach auf die Entwicklung der Protagonistin, die für sich genommen durchaus gelungen ist.

Besonderer Clou alsbald ist aber, das Catrin eben nicht nur mit dem Skript zu "The Nancy Starling" betraut wird, sondern mischt auch am Set gehörig mit, was gleichsam für den von Sam Claflin (Ein ganzes halbes Jahr) verkörperten Tom Buckley gilt und überhaupt erst die Voraussetzungen schafft, dass diese auf den ersten Blick sehr ungleichen Gestalten langsam zueinanderfinden. Und hier offenbart sich auch die größte Stärke des Films, denn anders als in ähnlich gelagerten Produktionen bedarf es hier keiner großen Geste und pathosgeschwängerter Ereignisse, so dass sich Catrin und Tom auf absolut unaufgeregte, zaghafte, aber dadurch umso einnehmendere Art näherkommen. Bis das gegenseitige Umkreisen allerdings beginnt, bedarf es einiges an Vorbereitung und Exposition, so dass speziell der Beginn dann doch eher behäbig bis durchwachsen geraten ist, zumal Scherfig eben nicht immer die Gratwanderung zwischen Drama und Komödie gelingt. Was den komödiantischen Aspekt betrifft, kommt ihr derweil der Film im Film sehr zupass, denn hier ist reichlich Platz für augenzwinkernde Passagen und absurde Situationskomik, wenn beispielsweise ein Amerikaner gecastet wird, um auch die Verbündeten in Übersee mit dem Film abzuholen, derweil niemand daran gedacht hat zu ergründen, ob der Kriegsheld denn auch – zumindest ein wenig – schauspielern kann.

Szenenbild aus Ihre beste Stunde | © Concorde
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Ebenfalls Garant für so manchen Lacher und reichlich Charme ist aber einmal mehr Bill Nighy (Alles eine Frage der Zeit), der in gewohnter Manier den spleenigen Exzentriker mimen darf und der Literatur-Adaption einiges an Bonuspunkten einbringt, was schlichtweg seiner schieren Präsenz zu verdanken ist. Wären da also nicht eine zuweilen holprige Dramaturgie und ein nicht immer ausgewogener Erzählton, könnte sich Ihre beste Stunde zu einer uneingeschränkten Empfehlung mausern, doch hapert es eben immer mal wieder an der einen oder anderen Stelle. Auch wenn die emotional anrührenden Szenen und die unterschwellige Tragik dazu verleiten mögen, dem Film einiges an Patzern zu verzeihen, auch wenn das versammelte Ensemble durchweg zu überzeugen weiß, hätte man meines Erachtens noch mehr aus diesem vielversprechenden Stoff herausholen können. Sehenswert bleibt Scherfigs Film ob seiner unverkennbaren Stärken und einnehmenden Art aber dennoch.

Fazit & Wertung:

Lone Scherfig schickt sich mit Ihre beste Stunde – Drehbuch einer Heldin an, gleichsam Weltkriegs-Drama als auch romantische Komödie zu inszenieren, verhebt sich aber doch manches Mal an einem ausgewogenen Erzählton. Dessen ungeachtet wissen viele Versatzstücke des Films sowie dessen Besetzung und Botschaft zu gefallen, so dass sich eine Sichtung durchaus lohnt, sofern man mit ein paar eher holprig inszenierten Passagen leben kann.

7 von 10 Änderungen am Skript

Ihre beste Stunde – Drehbuch einer Heldin

  • Änderungen am Skript - 7/10
    7/10

Fazit & Wertung:

Lone Scherfig schickt sich mit Ihre beste Stunde – Drehbuch einer Heldin an, gleichsam Weltkriegs-Drama als auch romantische Komödie zu inszenieren, verhebt sich aber doch manches Mal an einem ausgewogenen Erzählton. Dessen ungeachtet wissen viele Versatzstücke des Films sowie dessen Besetzung und Botschaft zu gefallen, so dass sich eine Sichtung durchaus lohnt, sofern man mit ein paar eher holprig inszenierten Passagen leben kann.

7.0/10
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Ihre beste Stunde – Drehbuch einer Heldin ist am 16.11.17 auf DVD und Blu-ray bei Concorde erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

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Review: Deine Juliet (Film)

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Heute dann wie versprochen der Film, der von der Richtung her dem von Dienstag nicht unähnlich ist, mir aber noch eine ganze Ecke besser gefallen hat. Warum, könnt ihr ja jetzt nachfolgend ausführlich nachlesen. Und damit verabschiede ich mich ins Wochenende, bevor ich mich dann morgen wieder mit einer Serien-Kritik zu Wort melde.

Deine Juliet

The Guernsey Literary and Potato Peel Pie Society, USA/UK/FR 2018, 124 Min.

Deine Juliet | © STUDIOCANAL
© STUDIOCANAL

Regisseur:
Mike Newell
Autoren:
Don Roos (Drehbuch)
Kevin Hood (Drehbuch)
Thomas Bezucha (Drehbuch)
Mary Ann Shaffer (Buch-Vorlage)
Annie Barrows (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Lily James (Juliet Ashton)
Michiel Huisman (Dawsey Adams)
in weiteren Rollen:
Glen Powell (Mark Reynolds)
Jessica Brown Findlay (Elizabeth McKenna)
Katherine Parkinson (Isola Pribby)
Matthew Goode (Sidney Stark)
Tom Courtenay (Eben Ramsey)
Penelope Wilton (Amelia Maugery)

Genre:
Drama | Historie | Romantik

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Deine Juliet | © STUDIOCANAL
© STUDIOCANAL

Ende der 1940er gilt die junge Juliet Ashton als eine der gefragtesten Autorinnen Englands, derweil sie auch privat mit dem adretten Mark Reynolds ihr Glück gefunden zu haben scheint. Da erreicht sie eines Abends ein Brief von der abgelegen Insel Guernsey, in dem der literaturbegeisterte Farmer Dawsey Adams ihre Hilfe ersucht, ein ganz bestimmtes Buch ausfindig zu machen. Juliet kommt diese Ablenkung gerade recht, zumal sie sich zunehmend von dem Trubel um ihre Person überfordert fühlt. Sie wird bezüglich des Buches fündig, schickt noch eines ihrer eigenen Werke mit und es entspinnt sich ein reger Briefwechsel, bis sie beschließt, der Insel einen Besuch abzustatten. Dawsey nämlich ist Teil des dort ansässigen, zu Kriegszeiten gegründeten Buchclubs der "Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf". Auf Guernsey angekommen, fällt die Großstadtbewohnerin Juliet freilich auf wie ein bunter Hund und auch nicht jeder aus dem Literaturverein ist über ihr Kommen erfreut, doch freundet sie sich langsam mit dem kauzigen Haufen an. Als sie allerdings eröffnet, die Geschichte des Clubs mit dem eigenwilligen Namen der Öffentlichkeit nahebringen zu wollen, sind dessen Mitglieder davon alles andere als begeistert. Erst langsam kommt Juliet dahinter, was sich so alles zu Kriegszeiten auf der Insel zugetragen hat und deren Bewohner noch immer verfolgt…

Rezension:

Zunächst einmal Schande über die deutsche Vermarktung seitens Studiocanal – nichts für ungut –, denn dieses Werk als Deine Juliet zu vertreiben und auf dem Cover auf die durchaus vorhandene Liebesgeschichte zwischen den beiden Hauptfiguren zu verweisen, wird dem Thema und Inhalt nicht einmal annähernd gerecht und kann in seiner Anbiederei ans Klischeehafte auch nicht halb so viel Interesse wecken, wie es der Originaltitel vermag. Bei der Story handelt es sich nämlich um eine Buchverfilmung des Werkes von Mary Ann Shaffers und Annie Barrows, das da den deutlich interessanteren, wenn auch sperrigeren Titel The Guernsey Literary and Potato Peel Pie Society trägt. So handelt es sich bei der Adaption des Briefromans auch weit mehr um ein Ensemble-Stück, als uns die deutsche Aufmachung glauben lassen will, denn erzählt wird zwar auch vom Leben der im Zentrum der Ereignisse stehenden Juliet, vor allem aber die vom Moment ihrer Entstehung tragische Geschichte des ungewöhnlichen Buchclubs, dem Juliet sich hier so verbunden fühlt. Entsprechend wage ich zu behaupten, dass der Film noch ein weitaus größeres, neugieriges Publikum hätte erschließen können, wenn er sich nicht als historische Liebesgeschichte tarnen würde, die eben nur einen Teil des großen Ganzen ausmacht. Der filmischen Qualität des von Mike Newell inszenierten Werks tut das aber freilich keinen Abbruch.

Szenenbild aus Deine Juliet | © STUDIOCANAL
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Newell vermeidet derweil großartiges inszenatorisches Brimborium und lässt den rauen Charme der Insel Guernsey für sich sprechen, während die Geschichte zunächst im stimmungsvoll in Szene gesetzten Nachkriegs-London ihren Anfang nimmt. So lernen wir – nach einem eröffnenden Einschub die Entstehung der Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf betreffend – zunächst mit Juliet Ashton den aufsteigenden Stern der Londoner Literaturszene kennen. Diese wird von der wie stets bezaubernden Lily James Baby Driver verkörpert, die allerdings hier – speziell im weiteren Verlauf – weit mehr zu tun bekommt, als nur das Love-Interest für den gut betuchten Mark Reynolds (Glen Powell, Scream Queens) zu geben, zumal der alsbald Konkurrenz bekommen wird durch den mittellosen Farmer Dawsey Adams (Michiel Huisman, Für immer Adaline), der seinerseits via Brief Kontakt zu Juliet aufnimmt. Es dauert nicht lang, bis sie sich für einen Besuch auf der Insel Guernsey zu erwärmen beginnt und damit nimmt dann auch die eigentliche Geschichte ihren Anfang. Doch Deine Juliet ist auch ein Gesellschaftsporträt der damaligen Zeit, denn der Zweite Weltkrieg hat im gesamten Land seine Spuren und Wunden hinterlassen, wofür hier nun Großstadt London und das verschlafene Guernsey exemplarisch Pate stehen. Dementsprechend ist der Film zwar weit davon entfernt, ein lupenreiner Feel-Good-Movie zu sein, hält aber dennoch gekonnt die Wage zwischen Ernsthaftigkeit und Tragik gegenüber lockereren Momenten und leisem Humor.

Das liegt mitunter freilich auch an der Besetzung und Zusammenstellung der Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf, die im Grunde so ziemlich jede Altersklasse umfassen und unterschiedlicher kaum sein könnten. Das unterstreicht derweil den Umstand, dass es sich eben auch um weit mehr als einen profanen Buchclub handelt, sondern vielmehr einen gemeinsamen Rückzugsort, eine Art von Halt, die ihnen gerade zu Kriegszeiten die nötige Kraft gegeben hat. Hiervon erfährt Juliet häppchenweise mehr und mehr und nimmt somit eine ähnliche Rolle wie der Zuschauer als außenstehender und unbedarfter Betrachter ein. Je mehr sie allerdings von den Guernseyern erfährt, droht die Stimmung auch des Öfteren in Richtung des Melodramatischen zu kippen, was aber zum Glück nie passiert, was wiederum an dem optimistischen Gegengewicht liegt, das die Dichtfreunde sich aller Widrigkeiten zum Trotz bewahrt haben. Nichtsdestotrotz wird die Stimmung getragener und beklemmender, was eben nur irritiert, wenn man sich eine gezuckerte Liebesgeschichte erwartet und stattdessen eine doch sehr zu Herzen gehende Betrachtung der Wunden geliefert bekommt, welche die Gräuel des Krieges bei den Bewohnern der Insel geschlagen hat.

Szenenbild aus Deine Juliet | © STUDIOCANAL
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Entsprechend des Originaltitels konzentriert sich dann auch ein Großteil der Handlung auf die Insel Guernsey, was dahingehend schade ist, dass somit – logischerweise – Juliets Verleger in London verbleibt, der hier von niemand Anderem als Matthew Goode (A Discovery of Witches) verkörpert wird, der in seinen wenigen Szenen eine gewohnt charismatische und einnehmende Darstellung abliefert. Darüber hinaus sei an dieser Stelle noch Jessica Brown Findlay (Victor Frankenstein) zu erwähnen, die der resoluten wie gerechtigkeitsliebenden Elizabeth McKenna Profil verleiht, die zu Kriegszeiten in Gefangenschaft geraten und deportiert worden ist, was einen der mitunter größten Schatten auf den Guernseyer Buchclub wirft, zu dessen Gründungsmitgliedern sie gezählt hat. Aus der Natur der Sache heraus ist Deine Juliet dann auch durchzogen von zahlreichen Rückblenden, die in ihrer Unmittelbarkeit oft ganz bewusst aus dem Geschehen reißen und ebenfalls und dadurch die pittoreske Idylle der abgelegenen Insel in einem gänzlich anderen Licht erscheinen lassen. Aber auch, wer sich aufgrund der erhofften Liebesgeschichte an den Film herangewagt hat, wird freilich nicht enttäuscht und inmitten all der Geheimnisse und verdrängten Erinnerungen entspinnen sich eben auch zaghafte Bande zwischen Juliet und Dawsey, auch wenn diese Annäherung ausgerechnet zum Ende hin zuweilen ein wenig gehetzt wirkt. Das trübt den beinahe uneingeschränkt positiven Eindruck, den dieser vergleichsweise unaufgeregt geschilderte, aber zu Herzen gehende Film hinterlässt, um Glück nur unmerklich.

Fazit & Wertung:

Mögen Titel und Cover bei Deine Juliet dahingehend irreführend sein, dass die Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf hier nicht einmal Erwähnung finden, obwohl es doch im Kern um ebendiese Figuren geht, vermag der Film als solches sowohl als anrührende Liebesgeschichte wie auch feinfühlig erzähltes Drama zu funktionieren, ohne dabei den Mantel des Schweigens über die Gräuel des Krieges zu legen, die allen Charakteren noch merklich nachhängen.

8,5 von 10 Treffen der Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf

Deine Juliet

  • Treffen der Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf - 8.5/10
    8.5/10

Fazit & Wertung:

Mögen Titel und Cover bei Deine Juliet dahingehend irreführend sein, dass die Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf hier nicht einmal Erwähnung finden, obwohl es doch im Kern um ebendiese Figuren geht, vermag der Film als solches sowohl als anrührende Liebesgeschichte wie auch feinfühlig erzähltes Drama zu funktionieren, ohne dabei den Mantel des Schweigens über die Gräuel des Krieges zu legen, die allen Charakteren noch merklich nachhängen.

8.5/10
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Deine Juliet ist am 13.12.18 auf DVD und Blu-ray bei STUDIOCANAL erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

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Review: Verräter (Serie)

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Heute mal eine recht spontan eingeschobene Serien-Rezension zu einer Produktion, die mich zwar nicht gänzlich überzeugen konnte, aber durchaus so ihre Momente hat und vor allem angenehm kompakt geraten ist – auch wenn sie dafür zu viele Themen zu behandeln versucht.

Verräter

Traitors, UK 2019, ca. 47 Min. je Folge

Verräter | © Netflix
© Netflix

Serienschöpfer:
Bathsheba Doran

Regisseure:
Dearbhla Walsh (#1-3)
Alex Winckler (#4-6)
Autoren:
Bathsheba Doran (#1-3, 5)
Emily Ballou (#4)
Tracey Scott Wilson (#5)

Main-Cast:
Emma Appleton (Feef Symonds)
Keeley Hawes (Priscilla Garrick)
Michael Stuhlbarg (Rowe)
Luke Treadaway (Hugh Fenton)
Stephen Campbell Moore (Phillip Jarvis)
Matt Lauria (Peter McCormick)
in weiteren Rollen:
Brandon P Bell (Jackson Cole)
Simon Kunz (Herbert Quick)
Greg McHugh (David Hennessey)
Albert Welling (Brigadier Moss)
Jamie Blackley (Freddie Symonds)
Phoebe Nicholls (Frippy Symonds)
Owen Teale (St John Symonds)
Benjamin Walker (Jimmy Derby)

Genre:
Drama | Historie | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Verräter | © Netflix
© Netflix

Feef Symonds, eine energische und zielstrebige Frau in ihren Zwanzigern, trachtet danach, etwas aus sich zu machen und träumt von Abenteuern und Reisen, doch kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges besteht kein Bedarf an einer frisch ausgebildeten Spionin, zumal man in London die Damen ohnehin lieber wieder zum heimischen Herd zurückkehren sehen würde. Feef ergattert einzig einen Büro-Job in der öffentlichen Verwaltung, doch von ihrem amerikanischen Freund Peter McCormick wird sie an das amerikanische OSS (Office of Strategic Services) empfohlen und deren Londoner Abteilungsleiter Rowe wirbt sie schließlich an, als Spionin in den eigenen Reihen zu fungieren, da man von amerikanischer Seite eine Unterwanderung der britischen Regierung fürchtet, die nach der Absetzung von Winston Churchhill als Premier und dem für viele unerwarteten Linksruck in der Politik ohnehin auf wackligen Beinen steht. Doch die zwar engagierte, aber auch unerfahrene Feef ist längst nicht die einzige Spionin und so manche Partei versucht ihren Einfluss geltend zu machen und Vorteile aus der Situation zu ziehen…

Rezension:

Kurz nach dem Start der ersten Staffel The Witcher schrieb jemand bei Twitter, er würde sich umgehend ein Spin-off zu Prinzessin Renfri ansehen, würde so eines produziert werden und da ich mich dem vorbehaltlos habe anschließen können, tat ich das Zweitbeste und begab mich auf die Suche nach weiteren Produktionen mit Renfri-Darstellerin Emma Appleton. Dabei stieß ich recht fix – IMDb sei Dank – auf die britische Produktion Traitors, die zu meinem großen Glück hierzulande unter dem Titel Verräter exklusiv bei Netflix vertrieben wird. Und hier schlüpft Appleton in die Rolle der ambitionierten Feef Symonds, die im Zentrum einer klassischen Agenten-Story steht, welche im Nachkriegsengland angesiedelt worden ist. Der Fokus ist dabei geschickt gewählt, zumal sie eben nicht vom ersten Moment an als abgebrühte Femme fatale daherkommt, sondern mit entwaffnender Naivität zu Werke geht. Und auch die Prämisse und die historische Verortung können sich sehen lassen und entführen in eine zweifellos spannende Epoche, doch leider verheddert man sich thematisch und inhaltlich dann doch zusehends, wodurch die Serie wie weniger packend und begeisterungswürdig gerät, als sie es hätte werden können.

Szenenbild aus Verräter | © Netflix
© Netflix

Das beginnt schon damit, dass Motivation, Beweggründe und Innenleben der Hauptfiguren kaum skizziert werden und sie doch recht unmittelbar in ein politisches Wirrwarr katapultiert werden. Und ausgerechnet bei Hauptfigur Feef fragt man sich in weiterer Folge dann so manches Mal, warum sie überhaupt tut, was sie tut, sofern sie nicht gerade von äußeren Einflüssen gezwungen oder zumindest unter Druck gesetzt wird. Ganz ähnlich verhält es sich aber auch bei dem von Michael Stuhlbarg (Boardwalk Empire) verkörperten Rowe, dessen Doppelzüngigkeit und Manipulationstalent zwar schnell offenbar werden, wohingegen seine ureigenen Beweggründe für sein Handeln im Verborgenen bleiben. Nun könnte man meinen, bei einem Spionage-Thriller wären solche persönlichen Befindlichkeiten getrost zu vernachlässigen, doch geht das eben spürbar zulasten des Identifikationspotentials. Andernorts wird dann beispielsweise eine Figur von den Geistern ihrer Vergangenheit heimgesucht, doch ebenso schnell, wie das Thema aufkommt, ist es dann auch wieder vergessen, während man sich ansonsten nach Herzenslust an Klischees bedient, wenn es gilt, eine bestimmte Motivation zu etablieren.

Schlimmer aber noch, als dass man in diesem als Miniserie konzipierten Sechsteiler den Figuren nicht wirklich nahezukommen schafft, ist das erzählerische Wirrwarr. So wirkt Verräter in seiner Summe reichlich überladen, denn neben der eigentlichen Spionagetätigkeit und den persönlichen Schicksalen der Beteiligten geht es nicht einmal nur um Politik und Parteidenken, wirtschaftliche Abwägungen und Ziele der Regierung, sondern darüber hinaus gleich noch um die Palästinafrage, Rassismus, die zunehmende Emanzipation der Frauen und dergleichen mehr. Zweifelsohne alles wichtige und erzählenswerte Themen, doch wirken die gerade einmal sechs Episoden inhaltlich und thematisch dadurch so dermaßen überfrachtet, dass nicht nur der Zuschauer, sondern auch die Autoren die Übersicht zu verlieren drohen. Das ist insofern bedauerlich, da die Channel-4-Produktion – lediglich die internationale Ausstrahlung obliegt Netflix – überaus ambitioniert daherkommt und auch vieles richtig macht.

Szenenbild aus Verräter | © Netflix
© Netflix

Für sich verbuchen kann Verräter nämlich nicht nur gelungene Kostüme, Settings und eine überzeugende Darstellerwahl, die mit einer Kombi aus eher unbekannten, frischen Gesichtern, aber auch namhaften DarstellerInnen glänzt, zu denen hier auch Keeley Hawes (Bodyguard) zählt, deren Figur der zugeknöpften Priscilla Garrick erst im weiteren Verlauf an Bedeutung und Tragweite gewinnt, sowie – wenn auch in einer kleinen Rolle – Benjamin Walker (Im Herzen der See) als Jimmy Derby. Vor allem aber punktet die Serie mit einem ihr eigenen und überzeugenden Look, der einerseits viel mit schräg gestellten Kamera-Perspektiven und szenischer Unschärfe arbeitet, andererseits in mancher Einstellung das Gefühl erzeugt, man blicke auf eine miniaturisierte Welt, was eine merkwürdige wie faszinierende Atmosphäre ergibt. Auch der Vorsatz, zu Beginn und Ende einer jeden Folge das durchaus prophetische Lied There is Mean Things Happening in This Land zu bemühen, weiß zu gefallen und so macht die von Bathsheba Doran kreierte Produktion zwar in vielen Punkten einen wertigen Eindruck, schafft es aber oft nicht, eine stringente Narrative zu finden und sich und dem etablierten – oder angestrebten – Stil treu zu bleiben.

Fazit & Wertung:

Die Channel-4-Miniserie Verräter punktet in ihren sechs Episoden zwar mit gelungener Prämisse und überzeugender Besetzung, schafft es in den Wirren der Nachkriegszeit aber nicht, einen klaren Fokus zu setzen und verzettelt sich so in einer Mischung aus altmodischem Spionage-Thriller und historischem Polit-Drama, was das Geschehen oft überfrachtet und unübersichtlich wirken lässt.

6,5 von 10 Spionen und Verrätern in den eigenen Reihen

Verräter

  • Spione und Verräter in den eigenen Reihen - 6.5/10
    6.5/10

Fazit & Wertung:

Die Channel-4-Miniserie Verräter punktet in ihren sechs Episoden zwar mit gelungener Prämisse und überzeugender Besetzung, schafft es in den Wirren der Nachkriegszeit aber nicht, einen klaren Fokus zu setzen und verzettelt sich so in einer Mischung aus altmodischem Spionage-Thriller und historischem Polit-Drama, was das Geschehen oft überfrachtet und unübersichtlich wirken lässt.

6.5/10
Leser-Wertung 0/10 (0 Stimmen)
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Episodenübersicht:

01. Feef (6,5/10)
02. Hugh (6,5/10)
03. Priscilla (7/10)
04. Rae (6,5/10)
05. Jackson (7/10)
06. Ich bin es (6,5/10)

 
– – –

Verräter ist seit dem 29.03.19 exklusiv bei Netflix verfügbar.

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Review: Victoria | Staffel 3 (Serie)

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Nach anderthalb Jahren geht es heute weiter mit dem Leben von Königin Victoria. Bei der Lektüre des Artikels wünsche ich viel Freude und ansonsten noch ein geruhsames Wochenende.

Victoria
Staffel 3

Victoria, UK 2016-, , ca. 47 Min. je Folge

Victoria | © Edel Germany GmbH
© Edel Germany GmbH

Serienschöpfer:
Daisy Goodwin
Ausführende Produzenten:
Daisy Goodwin
Dan McCulloch
Damien Timmer

Main-Cast:
Jenna Coleman (Victoria)
Tom Hughes (Albert)
Nicholas Audsley (Duke Charles of Monmouth)
Sabrina Bartlett (Abigail Turner)
Peter Bowles (Duke of Wellington)
David Burnett (Joseph)
Kate Fleetwood (Princess Feodora)
Nell Hudson (Skerrett)
Ferdinand Kingsley (Francatelli)
Tommy Knight (Brodie)
Vincent Regan (King Louis Philippe)
Adrian Schiller (Penge)
Sam Swainsbury (Dr. John Snow)
Edwin Thomas (Mr. Caine)
Lily Travers (Duchess Sophie of Monmouth)
Jordan Waller (Lord Alfred Paget)
Anna Wilson-Jones (Lady Emma Portman)
John Sessions (Lord John Russell)
Laurence Fox (Lord Palmerston)
Alex Jennings (King Leopold)

Genre:
Biografie | Historie | Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Victoria | © Edel Germany GmbH
© Edel Germany GmbH

Es ist das Jahr 1848 und Revolutionen erschüttern weite Teile des Europas, während auch Königin Victoria um ihre Macht bangt. So sucht nicht nur der gestürzte französische König am englischen Hof Zuflucht, sondern auch Victorias Halbschwester Feodora, zu der ein gespanntes Verhältnis herrscht. Derweil sich auch vor dem Palast ein wütender Mob versammelt, ist Victoria zudem aber auch mit ihrem sechsten Kind schwanger und Prinzgemahl Albert insistiert, man möge sich zeitweilig aufs Land zurückziehen. Während Albert allerdings die Zeit in Osborne House für seine Kinder nutzt, drängt es Victoria in die Hauptstadt zurück. Zunehmend wird die Beziehung zwischen Königin und Prinzgemahl auf eine harte Probe gestellt, zumal alsbald in London die Cholera um sich greift und Albert Opfer der Intrigen von Feodora wird, während Außenminister Lord Palmerston sich mit unkonventionellen Ansichten und Taten ebenfalls zu einem Störfaktor im britischen Parlament zu entwickeln droht…

Rezension:

Einige Zeit ist vergangen, seit ich mich mit der zweiten Staffel Victoria vergnügt habe und umso schöner war nun das Wiedersehen, auch wenn merklich Zeit vergangen ist seit dem Ende der letzten Staffel, wir uns mittlerweile im Jahr 1848 befinden und sowohl Victoria als auch albert – insbesondere charakterlich – natürlich merklich gereift sind. Das nominell noch zur zweiten Staffel gehörige Weihnachts-Special Das Fest der Liebe habe ich dabei relativ bewusst boykottiert und ausgespart, da es – anders als die eigentlichen Staffeln – aus mir unerfindlichen Gründen lediglich auf DVD veröffentlicht worden ist. Auch in Unkenntnis dieser Episode lässt sich aber festhalten, dass sich mit Beginn der Staffel ein Zeitsprung von zwei bis sechs Staffeln vollzieht, je nachdem, welche Quelle man heranzieht, denn bekanntermaßen haben sich die AutorInnen bei der Inszenierung der Serie schon immer gewisse dramaturgische Freiheiten genommen, was einem mehr oder minder übel aufstoßen mag. Immerhin die ersten beiden Episoden Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt (3.01) und Londons Brücke hat ein Loch (3.02) präsentieren sich dabei allerdings als Fortsetzungsgeschichte, derweil ich ganz grundsätzlich das Gefühl hatte, dass in dieser Staffel wieder ein deutlicherer roter Faden vorhanden ist.

Szenenbild aus Victoria | © Edel Germany GmbH
© Edel Germany GmbH

Abgesehen von dem eröffnenden Zweiteiler ist auch hier wieder jede Episode quasi autark zu betrachten und widmet sich einem spezifischen Thema, doch wird das Ganze inhaltlich weit sorgfältiger verknüpft und insbesondere die ins Straucheln geratende Beziehung zwischen Victoria und Albert fungiert als eine Art Fixpunkt in den sich zeitweise überschlagenden Ereignissen. Für meinen Geschmack hetzt man zwar auch in der dritten Victoria noch ein wenig zu sehr durch die Zeit – nach der Eröffnung, zum siebten Mal schwanger zu sein, ist in der darauffolgenden Episode das Baby bereits geboren –, aber die Episoden an sich wussten mich allesamt zu packen und zu überzeugen, auch wenn die Schwerpunkte kaum unterschiedlicher hätten sein können. Zugegeben, manches Gespräch mutet merkwürdig an, wenn man berücksichtigt, dass mehrere Monate vergangen sein sollen und die Konversation fortgeführt wird, als habe man erst letzte Woche darüber gesprochen, aber das sind Kleinigkeiten, die ich im Kontext dieser bewusst epischen Erzählung bereitwillig in Kauf nehme.

Durch einerseits die politischen Umwälzungen und andererseits die persönlichen Verwicklungen zwischen Victoria und Albert, die zunehmend auseinander zu driften drohen, habe ich die Staffel aber auch ganz allgemein als ungleich spannender und dramatischer empfunden, wobei mir hier die Erinnerung – die Sichtung der zweiten Staffel liegt immerhin schon mehr als anderthalb Jahre zurück – durchaus einen Streich spielen könnte. Ansonsten hat es insbesondere mit der von Kate Fleetwood verkörperten Feodora und dem von Laurence Fox dargestellten Lord Palmerston zwei mehr als interessante Cast-Neuzugänge, die für reichlich Trubel im privaten wie politischen Sektor sorgen. Insbesondere der charmante wie unorthodoxe Palmerston schien mir hierbei ein doch durchaus gelungener Ersatz für Rufus Sewells Lord Melbourne aus den ersten zwei Staffeln und vermag einmal mehr als Außenminister frischen Wind ins Parlament zu bringen. Daneben gibt es freilich noch einige mehr neu eingeführte Figuren, denen mehr oder minder spannende Nebenstränge zugetragen werden, wie es bereits seit der ersten Staffel – beispielsweise hinsichtlich den auch hier wieder in Erscheinung tretenden Liebenden Skerrett und Francatelli – gang und gäbe ist.

Szenenbild aus Victoria | © Edel Germany GmbH
© Edel Germany GmbH

Hauptaugenmerk liegt aber freilich weiterhin bei der von Jenna Coleman (Doctor Who) verkörperten Victoria und ihrem Gemahl Prinz Albert (Tom Hughes), die in ihren Rollen wie eh und je zu brillieren wissen, auch, und gerade weil es zwischen den beiden diesmal gehörig kracht und die Emotionen ob ihrer unterschiedlichen Gemüter und Ansichten mehr als einmal hochkochen. Und während sich die beiden zunehmend voneinander entfernen, schreitet die Geschichte unerbittlich voran, bringt insbesondere durch den Ausbruch der Cholera einiges an tragischen Ereignissen mit sich und überführt letztlich in den beiden finalen Episoden Öffentliches Ärgernis (3.07) und Der weiße Elefant (3.08) zur Planung und Eröffnung der "Great Exhibition", die als erste Weltausstellung im Londoner Hyde Park 1851 in die Geschichte einging. Und ausgerechnet in diesem Staffelfinale wartet die Serie nun mit ihrem ersten Cliffhanger auf, was dahingehend besonders gemein ist, dass Hauptdarstellerin Coleman bereits Mitte 2019 verlauten ließ, dass die Serie Victoria zunächst pausieren würde, bevor man endgültig entschieden hätte, wie – und wann – es weitergehen würde. Dementsprechend existieren bislang auch keine konkreten Pläne zur Fortsetzung der ITV-Serie, die allerdings davon abgesehen auch in ihrem dritten Jahr durchgehend überzeugt, wenn man die historischen Abweichungen und Neu-Arrangements zu akzeptieren vermag.

Fazit & Wertung:

Auch in ihrer dritten Staffel prescht Victoria regelrecht durch die Zeit der Regentschaft der englischen Königin und passiert historisch spannende Etappen, derweil deren Arrangement einmal mehr doch vielen kreativen Anpassungen unterliegt. Dank der wertigen Aufmachung, fähigen DarstellerInnen und dramaturgisch gelungenen Einzelepisoden mit reichlich Konfliktpotential überzeugt die ITV-Produktion aber einmal mehr auf ganzer Linie.

8 von 10 Konflikten am englischen Hof

Victoria | Staffel 3

  • Konflikte am englischen Hof - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Auch in ihrer dritten Staffel prescht Victoria regelrecht durch die Zeit der Regentschaft der englischen Königin und passiert historisch spannende Etappen, derweil deren Arrangement einmal mehr doch vielen kreativen Anpassungen unterliegt. Dank der wertigen Aufmachung, fähigen DarstellerInnen und dramaturgisch gelungenen Einzelepisoden mit reichlich Konfliktpotential überzeugt die ITV-Produktion aber einmal mehr auf ganzer Linie.

8.0/10
Leser-Wertung 0/10 (0 Stimmen)
Sende

Episodenübersicht: Staffel 3

01. Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt (8,5/10)
02. Londons Brücke hat ein Loch (8,5/10)
03. Und in Arkadien (7,5/10)
04. Fremdkörper (8,5/10)
05. Bild der Einigkeit (8/10)
06. Coburger Quartett (8/10)
07. Öffentliches Ärgernis (8,5/10)
08. Der weiße Elefant (8,5/10)

 

– – –

Victoria | Staffel 3 ist am 31.01.20 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Edel Germany erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

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Review: The Favourite – Intrigen und Irrsinn (Film)

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Kommen wir heute mal wieder zu einem richtig großartigen Film, der mich ziemlich exakt so zu begeistern gewusst hat, wie ich es mir im Vorfeld erhofft habe, weshalb ich ihn natürlich auch wärmstens empfehlen kann.

The Favourite
Intrigen und Irrsinn

The Favourite, USA/UK/IE 2018, 119 Min.

The Favourite - Intrigen und Irrsinn | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Regisseur:
Yorgos Lanthimos
Autoren:
Deborah Davis
Tony McNamara

Main-Cast:
Olivia Colman (Queen Anne)
Emma Stone (Abigail)
Rachel Weisz (Lady Sarah)
in weiteren Rollen:
Nicholas Hoult (Harley)
Joe Alwyn (Masham)
James Smith (Godolphin)
Mark Gatiss (Lord Marlborough)
Jenny Rainsford (Mae)

Genre:
Biografie | Komödie | Drama | Historie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus The Favourite - Intrigen und Irrsinn | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Während sich im frühen 18. Jahrhundert die kränkelnde Königin Anne mit der Situation überfordert sieht, im Krieg gegen Frankreich entschlossenes Handeln und Entscheidungsfreude an den Tag zu nehmen, übernimmt Herzogin Sarah Churchill diesen Part und vertritt die Monarchin zumeist bei wichtigen Anlässen. Zu dieser Zeit trifft auch Sarahs jüngere Cousine Abigail am englischen Königshof ein und hofft auf eine Anstellung, nachdem sie ihren Adelstitel verloren hat und einzig noch Hilfe von Sarah zu erbitten weiß. Als einfaches Dienstmädchen übernimmt Abigail zunächst höchst undankbare Aufgaben, doch zielstrebig arbeitet sie sich nach oben und erregt alsbald auch die Aufmerksamkeit der Königin, was Sarah freilich zunehmend ein Dorn im Auge ist. Beiderseits darum bemüht, Anstand und Contenance zu bewahren, entbrennt zwischen den beiden Frauen eine erbitterte Fehde um Gunst und Zuspruch der Königin, die ihrerseits zunehmend unter Krankheit und Schwäche leidet…

Rezension:

Lange schon stand The Favourite – Intrigen und Irrsinn auf meiner persönlichen Watchlist und auch wenn es eine Weile gedauert haben mag, hatte ich dafür umso mehr Freude mit diesem lustvoll inszenierten Reigen von Yorgos Lanthimos, wobei sein dritter englischsprachiger Film ihm zahllose Auszeichnungen eingebracht hat und für sage und schreibe zehn Oscars nominiert worden ist, auch wenn es letzten Endes nur für eine Auszeichnung für Olivia Colman als "Beste Hauptdarstellerin" gereicht hat, den sie sich allerdings auch redlich verdient hat in ihrer Verkörperung von Königin Anne. Dabei wage ich zu behaupten, dass Lanthimos‘ neuestes Werk gar nicht einmal unbedingt ein Film für die breiten Massen sein dürfte, denn was er hier auf die Leinwand zaubert, ist zurückhaltend gesprochen schon als ziemlich eigen und exzentrisch zu bezeichnen, auch wenn es sich dem Vernehmen nach um seinen bislang wohl zugänglichsten Film handeln mag. Vor allem anderen aber gelingt ihm, mit seinem vielgepriesenen Werk einen Kostüm-, beziehungsweise Historienfilm zu schaffen, wie es keinen zweiten oder vergleichbaren gibt, was sowohl an ein paar simplen inszenatorischen wie dramaturgischen Kniffen liegt, die das Geschehen in keiner Weise gestrig oder verstaubt wirken lassen, auch wenn er sich dafür historischer Freiheiten bedienen mag, die andernorts geschichtskundigen Zuschauern sauer aufstoßen dürften, hier aber formidabel ins surreale Gesamtbild passen, das ohnehin wie ein Zerrbild der Realität wirkt.

Szenenbild aus The Favourite - Intrigen und Irrsinn | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Zerrbild ist dabei nicht nur metaphorisch, sondern tatsächlich auch wörtlich zu verstehen, denn die eigenwillige Inszenierung beginnt schon damit, dass Lanthimos sich oft und ausgiebig eines Fischaugenobjektivs bedient, dass die Perspektive verzerrt und verschiebt, wodurch die Figuren – egal ob auf dem ausladenden Schlossgelände oder inmitten der prunkvollen Säle und Gemächer – klein und verloren wirken. Überhaupt mag die Kameraarbeit für Robbie Ryan (ebenfalls mit einer Oscar-Nominierung bedacht) gleichermaßen fordernd wie faszinierend gewesen sein, denn The Favourite punktet in beinahe jeder Einstellung mit ungewöhnlichen Perspektiven, ohne dass es gewollt oder prätentiös wirken würde, zumal sich der Bruch eben allein durch das Thema und Setting ergibt, denn in einem Film um den Königshof des 18. Jahrhunderts würde man wohl eher keine Zeitlupen-Sequenzen von geckenhaften Adligen erwarten, die in frenetischer Ekstase einem ungewöhnlichen Rennen beiwohnen oder einen nackten Mann mit Obst bewerfen. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass dem Regisseur hier auch ein gelungenes Spiel mit den Geschlechterrollen gelingt, denn ganz anders, als man sich das erwarten würde, sind die Männer hier nur schmückendes Beiwerk, von dem man mehr als alles andere erwartet, dass es sich herausputzt und zurechtmacht, woran insbesondere Nicholas Hoult (Equals) mit Perücke und reichlich Rouge in der Rolle des exzentrischen Harley sichtlich Freude hat.

Nein, der Fokus der Erzählung liegt – ebenso wie die damaligen Machtstrukturen – fest in weiblicher Hand und während sich der männliche Adel noch über Kriegsentscheidungen echauffiert und die Königin auf die eine oder andere Seite zu ziehen versucht, finden die eigentlichen Entscheidungen wie auch Ränkeschmiede hinter den königlichen Mauern statt. Hier begeistert insbesondere Rachel Weisz (Ungehorsam) als tatkräftige wie zielstrebige Herzogin Churchill, die aber auch nie zur plumpen Intrigantin und Opportunistin degradiert wird, sondern merklich etwas übrig hat für die kränkelnde Königin Anne, die sie zu ihrem eigenen Wohl unter ihre Fittiche zu nehmen, aber auch zuweilen zu bevormunden gedenkt. Das geht natürlich nur so lange gut, bis sich die forsche Abigail – nicht minder bravourös verkörpert von Emma Stone (Maniac) – zunehmend in das bestehende Machtgefüge drängt und ihrerseits mit anderen Mitteln die Gunst der Königin zu erlangen versucht. So sind die im deutschen Untertitel Intrigen und Irrsinn genannten Machtspielchen auch weit weniger politischer, sondern eher persönlicher Natur, auch wenn das natürlich unmittelbare Auswirkungen auf die Lage des Landes hat, womit Lanthimos zusätzlich unterstreicht, welche Macht diesen drei Frauen innewohnt.

Szenenbild aus The Favourite - Intrigen und Irrsinn | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Unbestrittenes Highlight aber ist dabei die Verkörperung der kränkelnden Königin Anne durch Olivia Colman (The Night Manager), die sie irgendwo zwischen bockigem Kind, verunsicherter und weinerlicher Frau und überforderter Monarchin anlegt, was im ersten Drittel einiges an humoristischen Momenten mit sich bringt, im weiteren Verlauf – und mit schwindender Konstitution – aber auch gerne mal ins Tragische kippt. Überhaupt gelingt hier eine seltene Mischung aus ernstzunehmenden und einnehmenden Drama und surrealem, albernen Lustspiel, zumal die Stimmung so abrupt zu wechseln vermag, wie man es nicht für möglich hält, was einem gerne mal das Lachen im Halse stecken bleiben lässt. Dabei sind die Intrigen der drei differenziert gezeichneten Frauen so unterhaltsam und kurzweilig, sind ihre Ausbrüche so emotional und amüsant, dass man dem griechischen Regisseur nur zu diesem Wurf beglückwünschen kann, auch wenn ich mir wie erwähnt vorstellen könnte, dass dies womöglich nicht in allen Fällen die Art Film ist, die sich jemand erwartet, der sich bewusst für einen Historienfilm entscheidet. Gerade diese unangepasste und erfrischende Art ist es aber auch, die The Favourite so ungemein lohnend und so unnachahmlich einzigartig macht.

Fazit & Wertung:

Yorgos Lanthimos offeriert mit The Favourite – Intrigen und Irrsinn einen Kostümfilm, wie man ihn noch nicht gesehen haben dürfte und schafft es auch dank seiner drei herausragenden Hauptdarstellerinnen, eine Dreiecks-Farce sondergleichen zu inszenieren, die mit ihrer Vorliebe fürs Surreale und Skurrile dennoch nie versäumt, auch betroffen machendes Drama zu sein, in dessen Verlauf sich die Sympathien gleich mehrfach zu wandeln verstehen.

8,5 von 10 Intrigen am königlichen Hof

The Favourite – Intrigen und Irrsinn

  • Intrigen am königlichen Hof - 8.5/10
    8.5/10

Fazit & Wertung:

Yorgos Lanthimos offeriert mit The Favourite – Intrigen und Irrsinn einen Kostümfilm, wie man ihn noch nicht gesehen haben dürfte und schafft es auch dank seiner drei herausragenden Hauptdarstellerinnen, eine Dreiecks-Farce sondergleichen zu inszenieren, die mit ihrer Vorliebe fürs Surreale und Skurrile dennoch nie versäumt, auch betroffen machendes Drama zu sein, in dessen Verlauf sich die Sympathien gleich mehrfach zu wandeln verstehen.

8.5/10
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The Favourite – Intrigen und Irrsinn ist am 13.06.19 auf DVD und Blu-ray bei Twentieth Century Fox erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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